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Exzellentes Kauf-Erlebnis statt Vertriebs-Exzellenz: Der Weg zum kundenzentrierten Vertrieb

Der deutschen Ingenieurskunst eilt zurecht der Ruf einer exzellenten Produktqualität voraus. Und das hat auch seinen Grund, finden sich doch gerade hierzulande zahlreiche Weltmarktführer der maschinellen Fertigung. Durch Differenzierung über das Produkt gelang es bislang den meisten recht gut, gegen den Druck internationaler Wettbewerber zu bestehen. Doch angesichts des globalisierten Handels und steigender Qualitätskompetenz kostengünstiger ausländischer Hersteller einerseits sowie dramatischer Veränderungen des Käuferverhaltens andererseits ist die sicher geglaubte Spitzenposition vieler deutscher Anbieter zunehmend gefährdet.

So ist „Die Telefone klingeln einfach nicht mehr!“ ein Hilferuf aus immer mehr Vertriebsorganisationen dieser Unternehmen. Denn tatsächlich sind Spezialanbieter und besagte Weltmarktführer jahrzehntelang gut damit gefahren, die hereinkommenden Aufträge abzuarbeiten und dabei sogar noch ordentliches Wachstum zu verzeichnen. Dieser Trend kippt bereits seit längerem und wird sich im Zuge der Folgen der globalen Coronavirus-Pandemie erst recht nicht mehr umkehren lassen.

Der allwissende Kunde

Der Ruf Deutschlands als Land der Ingenieure, aber auch einer Vertriebs- und Service-Wüste, ist keine reine Plattitüde. In kaum einem Markt hat sich im Laufe der Jahrzehnte die Produktion stärker vom Verkauf abgekoppelt als bei uns. Groß- und Fachhandel waren jahrzehntelang der Filter zwischen Hersteller und Verbraucher. Im digitalen Zeitalter wird diese Ordnung zunehmend in Frage gestellt. Eine der Hauptursachen dafür: Unsere digitale Alltagserfahrung verschiebt die Messlatte unserer Erwartungen an das Kauf- und Service-Erlebnis permanent nach oben.

Wir sind es längst gewohnt, mit wenigen Klicks im Selbstbedienungs-Modus passende Angebote zu finden, Bewertungen unterschiedlicher Anbieter zu vergleichen und im für uns bequemsten Kanal direkt zu kaufen oder Service zu erhalten. Für generischen Marketinglärm oder plumpes Verkaufsverhalten, das sich nicht an unserem spezifischen Kontext als Interessent orientiert, haben wir sowohl als Konsument als auch als Geschäftskunde immer weniger Toleranz. Bestätigt werden solche Eindrücke durch Umfrageergebnisse, in denen zum Beispiel fast 70 Prozent* der befragten Kunden ihre Präferenz für Selbstbedienungskanäle zum Ausdruck bringen. Fast 80 Prozent* der befragten Geschäftskunden unterstreichen, dass sie für die persönlich stattfindende Interaktion wertschöpfende Beratung anstelle des klassischen Verkaufens erwarten (*Quelle: Salesforce Research).

Umdenken und Neu-Lernen sind also in den Vertriebsabteilungen vieler Unternehmen gefragt. Das Verlassen der Komfortzone ist jedoch nicht allein mit digitaler Vertriebstechnologie zu bewältigen. Vielmehr steht eine ganzheitliche Veränderung des unternehmerischen Denkens an. Teil der vielzitierten kundenzentrierten Transformation muss es sein, das Warum und Wie aus Sicht des Kunden sowie Rollen und Kompetenzen der Organisation entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu hinterfragen.

Neugründen im Kopf

Innovation über das Produkt selbst hinaus ist der wesentliche Ansatz. Denn abwandernde Kunden und die Notwendigkeit – oft erstmals seit Bestehen des Unternehmens – um sie zu werben, erfordert eine Art von Neugründung im Kopf: Was würde ich als Unternehmer heute, in Zeiten vieler Umbrüche, tun, wenn ich neu gründete? Was braucht und erwartet mein Kunde? Die Wandlung weg von Produkt- und hin zu Kundenzentrierung heißt: Die Erwartungen des Kunden an Erlebnis und Mehrwert in das Zentrum des Unternehmenszweckes zu stellen. Erst die Kundenzentrierung schafft die Voraussetzung für eine neue Art des Verkaufens in unserem Zeitalter.

