“Never change a running system” ist ein altes IT-Motto. Das wird so exzessiv in manchen Unternehmen gelebt, dass die notwendige Veränderung auf die lange Bank geschoben wird. Dabei ist die Planung so einfach, dass das Ende schon am Anfang planbar ist.
Wer heute eine beliebige Standard-Software einführt, weiß schon, wann ihr Lebensende erreicht ist. Ähnlich wie bei dem Mindesthaltbarkeitsdatum von Lebensmitteln, gibt es bis zu diesem Tag im Falle von Problemen eine Unterstützung, danach geschieht alles auf eigenes Risiko.
Veränderung eines Systems ist so schwer. Das Support-Ende von Windows XP ist über lange Zeit in der Presse gewesen und dennoch können wir fast jeden Tag noch Systeme sehen, die auf diesem Betriebssystem laufen – so wie ich neulich am Flughafen. Den interessierten Betrachter wundert das, war das Lebensende von Windows XP doch planbar. Was machen die Unternehmen jetzt? Viele gehen auf Windows 7.
Das scheint eine gute Idee zu sein, gilt dieses System doch als beliebt bei den Benutzern. Doch was die Wenigsten beachten: Bereits in gut 9 Monaten hat Windows 7 das Ende des so genannten “Mainstream-Support” erreicht und am 14.01.2020 ist wie jetzt mit Windows XP endgültig Schluss.
“Dann habe ich ja noch viel Zeit” mag manch einer denken und weiter fröhlich migrieren. Leider wissen nur wenige, was der Unterschied zwischen Mainstream-Support und Extended-Support ist.
Aufklärungsarbeit gibt es genug zu tun, aber die großen Software-Hersteller rufen entweder nicht laut genug oder finden nicht genug Gehör bei Ihren Kunden. Um noch zwei weitere prominente Beispiele zu nennen: Citrix‘ weit verbreitete Version XenApp 6.0 läuft im Sommer (13.07.2014) aus dem Mainstream-Support, VMware’s ESX 4.0 noch im Frühling (21.05.2014).
Ein Handlungsdruck ist also da. Wer hier nicht handelt, leidet möglicherweise an Prokrastination. Das krankhafte Aufschieben ist nach Wikipedia dann vorhanden, wenn diese drei Kriterien erfüllt sind: Kontraproduktivität, mangelnde Notwendigkeit und Verzögerung. Und kontraproduktiv ist ein nicht durch den Hersteller supportetes System allemal.
Nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Was also tun? Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten gegen die Verdrängung:
Wer eine Version überspringt und konsequent bei Erscheinen der übernächsten Version diese relativ zeitnah einsetzt, hat dann wieder bis zu 10 Jahre Ruhe. Das ist sinnvoll, weil es nur alle 8 bis 10 Jahre zu einem Migrationsprojekt in der Infrastruktur kommt. Der Nachteil ist jedoch, dass die Applikationshersteller immer eine gewisse Zeit brauchen, um die Basis-Software zu testen und freizugeben. So ist Hyper-V auf Basis Windows Server 2012 R2 heute noch nicht für den SAP-Betrieb freigegeben.
Die Veränderung zum Standard zu erklären, bedeutet permanent in Bewegung zu sein, Kompatibilitäten und zusätzlichen Nutzen zu identifizieren und immer auf die neueste Version zu gehen, sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind. So gibt es zwar keine echte Konstanz, dafür aber gibt es nicht mehr die Aufgabe, gegen ein Support-Ende hinzuarbeiten. Ein Life-Cycle-Management ist dabei eine Veränderung im Betriebsablauf, die so für viele ungewohnt ist.
Es mag sein, dass die vielen An- und Abkündigungen der namhaften Hersteller die IT-Abteilungen nur noch reagieren statt agieren lassen, aber diese haben das auch in der Vergangenheit gewollt: Wer eine Subskription abschließt, möchte dafür auch ständig mit neuen Versionen versorgt werden.
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Bei fast allen Diskussionen zu diesem Thema wird eines vergessen: Die Bereitschaft zum Updaten bzw. Upgraden wird auch dadurch gehemmt, daß nützliche Funktionen wegfallen. Nach Windows XP zeigt der Explorer bei mehr als 15 markierten Dateien nicht mehr deren Größe an und die Baumgrafik ist unübersichtlicher (fehlende Orientierungslinien Marker für Unterordner) (siehe http://www.jochen-vajda.de/documents/windows7_explorer.html), manche klickbare Elemente sind im Windows-Layout nicht als solche verankert und erscheinen zunächst als Text. Beispiele von Android: Die UMS-Fähigkeit (Android-Gerät über USB anschließen -> erscheint als Laufwerk, wichtiger Vorteil ggb. iOS) ist seit 4.0 weggefallen, die getrennten Lautstärke-Kanäle für Klingel- und Benachrichtigungstöne sind zusammengelegt, viele Einschränkungen bei der funktionalen Integration von Apps. Individuelle, abspeicherbare und portierbare Menüleisten gibt's seit MS-Office 2007 nicht mehr. Und die Krönung: Google Maps für Android enthielt bis Anfang 2013 folgende Funktionen, die sämtlich gestrichen sind: Latitude (Google+ kann dies nicht ersetzen), eine permanent eingeblendete Maßstabsleiste, Zoombuttons, Entfernungsmessung mit Höhenprofil, Ampel-Widget (zeigt Qualität und Fahrtdauer für bestimmte Strecke), klare Umrisse der 3D-Gebäude, Offline-Karten, Standortverlaufsanzeige ... Auch die Web-Version hat Funktionen eingebüßt: In der Google-Werbung sieht man noch den Meteoritenjäger auf der Karte Linien ziehen (Entfernungen messen) - diese Funktion gibt es nicht mehr.
DAS, die funktionale Reduktion bzw. Verschlechterung sollte mal angesprochen werden.