Qualitätssicherung: Wenn KI die KI testet

Bei der Qualitätssicherung generativer KI reichen herkömmliche Methoden nicht mehr aus. Da hilft nur eine weitere KI.
Traditionelle Qualitätssicherung (QA) beruht auf einem Prinzip: Vorhersagbarkeit. Herkömmliche Software folgt vordefinierter Logik und liefert für bestimmte Eingaben deterministische Ergebnisse. Generative KI durchbricht dieses Fundament. Die potenziellen Antwortmöglichkeiten einer generativen KI sind beinahe unbegrenzt. Doch was für die Nutzer ein Segen ist, ist für die Qualitätssicherung eine gewaltige Herausforderung. Herkömmliche Testmethoden stoßen an ihre Grenzen, denn die immense Anzahl an Parametern, die nicht-deterministischen Outputs und das kontinuierliche Lernen von generativer KI lassen sich mit klassischen Prüfverfahren kaum zuverlässig validieren.
Ein möglicher Lösungsansatz? AI-driven Quality Assurance, also eine KI, die eine andere KI testet. Unternehmen, die generative KI verantwortungsvoll und effizient nutzen wollen, sollten deshalb eine hybride Strategie verfolgen. Diese setzt auf eine Kombination aus automatisierten Testverfahren und menschlicher Überprüfung.
Die drei größten Herausforderungen für klassische QA-Methoden im Kontext von Gen AI lassen sich in folgende Bereiche unterteilen:
Nicht-deterministische Outputs
Generative KI produziert bei identischen Eingaben potenziell unterschiedliche Antworten. Während herkömmliche Software einen festen „Erwartungswert“ für jede Eingabe hat, können Large Language Models (LLMs) oder Bildgenerierungsmodelle auf Basis ihrer probabilistischen Natur variierende Ergebnisse liefern. Das macht klassische Testfälle, die sich auf statische Soll-Werte stützen, unbrauchbar. Ein QA-Ansatz, der auf binären Vergleichen („richtig“ vs. „falsch“) basiert, kann hier nicht zuverlässig funktionieren.
Skalierungsproblem
Ein weiteres Hindernis ist die nahezu unendliche Zahl möglicher Variationen, die eine generative KI für eine einzelne Anfrage erzeugen kann. Während klassische Software mit einer begrenzten Anzahl an möglichen Zuständen arbeitet, kann ein LLM beispielsweise Tausende verschiedene Versionen einer Antwort generieren. Die manuelle Überprüfung aller potenziellen Ergebnisse ist nicht praktikabel. Selbst wenn automatisierte Tests genutzt werden, bleibt die Herausforderung bestehen, die Qualität und Kohärenz der generierten Inhalte zu bewerten. Noch schwieriger wird es dadurch, dass eine Anfrage aufgrund der natürlichen Sprachvariabilität auf unendlich viele Arten formuliert werden kann, was den QA-Prozess zusätzlich verkompliziert.
Ethische und sicherheitsrelevante Risiken
Generative KI kann unbeabsichtigt Fehlinformationen oder unangemessene Inhalte hervorbringen. Bias in Trainingsdaten kann zu diskriminierenden oder unerwünschten Outputs führen, die mit klassischen QA-Methoden nur schwer zu erkennen sind. Herkömmliche Testverfahren sind darauf ausgelegt, funktionale Fehler aufzuspüren, sie können jedoch keine tiefgehende Analyse ethischer, rechtlicher oder gesellschaftlicher Implikationen durchführen. Ohne spezialisierte Prüfmechanismen besteht das Risiko, dass problematische Inhalte unbemerkt bleiben und verbreitet werden.
Die Lösung: AI-driven Quality Assurance
Um mit den Anforderungen generativer KI mitzukommen, brauche es neue Ansätze, wie AI-driven QA. Diese nutzt künstliche Intelligenz, um generative KI zu testen und das mit einer Effizienz und Geschwindigkeit, die herkömmliche QA-Methoden unmöglich erreichen können. Anstatt auf statische Testfälle zu setzen, arbeiten KI-gestützte Testsysteme dynamisch, adaptiv und kontinuierlich, um die Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit generativer Modelle zu gewährleisten.