„Wie einfach mache ich es meinen Kunden mit mir Geschäfte zu machen?“, ist eine zentrale Fragestellung. Der Blick auf aktuelle Organisationsstrukturen legt den Veränderungsbedarf offen: Ist mein Unternehmens überhaupt dafür aufgestellt, eine kundenzentrierte Ausrichtung zu ermöglichen? Weiß der Vertrieb, über welche Angebote der Kunde sich bereits informiert hat? Ist zu erkennen, ob der Kunde womöglich zuerst Hilfe zu Problemen mit früher gekauften Produkten erwartet? Weiß ich, wie der Kunde mich wahrnimmt? Verstehe ich den Kunden so gut, dass ich antizipieren kann, was er als nächstes braucht oder möchte? Bin ich überhaupt in der Lage, die Signale und Daten von Kundenseite zu verarbeiten und zu nutzen, um vorausschauend zu agieren und richtige, fundierte Entscheidungen zu treffen?

Durch die Brille des Kunden

Ist Ihnen etwas aufgefallen? Keine dieser Fragen zielt darauf ab, bestehende Prozesse auf eine höhere Effizienz hin zu verbessern. So wichtig das ist, kann verfehltes Augenmerk hierauf heute der Kardinalsfehler eines Unternehmens sein. Frei nach Peter Druckers zeitloser Weisheit, dass es nichts Sinnloseres gibt, als mit großer Effizienz zu tun, was man gar nicht tun sollte. Unternehmen, die sich nicht nur die oben genannten Fragen stellen, sondern die richtigen Antworten bereits erfolgreich umsetzen, betrachten die Notwendigkeit für Transformation nicht als Prozess- oder IT-Veränderung, sondern strategisch holistisch, als neu erfundene Ausrichtung durch die Brille des Kunden. Und letzterem sind die Silos interner Abläufe und die Effizienzmargen gänzlich egal.

Und hier liegt auch der Lösungsansatz, um die Art des Verkaufens zu verändern. Man könnte auch sagen, „Helfen ist das neue Verkaufen“. Das bedeutet konkret, sich nicht primär darauf zu konzentrieren, dem Verkäufer ein besseres Verkaufen zu ermöglichen, sondern vielmehr dem Kunden zu helfen, bei mir zu kaufen – und ihn dabei so zu begeistern, dass er das immer wieder tut.

Wanted: Neue Perspektiven und Kompetenzen

In diesem Kontext kommen sowohl dem beeinflussenden B2B-Marketing als auch dem vorausschauenden Service eine immer höhere Bedeutung zu. Über eine Marketing-seitig koordinierte B2B-Customer Journey erfahren Unternehmen über alle verfügbaren Kanäle mehr über Interessen und Aktivitäten des Kunden. Sie können so nicht nur einen noch unbekannten Interessenten über dessen bevorzugte Kanäle mit spezifischen relevanten Inhalten positiv beeinflussen – sie können vor allem auch im Zusammenspiel mit dem Marketing einen effektiven persönlichen Vertriebsdialog optimal gestalten.

Ebenso betroffen ist der Kundendienst, der einen Wandel von Schadensbehebung und -begrenzung hin zum Wertschöpfungsfaktor erleben muss. Denn auch er ist als wichtiger Kundenberührungspunkt zentraler Akteur in einer kundenzentrierten Organisation. Dazu gehören nicht nur neue Serviceangebote wie vorausschauende Wartung, sondern neue Dienste als Produkte, etwa in Subskriptions- oder Beratungsmodellen.

Grundlage für die Umsetzung der Strategie bilden innovative Technologien. Denn das Kundenprofil muss sich aus einer zentralen Single-Source-of-Truth herausbilden, wo alle Mitarbeiter und Partner die einheitliche 360-Grad-Sicht auf die Historie, Präferenzen und Bedürfnisse jedes Kunden haben. Darauf basierend entsteht eine wahrhaftig personalisierte Kundeninteraktion, die von KI-basierten Analysen, Empfehlungen und intelligenten Workflows immer weiter perfektioniert wird. Weit mehr als die bloße Verwaltung von Kunden-Daten und internen Prozessen zu regeln, nimmt eine solche Technologie mit den beschriebenen Fähigkeiten in den erfolgreichen kundenzentrierten Unternehmen von heute die Rolle einer zentralen „Kundenbegeisterungs-Plattform“ ein.

Kunden-Begeisterung ist Jedermann’s Job

Die beste Technologie ist notwendig, aber sie allein wird’s nicht richten. Die Umstellung „von Vertriebs-Exzellenz auf exzellentes Kauf-Erlebnis“ erfordert nicht nur neue Rollen in Vertrieb, Marketing und Service, sondern eine Neuausrichtung von Konzept und KPIs dieser klassischen Abteilungen. Vor allem aber muss mit dem Wandel eines Unternehmens von produkt- zu kundenzentriert eine Veränderung der Unternehmenskultur einhergehen. Jede Person, die das Unternehmen zum Kunden hin repräsentiert muss dabei das Ziel verinnerlichen, als „Kundenbegeisterer“ dem Kunden beim Kaufen zu helfen.

Redaktion

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