In den letzten Wochen häufen sich die Nachrichten zur Neuerfindung der E-Mail. Während Google mit seiner neuen “Inbox” für Gmail eine neuartige und intelligentere Oberfläche vorstellt, lanciert IBM mit dem Produkt “Verse” nicht nur eine komplett überarbeitete Oberfläche des altbekannten Kommunikationsmittels, sondern möchte durch Einbindung von Analysewerkzeugen den Umgang mit dem Medium neu erfinden. Beide Ankündigungen sind im Rahmen einer breiteren Diskussion über die Beschaffung des Arbeitsplatzes zu sehen. Der so genannte “Tito Work Place” soll es Mitarbeitern erlauben, mit Hilfe von Technologien effektiver zu arbeiten, indem diese in ihr Unternehmen eingebunden werden. Lernen sollen sie aus der Welt der Konsumenten. Bei diesem Vorgang spielen drei neue Kategorien eine wichtige Rolle.
Der wohl am einfachsten zu erklärende Trend ist die sogenannte “Consumerization”. Seit einigen Jahren wird die angeblich “coole” Technologie, die der Mitarbeiter von zu Hause kennt, auch immer mehr im Unternehmen verwendet. Manchmal geschieht dies mit der Zustimmung der IT-Abteilung, aber meistens ohne deren Wissen. So sind Tools wie Dropbox in vielen Unternehmen kaum noch wegzudenken, obwohl sie niemals durch eine zentrale Beschaffungsstelle ausgesucht, ordentlich evaluiert wurden oder sogar ein Vertrag über deren Verwendung innerhalb des Unternehmens abgeschlossen wurde. Dazu kommen dann auch Trends wie BYOD, bei dem sich der Mitarbeiter einen eigenen Laptop, PC, Mobiltelefon oder ein Tablet zum täglichen Arbeiten aussuchen darf und diese Geräte mit ins Unternehmen bringt. Hierdurch werden Erwartungen an sowohl die Funktionalität als auch die Bedienungsfreundlichkeit mit ins Unternehmen getragen. Immer mehr Anbieter müssen sich dieser Nachfrage stellen und versuchen, die Benutzerfreundlichkeit und intuitive Bedienung ihre Produkte an die privaten Vorlieben der Nutzer anzugleichen. Dies gelingt mehr oder weniger gut.
Der zweite Trend ist mit Sicherheit das Engagement. Seit vielen Jahren gibt es immer wieder Untersuchungen, die zeigen, dass 50 Prozent oder mehr aller Mitarbeiter in einem Unternehmen sich kaum noch mit ihrem Unternehmen identifizieren, gerne zur Arbeit gehen, oder auch über ihre Tagesaufgabe hinaus bereit sind in die Arbeit zu investieren. Dass dies natürlich zu Verlusten der Effektivität und Produktivität der Mitarbeiter führt, ist in den meisten Chefetagen auch angekommen. Jedoch sind klassische Strukturen wie eine strikte Hierarchie, wenig Flexibilität und Agilität in den Unternehmen, oder auch Überforderung und Unterforderung wichtige Hindernisse auf dem Weg zu mehr Engagement. Immer mehr Unternehmen erkennen diese Probleme und versuchen auf unterschiedliche Art und Weise die Mitarbeiter mehr ins Unternehmen einzubeziehen, sodass sie sich wieder stärker mit ihren Arbeitsplätzen identifizieren.
Als dritter Trend kann man feststellen, dass sich auch die Art zu arbeiten gerade stark verändert – so gibt es immer weniger Mitarbeiter, die von morgens 9:00 Uhr bis Nachmittags 17:00 oder 18:00 Uhr an ihrem Schreibtisch im Büro sitzen müssen, um dort eine sich wiederholende Aufgabe jeden Tag von Neuem zu erfüllen. Stattdessen wollen die Mitarbeiter flexibler sein und sich verschiedenen Aufgaben stellen. Dazu gehören der Heimarbeitsplatz, der mobile Arbeitsplatz, Büros ohne feste Sitzplatzordnung, Miet- oder Leihbüros in größeren Städten, aber auch Prozesse, die sich eben nicht 1000 Mal am Tag wiederholen, sondern immer wieder von neuem erfunden, erdacht, oder angepasst werden müssen.
Diese Veränderungen gehen natürlich weit über das Neuerfinden oder Umdenken von E-Mail hinweg, aber diese neuen Tools sind gleichzeitig auch eine Reflexion der sich weiter entwickelnden Arbeitswelt. Wenn ich heute ein CEO eines mittelständischen oder größeren Unternehmens in Deutschland wäre, würde ich mir viele Gedanken machen – nicht nur um das digitale Business, sondern auch über den digitalen Arbeitsplatz der Zukunft. Enthusiastische Mitarbeiter, Flexibilität und Produktivität sind Wettbewerbsvorteile, die nicht zu unterschätzen sind. Dies gilt nicht nur für die eigenen Mitarbeiter, sondern auch für die Erwartungen der Kunden – in der Zukunft und teilweise auch schon heute.
Für einen CEO heißen diese Veränderungen, dass er sich um folgende Sachen noch mehr kümmern muss:
Dies sind nur ein paar Punkte, die der CEO der Zukunft zu beachten hat. Sie gehen über die klassischen Aufgaben hinaus und beziehen ihre Inspiration aus der sich verändernden Arbeitswelt. Nicht individuelle Tools, sondern der Mitarbeiter, in seiner Individualität, ist das Kapital des Unternehmens und sollte auch durch die IT-Systeme der Zukunft entsprechend individuell behandelt werden können. Schritte wie Googles Inbox oder IBM Verse sind nur erste Schritte in diese Richtung, die versuchen, klassische Denkstrukturen und Erwartungshaltungen zu durchbrechen und damit den Unternehmen die Möglichkeit zu höherer Produktivität zu eröffnen.
Gartner wird sich auch in Zukunft verstärkt mit dem digitalen Arbeitsplatz auseinandersetzen, einschließlich mehrerer CIO-Konferenzen weltweit, die versuchen werden, den Teilnehmern dieses Thema näher zu bringen.
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Da machen die Autoren einen wichtigen Punkt: Denn zukünftig wird die Attraktivitäte eines Arbeitgebers auch davon abhängen, welche digitalen Arbeitsmöglichkeiten er seinen Mitarbeiten bietet, damit diese nicht nur flexibel sondern auch effizienter Arbeiten können. Gerade im Kampf um die Talente von Morgen, die sich schon heute vielfach aus der Gruppe der Digital Natives rekrutieren, zahlt eine gute Digitalstrategie auch unmittelbar und positiv auf die Arbeitgebermarke ein.