Der Einsatz von KI für die Qualitätssicherung generativer Modelle basiert auf vier zentralen Prinzipien:
Automatisierte Testgenerierung
Generative KI-Modelle müssen auf eine Vielzahl von Eingaben getestet werden, um ihr Verhalten unter realistischen Bedingungen zu überprüfen. AI-driven QA nutzt künstliche Intelligenz, um Millionen von synthetischen Prompts zu erstellen, die typische Nutzereingaben simulieren. Diese automatisierte Testgenerierung ermöglicht es, kontinuierlich und ohne menschliches Eingreifen eine breite Palette an Anwendungsszenarien abzudecken. Dadurch lassen sich nicht nur gängige Nutzungsfälle abbilden, sondern auch unerwartete oder seltene Eingaben testen, die bei traditioneller Qualitätssicherung möglicherweise übersehen würden.
Benchmarking & Vergleich mit Gold-Standard-Antworten
Um die Qualität der von generativen KI erzeugten Inhalte zu bewerten, werden die erzeugten Outputs mit einer Referenz – dem „Gold-Standard“ – verglichen. Hierbei handelt es sich um von Menschen kuratierte, hochwertige Beispielantworten, die als Maßstab für Korrektheit, Kohärenz und stilistische Präzision dienen. Die Bewertung der Antworten hilft auch dabei, beleidigende, voreingenommene oder qualitativ minderwertigen Output zu erkennen.
Adversarial Testing & Schwachstellenanalyse
Neben der allgemeinen Qualitätssicherung spielt auch das gezielte „Herausfordern“ des Modells eine wichtige Rolle. Das sogenannte Adversarial Testing setzt bewusst knifflige Prompts ein, um die KI gezielt aus der Reserve zu locken und in die Irre zu führen – mit dem Ziel, problematisches Verhalten aufzudecken, bevor es in böswilliger Absicht geschieht.
Prädiktive Analytik & selbstlernende Systeme
Ein zentraler Vorteil von AI-driven QA ist die Fähigkeit, auf Basis historischer Daten Muster und Fehlerquellen zu identifizieren. Prädiktive Analytik hilft dabei, wiederkehrende Schwächen oder inkonsistente Antworten vorherzusagen, bevor sie in realen Anwendungen zu einem Problem werden. Dazu nutzen selbstlernende Algorithmen frühere Testergebnisse, um sich kontinuierlich zu verbessern und zukünftige Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen.
Menschliche Aufsicht bleibt unverzichtbar
Trotz der enormen Skalierungsmöglichkeiten von AI-driven QA bleibt menschliche Kontrolle essenziell, um Qualität, Sicherheit und ethische Standards zu gewährleisten. KI kann zwar Muster erkennen, aber keine moralischen Entscheidungen treffen. Es sind Menschen, die sicherstellen müssen, dass Testkriterien gesellschaftlichen und ethischen Standards entsprechen. Bestimmte Probleme, wie kulturelle Sensibilitäten oder subtile Bedeutungsnuancen, können ebenfalls nur von Menschen korrekt bewertet werden. Hilfreich ist dabei das Crowdtesting. Dabei simuliert eine diverse Gruppe von Testern reale Nutzungsszenarien, um eine objektivere Bewertung der KI-Ausgaben zu ermöglichen.
Generative KI überfordert traditionelle QA-Methoden. Die Kombination aus AI-driven QA und menschlicher Kontrolle schafft eine zuverlässige, skalierbare Qualitätssicherung. Unternehmen, die diesen hybriden Ansatz verfolgen, können Innovationen schneller und sicherer auf den Markt bringen und gleichzeitig eine verantwortungsbewusste Weiterentwicklung von generativer KI sicherstellen.
ist Senior Director und Automation Practice Lead bei Applause.