Doch im privaten Bereich beschränkt sich der aktive Einsatz der künstlichen Intelligenzen namens Alexa & Co. derzeit vielmals noch darauf, die Wettervorhersage zu erfragen, Musik abzuspielen, Licht an- und auszuschalten oder die Einkaufsliste zu vervollständigen. Allzu viel künstliche Intelligenz ist da ehrlich gesagt noch nicht gefragt.
In den Unternehmen dagegen sind die Einsatzszenarien von KI bereits um einiges weitergedacht und vereinzelt sogar schon in Anwendung – unter anderem im Bereich der Personalrekrutierung. Künstliche Intelligenz wird gezielt zum Mittel der Wahl, um Entscheidungsprozesse bis zu einem bestimmten Grad automatisiert ablaufen zu lassen.
In der jüngsten Accenture-Studie „Reworking the Revolution“ war die Top-Antwort auf die Frage, wie künstliche Intelligenz die Arbeitswelt verändern wird: „Macht die Arbeit einfacher.“**
Wenn das so ist: Wie genau sieht das im Recruiting aus? Ist was dran an den Stimmen, die Massenkündigungen prophezeien und apokalyptisch zahlreiche Mitarbeiter prognostizieren, für welche die Unternehmen keine Verwendung mehr haben? Ich bin überzeugt, das wird (mal wieder) nicht passieren.
Man kann schon heute drei Bereiche identifizieren, in denen KI im Recruiting optimal eingesetzt werden kann:
In diesem Artikel werden wir uns im ersten Schritt mit den Bereichen Identifikation und Auswahlprozess beschäftigen.
Bei der Auswahl der potenziellen Kandidaten für offene Positionen ist es sehr naheliegend, Prozesse zu automatisieren und damit ganz oder zumindest in Teilen auf die Technik zu übertragen. Erste Auswahlschritte passieren meist – auch wenn sie händisch vom Menschen umgesetzt werden – auf Basis simpler Logiken wie z.B. dem Abprüfen von Profilen auf die Nennung gesuchter Kompetenzen oder Erfahrungen, die zur ausgeschriebenen Position passen. Diese Art von Matching kann eine Maschine schon jetzt problemlos umsetzen. Fehlerfrei. Ohne Bias, sprich wertneutral und unvoreingenommen. Einer der Vorteile übrigens im Gegensatz zur Umsetzung von Menschenhand.
Crawler oder Bots können in kürzester Zeit und ohne Fehler vorliegende Daten analysieren und daraus Profile oder Cluster mit den Soft und Hard Skills der infrage kommenden Kandidaten erstellen.
Besonders im Active Sourcing – der proaktiven Ansprache von latent suchenden oder passiven Kandidaten – ist die Identifikation geeigneter Kandidaten durch Künstliche Intelligenzen höchstspannend. Weshalb? Weil der Kandidaten-Pool um einiges umfangreicher (und damit potenziell ertragreicher) ist und derartige Big Data Analysen von der KI in kürzester Zeit hocheffizient umgesetzt werden können.
Im Auswahlprozess des Recruitings sehe ich KI in einer wertvoll unterstützenden Rolle, die besonders bedeutsamen Nutzen durch enorme Zeiteffizienz und Objektivität generiert. In der Startup-Szene gibt es bereits einige erfolgsversprechende Ansätze, die sich mit dem Angebot von KI-basierten Auswahlmechanismen beschäftigen.
Wirklich spannend ist beispielsweise der Einsatz von Sprachanalyse. Mithilfe von Scorings werden Texte analysiert um aus allen (Kandi-)Daten eine gut passende Auswahl zu identifizieren. Dies geschieht z.B. über die Analyse von Funktions- und Inhaltsworten. Funktionsworte haben keinerlei inhaltliche Bedeutung und werden sehr häufig und dazu in den meisten Fällen unbewusst eingesetzt. Inhaltsworte hingegen bestimmen die Thematik des Gesagten oder Geschriebenen und erlauben Rückschlüsse auf Emotionen und Stimmungen. Eine weitere Methodik ist die Zerlegung der Sprache in kleinste Bausteine aus denen Datenwolken entstehen, welche wiederum mit Mustern psychologisch fundierter Referenzdaten abgeglichen werden. Diese Analysen erlauben der Software, präzise Aussagen über Emotion, Persönlichkeit, Motive oder Einstellungen eines Menschen zu treffen. Ähnliches funktioniert auch schon mit dem gesprochenen Wort.
