Vergeigt? Investor übernimmt All-Flash-Pionier Violin Memory
Damit geht der im Dezember angestoßene Restrukturierungsprozess in die nächste Runde. Für das Unternehmen ging es seit dem IPO 2013 nahezu nur noch bergab. Gleichzeitig zogen etablierte IT-Konzerne und Neueinsteiger wie Pure Storage oder Tintri an ihm vorbei.
Der 2005 gegründete und 2013 an die Börse gegangenen All-Flash-Pionier Violin Memory wird vom Investor Quantum Partners, einem privaten, von Soros Fund Management verwaltetem Investment-Fonds übernommen. Der Schritt kommt nicht überraschend, war doch nach dem Antrag auf US-Gläubigerschutz am 14. Dezember ein Restrukturierungs- und Verkaufsprozess angestoßen worden, um die darniederliegende Firma zu sanieren. Seitdem war darüber spekuliert worden, dass Samsung, Dell EMC, IBM oder Seagate das Unternehmen kaufen könnten.
Soros, der tatsächliche Käufer, will das geistige Eigentum, die Mitarbeiter und die Kunden bei Violin Memory belassen, sich dagegen künftig selbst um Buchhaltung und Finanzen kümmern – beides wunde Punkte in dem eigentlich innovativen Unternehmen. Herausgekommen ist das erstmals vor gut vier Jahren, als kurz nach dem Börsengang katastrophale Zahlen vorgelegt wurden. Die für 9 Dollar ausgegebene und durch einen Start von 22 Prozent darunter ohnehin schon angeschlagene Aktie stürzte daraufhin nochmals um rund 46 Prozent auf knapp über 3 Dollar ab. Zuletzt lag der Kurs dann nur noch bei 36 US-Cent.
Die schlechten Zahlen waren 2013 unter anderem darauf zurückzuführen, dass das Unternehmen zu sehr von zu wenigen Kunden abhängig war. Lediglich fünf Abnehmer waren damals für rund 37 Prozent des Umsatzes verantwortlich. Einer davon war Hewlett-Packard. Als der Konzern sich entschied, seinen eigenen Weg in dem Marktsegment zu gehen, traf das Violin Memory empfindlich. Der Rauswurf des langjährigen CEOs Don Basile wenig später konnte keine entscheidende Wendung bringen.
Und während das Unternehmen zumindest noch Anfangs von Marktforschern als innovativ eingestuft wurde, verlor es diese Anerkennung nach und nach und wurde rechts und links von Firmen überholt, die sich nicht auf den Bau von Hardware konzentrierten, sondern den Markt mittels Software-basierender Konzepte angingen. Dazu zählten sowohl alteingesessenen IT-Giganten wie EMC (jetzt Dell EMC), IBM und Hewlett Packard Enterprise (HPE) als auch neuere Herausforderer, von denen vor allem Pure Storage und Tintri erfolgreich waren.
SolidFire, das ebenfalls deutlich an Violin Memory vorbeigezogen war, wurde von NetApp übernommen, wodurch auch dieser Anbieter davonzog. Und inzwischen haben auch die Vertreter der nächste Welle in diesem Markt, vor allem Tegile und Kaminario, den Pionier abgehängt.
Der erst kürzlich neu ernannte Chief Executive Officer Ebrahim Abbasi übt sich dennoch in Zweckoptimismus. Er verspricht, dass Violin Kunden weiterhin eine Palette an Services bieten werde, die ihnen helfen, ihre Rechenzentren auf Flash-Storage umzustellen. Dabei sieht er vor allem Chancen wenn hohe Performance und kurze Latenzzeiten gefragt sind.
Untermauert wird der Anspruch durch einen Produktankündigung vom Montag. Darin wirbt Pat Balakrishnan, Vice President, Software Development, mit Benchmarks, die den Neuvorstellungen, der Violin Flash Storage Plattform 7650 und 7450, die branchenweit geringste Latenzzeiten (200 Mikrosekunden bei 1 Millionen IOPS) und mit 2 Millionen IOPS bei einer Latenz von 1 Millisekunde auch die größte Geschwindigkeit bescheinigen. Daneben reklamiert der Anbieter mit 140 TByte Rohdatenkapazität auf 3 Höheneinheiten sowie mit der optional erhältliche FSP 7700 einer Skalierbarkeit auf 5 Petabyte auch diesbezüglich Spitzenwerte.
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Allerdings ist die Luft so weit oben doch schon sehr dünn. Anbieter wie Pure Storage, dass gerade mit der Reihe FlashBlade und dem All-NVMe Flash-Array “FlashArray//X” ein kaum weniger leistungsfähiges System vorgestellt hat und andere Mitbewerber, die sich dieser Grenze ebenfalls nähern, sorgen dafür, dass es immer weniger Bereiche gibt, in denen wirklich die leistungsfähigste Systeme erworben werden müssen – wenn schon die zweite Wahl bislang nicht gekannte Performance liefert.
Violin Memory kann nun noch darauf hoffen, dass die neuen Produkte erstens die versprochenen Werte auch erreichen, zweitens der Investor langfristige Pläne hegt und das Unternehmen dementsprechend aufstellt und drittens durch Entwicklungen hin zum Echtzeit-Unternehmen, wie sie SAP propagiert, durch IoT, Big Data und die Notwendigkeit, Entscheidungen für IoT-Systeme unmittelbar zu treffen, der Bedarf an möglichst schnellem Speicher so rasch steigt, dass es mittelfristig die Gewinnzone erreichen kann.
Hoffnung gibt dem Anbieter, der sich nun übrigens nun nur noch Violin nennt, dass inzwischen viele Mitbewerber einen ähnlichen Weg einschlagen, wie er schon vor fünf Jahren und sich mit der Optimierung ihrer Flash-Blades beschäftigen, anstatt nur auf Optimierung günstiger Standard-SSDs durch Software zu setzen. Möglicherweise kann er da sein früher erworbenes Know-how einsetzen und bekommt noch einmal eine zweite Chance – nicht unbedingt, um die erste Geige zu spielen, aber immerhin weiter am Konzert teilnehmen zu dürfen.