Lieferkettengesetz treibt Digitalisierung
Viele Unternehmen haben bislang noch kein effektives Risiko-Management-System zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes.
Seit dem 1. Januar gilt das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Deutschland. Schon vor Inkrafttreten haben 88 Prozent der Unternehmen in Deutschland in Technologien investiert, die sie bei der Einhaltung des Gesetzes unterstützen. Durch das neue Lieferkettengesetz werden Unternehmen mit 3.000 Beschäftigten verpflichtet, zum Schutz der Menschenrechte beizutragen, indem sie entsprechende Präventions- und Abhilfemaßnahmen einführen sowie Standards in Bezug auf Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung (Environmental, Social, Governance – kurz ESG) einhalten. Ab Januar 2024 gilt das Gesetz auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Insgesamt planen Unternehmen, je nach Größe durchschnittlich zwischen 1,2 und 3,6 Millionen Euro in die Maßnahmen zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes zu investieren.
Schub für digitales Beschaffungswesen
61 Prozent sehen positive Auswirkungen des Gesetzes auf das digitale Beschaffungswesen. Das gilt insbesondere für Unternehmen mit 1.000 bis 2.999 Beschäftigten, von denen 72 Prozent dem Lieferkettengesetz zuschreiben, die Digitalisierung in diesem Bereich zu fördern. Dabei findet gerade jedes zweite Unternehmen dieser befragten Gruppe (52 %), dass seine bestehende Technologie nicht für die Einhaltung der Vorgaben des Lieferkettengesetzes ausgelegt ist und ein Hindernis darstellt. Bei Unternehmen ab 3.000 Beschäftigten – also denen, die seit Anfang des Jahres unter das Gesetz fallen – ist es auch immerhin fast noch jedes dritte (27 %).
„Der Großteil der Unternehmen, die ich in den letzten 20 Jahren kennengelernt habe, arbeitet mit sehr verworrenen Datensätzen über ihre Zulieferer. Das bedeutet, dass sie weder genaue Informationen über ihre Lieferanten haben, geschweige denn die ESG-Details kennen, die sie jetzt sammeln müssen. Diese Situation ist ganz klar einer technologischen Lücke sowie einem fehlenden aktiven Risikomanagement-Prozess in ihren Unternehmen geschuldet“, so Markus Hornburg von Coupa.
Gesetzeskonforme Lieferanten nicht einfach zu finden
Während in einer Umfrage von Februar 2022 noch 58 Prozent der Unternehmen angaben, über ein effektives Risiko-Management-System zur Evaluierung von ESG-Risiken zu verfügen, sagen dies jetzt nur noch 42 Prozent. 73 Prozent können nicht einmal beurteilen, ob ihre direkten Lieferanten überhaupt ESG-Standards einhalten. Dieser Wert lag bei der vorherigen Umfrage noch bei 60 Prozent. Neue gesetzeskonforme Lieferanten zu finden ist laut den Unternehmen noch langwieriger geworden: Im Februar sagten noch mehr als ein Drittel der Befragten (35 %), dass sie innerhalb von wenigen Tagen neue Lieferanten finden können, um das Lieferkettengesetz einzuhalten. Heute sagen dies nur noch 19 Prozent.
„Die Anforderungen des Lieferkettengesetzes sind für einige Unternehmen viel zu komplex: 27 Prozent, also fast ein Drittel der Unternehmen, wissen überhaupt nicht, mit wie vielen Lieferanten ihre Lieferanten zusammenarbeiten – doch die Sorgfaltspflichten erstrecken sich über die gesamte Lieferkette, vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt“, sagt Hornburg. Durchschnittlich haben die befragten Unternehmen 2.245 direkte Lieferanten. In den vergangenen zwölf Monaten haben sie rund sechs Prozent ihrer Lieferanten (durchschnittlich 132 Lieferanten) gewechselt, um Risiken zu reduzieren oder das Lieferkettengesetz einzuhalten.