Dass KI ein entscheidender Teil höchstqualitativen Recruitings werden wird, dessen bin ich mir sicher.
Denn eines sollte jeder Recruiter bereits heute ganz genau wissen: Nur der Abgleich der perfekt passenden Hard Skills und Praxiserfahrung eines Kandidaten reicht lange nicht (mehr) aus, um eine Position am Ende auch mit dem optimalen Kandidaten zu besetzen. Vielmehr bedarf es einer – immer wieder neu zu definierenden – Mischung aus Erfahrung, Hard Skills sowie Soft Skills und Persönlichkeit. Oftmals bezieht sich bisherige Eignungsdiagnostik zu eindimensional auf das Können. Wohlwissend, dass Wollen und Einstellung (Neudeutsch die „Attitude“) immer wichtiger werden. Können kann man lernen, Attitude hat man oder eben nicht.
Nun kann man Recruiter sehr gut darauf schulen, genau diese Persönlichkeitsmerkmale und Selbsteinschätzungen von Kandidaten abzufragen und selbst (sprich subjektiv) einzuschätzen. Ein wichtiger Schritt in Richtung wirkungsvolles Recruiting, an dem einige bereits scheitern. Wer sich nicht der Erkenntnis verweigert, dass der sogenannte Personal und Cultural Fit aber auch Ambitionen und Vorstellungen von potenziellen Kandidaten mindestens ebenso entscheidend sind, wie die entsprechenden Qualifikationen, dem schlage ich Folgendes vor. Gehen Sie gedanklich noch einen nächsten Schritt: Wie wäre es, wenn Sie in ihrem Auswahlprozess der Zukunft zusätzlich eine rein objektive, sprachbasierte Einschätzung eines Kandidaten erhalten könnten? Und zwar in Bezug auf dessen Persönlichkeitsstruktur, Bedürfnisse und Sozialkompetenzen. Ich meine, das könnte – klug eingesetzt – Ihren Auswahlprozess um einiges verbessern. Damit also Ihre Arbeit auf ein ganz neues Qualitätsniveau heben.
Damit ließe sich das Leben jedes Recruiters – sei es im Umfeld der Personaldienstleistung oder in jeder HR-Abteilung eines größeren Unternehmens – entscheidend erleichtern. Und sicher: Das bedeutet auch, dass sich Arbeitsbereiche verschieben werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Mitarbeiter gekündigt und von heute auf morgen durch Maschinen ersetzt werden. Vielmehr wird hier wertvolle Kapazität frei, die für andere wertschöpfende und kreative Aufgaben eingesetzt werden kann.
Das bedeutet für die Unternehmen aber auch: Die Entwicklung der Mitarbeiter ist gefragt um deren Fähigkeiten sinnvoller einzusetzen als zum großen Teil beim monotonen Abarbeiten von Routinen. Das nämlich ist bereits jetzt überhaupt kein Problem mehr. Das kann die Technik via Algorithmen für Sie übernehmen, nichts leichter als das.
Und ich bin auch überzeugt, es wird immer Menschen brauchen. Menschen, die entscheiden, gestalten, ihr Bauchgefühl einsetzen, kreativ sind und neue Wertschöpfungsformen ausgestalten und damit Ideen zum Leben erwecken.
*laut repräsentativer Umfrage „Digitale Assistenten Bevölkerungsbefragung“ (PDF) der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC (2017).
**lt. Accenture-Studie „Reworking the Revolution” (PDF, 2018).
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