Die weltweit erste Eisenbahnstrecke mit Personenverkehr wurde 1825 in Nordostengland eröffnet, während die Strecke Nürnberg-Fürth erst zehn Jahre später an den Start ging. Das britische Eisenbahnnetz ist damit das älteste der Welt – was man ihm auch lange angesehen hat. Mittlerweile jedoch gibt es eine bedeutende Initiative, um mithilfe innovativer Technologien das 40 Jahre alte Netz dieselbetriebener Intercity-Züge in ein elektrisches Netz umzuwandeln. Dazu werden neue Züge angeschafft, die auf dem Design der Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszüge basieren, die in Japan seit den Olympischen Spielen 1964 verkehren. Hitachi wird diese Züge und das Automatische Zugkontrollsystem, das auch in Japan eingesetzt wird, entwickeln.
Statistisch gesehen ist der Shinkansen das sicherste und zuverlässigste Verkehrsmittel der Welt. Es hat in über 50 Jahren noch nie einen Unfall mit Todesopfern gegeben und die durchschnittliche Verspätung eines Zuges liegt – deutsche Berufspendler müssen jetzt ganz tapfer sein – bei sechs Sekunden! Damit ist der Zug auch zum Symbol für die Qualität, Innovation und Präzision japanischer Produkte geworden.
Der Shinkansen hat in Japan viel zu sozialer Innovation beigetragen, was einen bedeutenden Effekt auf Japans Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt und Kultur hatte und hat. So entstehen bei einer Zugfahrt nur 16 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes, der bei einer Autofahrt auf der gleichen Strecke anfallen würde. Durch die Zugfahrten sparen die Arbeitnehmer ca. 400 Millionen Stunden, was der Wirtschaft 500 Milliarden Yen jährlich einbringt. Vor allem ländliche Gebieten können Dank des Shinkansen am Wachstum der Großstädte teilhaben. Es wird erwartet, dass ähnliche Social-Innovation-Vorteile auch in Großbritannien entstehen.
Aber wie in der IT, muss auch bei Eisenbahnen eine Migration zur Technologie der nächsten Generation schrittweise erfolgen. Die neuen Züge in Großbritannien werden daher bi-modal sein, das heißt sie können elektrisch fahren, wo Bahnstrecken elektrifiziert sind und per Dieselmotor, wo das noch nicht der Fall ist.
Das Hitachi-Modell nutzt Unterflurdieselmotoren zum Eigenantrieb, die in Zukunft leicht entfernt und durch elektrische Antriebe ersetzt werden können. Die neuen Züge werden Stromverbrauch und Luftverschmutzung reduzieren und sicherere, schnellere und komfortablere Reisen für Passagiere auf den Intercity East Coast und Great Western Hauptstrecken ermöglichen. Die East-Coast-Hauptstrecke soll voraussichtlich Ende 2016 in Betrieb gehen und die Great Western Hauptstrecke 2017.
Weil Höchstgeschwindigkeiten von mindestens 200 Stundenkilometern geplant sind, ist das Zugkontrollsystem ein Hauptbestandteil dieses Entwurfs. Hitachi hat die Züge in Japan entwickelt und den erfolgreichen Betrieb seines Bordkontrollsystems bereits mit dem European Train Control System unter Beweis gestellt. Dies ermöglicht es Zügen, in andere Länder zu fahren, ohne Signalsysteme oder Lokomotiven wechseln zu müssen. Das System benötigt einen standardmäßigen streckenseitigen Regler und einen Standardregler im Führerstand, die über GSM-Funksignale kommunizieren und die in Echtzeit zum Signalisieren, Steuern und zur Zugsicherung verwendet werden.
Eisenbahnen sind kapitalintensive Geschäfte mit einer Menge an rollendem Material. Wartung und Zugdisposition sind entscheidend für ihre Rentabilität. Neben der technischen Innovation, die in das UK Intercity Express System geflossen ist, gibt es daher auch Innovation beim Geschäftsmodell. Hitachi wird Eigentümer der Züge sein und die Wartung übernehmen und das Eisenbahnstreckennetz Großbritanniens wird Hitachi nur für “pünktliche Dienstleistungen” bezahlen. Hitachi wird also “Train as a Service” liefern und die Kapitalkosten der Züge in Betriebskosten umwandeln. Hitachi übernimmt damit ein beträchtliches finanzielles Risiko, ist jedoch zuversichtlich, dieses durch “Big Data”-Analytik managen zu können.
In alle Züge werden RFID-Sensoren eingebaut, die Echtzeit-Überwachung, -Analyse, -Steuerung und -Wartung ermöglichen. Pro Zug sind mehrere Tausend RFID-Chips eingebaut, die ununterbrochen Informationen und damit Big Data übermitteln. Ein Großteil der Big-Data-Analyse wird in Echtzeit an den Endpunkten erfolgen, und die weiterverarbeiteten Informationen werden in Unified-Compute-Plattformen von Hitachi Data Systems gespeichert und analysiert.
Sollten während des Betriebes rote Lampen für ein Zugteil angehen, also die Gefahr bestehen, dass dieses Teil ausfällt, erfolgen automatisch Meldungen an den nächsten Bahnhof und die Wartung. So lässt sich eine klemmende Tür beim nächsten Halt reparieren oder Kleinteile lassen sich auswechseln. Auch die Passagiere profitieren davon: Zum Beispiel wird GPS in das Steuersystem integriert, um den Betrieb der Zugtüren in Bezug zum Bahnsteig zu überwachen, sodass einige Türen sich dort nicht öffnen, wo der Bahnsteig kürzer ist als die Gesamtlänge des Zuges.
Big-Data-Projekte dieser Größe erfordern umfassende Expertise und Erfahrung in vielen vertikalen Disziplinen. Nur sehr wenige Unternehmen weltweit verfügen über das notwendige Leistungsspektrum und die Größe, um alle Aspekte abzudecken. Train-as-a-Service in UK ist auf 27 Jahre angelegt und wird als Gemeinschaftsprojekt verschiedener Hitachi-Abteilungen realisiert. Neben Hitachi Consulting Corporation, Hitachi Rail, Hitachi Control Systems und Hitachi Smart Information Systems gehören auch Hitachi IT Platform Division sowie Hitachi Data Systems zum Konsortium.
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