Controlling ist gut, Vertrauen auch

Denn wir haben doch schon alles gehabt: Computer Integrated Manufacturing für die Prozessoptimierung in der Fertigung, eProcurement für die Verzahnung von Angebot und Nachfrage im Einkauf, und natürlich Sales Force Automation und Customer Relationship Management für die Unterstützung im Verkauf.

In der Tat: Die Kernprozesse im deutschen produzierenden Mittelstand sind bereits so durchorganisiert, dass hier kaum noch nennenswerte Verbesserungen erwartet werden. Nur 42 Prozent der von der GUS Group zusammen mit euromarcom befragten mittelständischen Manager erwarten beispielsweise noch Kapazitätseinsparungen, die durch den ERP-Einsatz erreicht werden können. Dafür aber rechnen vier von fünf Befragten damit, dass ERP-Systeme die Unternehmensprozesse insgesamt effizienter gestalten helfen und beschleunigen. Bereits an Platz zwei ist die Erwartung anzutreffen, dass der ERP-Einsatz zu einer Verbesserung des Reportings führt.

Kein Wunder also, dass neun von zehn Befragten deshalb heute das Controlling als den wichtigsten Einzelbereich einer ERP-Suite ansehen – dicht gefolgt von Analysefunktionen zur Auswertung von Key Performance Indikatoren.

Damit hat sich der strategische Schwerpunkt heutiger Unternehmenslösungen deutlich verlagert: Während noch in den letzten Jahren vor der Jahrtausendwende vor allem die Geschäftsprozesse in der Produktion und Distribution im Zentrum der Aufmerksamkeit liegt, scheinen die Hausaufgaben rund um den Materialfluss inzwischen erledigt zu sein. Jetzt geht es darum, die Informations- und vor allem Wertflüsse im Unternehmen besser unter die Lupe zu nehmen. Die Ressourcen, die heute geplant und optimiert sind, sind Zeit und Geld – so banal das auch klingen mag

Tatsächlich sind mit diesem Wertewandel allerdings alles andere als banale Herausforderungen für ERP-Anbieter und Berater verbunden. Die Zahlen, die heute zur Analyse der aktuellen Unternehmenssituation herangezogen werden sollen, werden aus den ERP-Lösungen oftmals gar nicht bereitgestellt. Nur ERP-Suiten mit integriertem Finance und Controlling, mit Werkzeugen für Business Analytics sowie zur Planung und Simulation künftiger Produkt- und Marktstrategien können den aktuellen Anforderungen tatsächlich genügen.

In seiner Erwartungshaltung ist der Mittelstand längst so anspruchsvoll wie globale Konzerne, die ganze Stäbe für Planung und Analyse einsetzen. Der Mittelstand freilich ersetzt Stabfunktionen in der Regel durch Flexibilität – und die muss auch das ERP-System leisten. Workflow-Engines, die im Kern die Prozesse des Unternehmens steuern, geben einerseits Sicherheit, dürfen andererseits aber den stetigen Veränderungsprozess nicht beeinträchtigen. Hard codierte Prozessschritte erweisen sich da schnell als Mühlstein am Hals des Mittelstands.

Dessen Erwartungen sind freilich hoch: Knapp 60 Prozent der Befragten Mittelständler – in der Regel aus Unternehmen bis 1000 Mitarbeitern – sind mit ihrem ERP-System nicht und nur wenig zufrieden. Lediglich vier Prozent konnten sich vorstellen, die Geschäftsprozesse so zu ändern, dass sie zum Standardablauf des eingesetzten ERP-Systems passen. Dagegen erwägen zwei Fünftel der Befragten, in naher Zukunft ein neues ERP-System einzuführen. Mehr als die Hälfte der Unzufriedenen ziehen dabei einen Anbieterwechsel in Betracht.

Das Anforderungsprofil für den neuen ERP-Anbieter ist dabei klar: aufbauend auf den klassischen Prozessen zum Materialfluss müssen sie vor allem in den werteorientierten Disziplinen brillieren: Rechnungswesen, Business Analytics, Controlling. Hier setzen die Anbieter auch auf Vertrauen und den direkten Draht zum Lieferanten. Drei Viertel der mittelständischen Manager wollen alles aus einer Hand: Betreuung, Bedarfsermittlung und Implementierung durch den Softwarehersteller. Lediglich ein Viertel will zur Kontrolle noch einen externen Berater einsetzen. ERP ist eine Frage des Vertrauens – aber mit Controlling.

Redaktion

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