Die Streisand-Kampagne für Adblocker

Mehrere Medien machen im Moment bei einer Kampagne mit, die sich gegen die Verwendung von Adblockern im Netz wendet.

Da muß ich doch schmunzeln. Zunächst mal, wann kommt dann die Kampagne gegen all die bösen Menschen, die in der Werbepause wegzappen oder auf die Toilette gehen? Hallo? Das Internet ist ein demokratisches Medium, in dem ich entscheide, wie ich mich dort bewege. Und was wäre denn im Moment so viel besser, wenn ich den Adblocker, den ich meist nutze ausgeschaltet ließe, dann würde ich diverse Seiten gar nicht mehr besuchen, weil sie mich permanent mit übergroßen, blinkenen Werbebannern nerven.

Nur, weil der eine oder andere “brav” ist und nur dezente Werbung einsetzt sollte nicht vergessen werden, dass die Mehrheit offensichtlich noch nach dem Prinzip “je lauter desto besser” arbeitet. Und ich kenne diverse Seiten, bei denen man schon ganz genau hinschauen muss, um überhaupt noch zwischen Werbung und Content zu unterscheiden. Und bevor ich mir das antue, schalte ich einen Adblocker ein. Und dann eben nicht mehr aus, wenn ich auf die “braven” Seiten komme.

Was ich aber noch viel amüsanter finde. Macht man jetzt eigentlich Werbung gegen oder für Adblocker? Denn bislang, so behaupte ich, kannten Adblocker eigentlich nur diejenigen, die etwas technikaffin waren, da man da ja “was installieren” musste. Ich prognostiziere, dass jetzt diverse neue Nutzer Adblocker für sich entdecken werden, frei nach dem Motto, wie, die Verlage fürchten das? Dann muss es ja gut funktionieren.

Statt hier Werbung für Werbung zu machen, sollten sich die entsprechenden Verantwortlichen viel mehr Gedanken darüber machen, wie gute Werbung im Netz aussehen könnte. Und das heißt eben nicht, so wie im TV. Denn hier gibt es andere Einflüsse. Ich habe erst vor kurzem darauf hingewiesen, dass im Netz die Empfehlung des Freundes oder des Meinungsbildners weit mehr zählt, als Werbung, der die große Mehrheit im Netz sowieso nicht vertraut.

Also mehr Community, mehr echter Dialog, mehr reale Tests durch Blogger und Interaktion mit Kunden. DAS ist die Werbung der Zukunft für das Netz. Die kommt auch glaubwürdiger rüber als das tausendste “Ach sind wir toll” Banner.

Und falls jetzt jemand meckert, jaaa gut gebrüllt, aber du schaltest doch auch Werbung: Richtig. Aber NACH dem Content, und bei mir muss man den Content nicht suchen. Und die beste Werbung, die ich anbieten kann, sind objektive Produkttests. Was bei mir nen Daumen hoch bekommt, hat ihn sich wirklich verdient, dazu ist mir mein Ruf als Technikgeek viel zu wertvoll.

Wer meinem Rat schon mal gefolgt ist, war zumindest aus meinem Umfeld noch nicht enttäuscht.

Update: Folgendes vermeldete AdblockPlus gerade auf Twitter: “Danke für Euren Aufruf, liebe Verlage! Unsere Bilanz gestern: Installationen aufAdblockPlus.org +129%, Spenden +167%#Adblock”

Quod erat demonstrandum.

Redaktion

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  • Was wir dabei erstaunlich finden: die digitalen Medien generieren auch ohne eingeschaltete Werbung schon "Werbung", und zwar durch die implentierten Facebook Like-Buttons, die mittlerweile überall zu finden sind. Dagegen hilft auch kein Adblocker, und dennoch ist es eine Art Werbung für die Online-Zeitungen (und datenschutzrechtlich nicht sehr prickelnd: http://www.recht-freundlich.de/datenschutz-und-facebook-button).

    Hier sollte also ein wenig weg vom Gedanken gekommen werden, dass dem Leser über einem SPON-Artikel wirklich ein animiertes Auto fahren muss - so etwas nervt einfach, und deshalb nutzen so viele Leute auch den Ablocker. Das ist ja keine böse Absicht, sondern fast schon "internetale Notwehr". Wer einmal mit Adblocker gesurft hat und danach auf einem anderen PC plötzlich sieht, wie "hässlich" das Internet mit Werbung tatsächlich ist, bleibt tagelang erstaunt!

    Also: ein Kompromiss muss her, und der ist mit den "hinterrücks" implementierten Buttons beispielsweise schon geschehen. Oder eben kleinere, unauffälligere Werbung, und zwar so unauffällig, dass ein Adblocker nicht nötig ist. Man muss ja auch bedenken: wer hat noch positives Empfinden gegenüber einer Marke, die einen beim Lesen stört?

    • Der Kompromiss wird sein, dass Inhalte bald nicht mehr kostenfrei sein werden. Erste Online-Medien haben ja bereits erfolgreich auf Bezahlinhalte umgestellt. Es kann eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, dass Unternehmen nicht mehr bereit sind, für Werbung zu zahlen, die niemand sieht.

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