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SAP geht in die Cloud – jetzt aber echt

Er habe, gestand Hasso Plattner dem Magazin Focus, vor zehn Jahren erst einmal nachschlagen müssen, was „on-demand“ eigentlich bedeute. Veranlasst dazu habe ihn die Ankündigung der IBM, künftig Software nur noch „auf Abruf“ zur Verfügung zu stellen: Weg vom Lizenzmodell, hin zum Mietmodell.

Dann aber waren er und „seine“ SAP schnell auf der Überholspur. 2007 erfolgte die Ankündigung, man wolle mit Business by Design 100.000 Kunden generieren. 2008 folgte das Produkt selbst, 2009 wurde der Vertrieb massiv ausgebaut, 2010 machte sich Enttäuschung breit, 2011 ging man auf die Suche nach einer neuen Cloud-Strategie und kaufte 2012 die Cloud-Spezialisten Ariba und Success-Factors. Im vergangenen Jahr schließlich betrug der Umsatz mit Software aus der Wolke immerhin 750 Millionen Euro. Zum Gewinn von rund 5,9 Milliarden Euro dürfte die Cloud-Sparte allerdings nicht beigetragen haben.

Denn eines ist mal sicher – man kann nicht beides haben: Marge und Migration. Der Wechsel von Lizenz- zu Mieteinnahmen bringt zwar langfristig nachhaltige Einnahmen, sorgt aber kurzfristig für einen Umsatzeinbruch durch den Rückgang im (sofort fakturierbaren) Lizenzgeschäft. Und das Paradoxe dabei ist: Je erfolgreicher das Cloud-Geschäft von Anfang an ist, umso schlechter ist das für die kurzfristigen Gewinnzahlen. Das sieht bei aller Perspektive kein Aktionär gern.

Aber genau das wird SAP den Aktionären am 4. Februar verklickern. Wie, hat bei der Vorstellung der Geschäftszahlen 2013 schon Vorstandschef Bill McDermott gezeigt: “Wir wollen den Marktanteil gegen andere Lösungsanbieter erhöhen und keine kurzfristige Marge ernten” – und deshalb auch die angestrebte Gewinnmarge von 35 Prozent nicht wie vorgesehen 2015, sondern erst 2017 erreichen.

Es klingt, als habe es eine Alternative gegeben. Aber zur Cloud-Zukunft, das ist im SAP-Führungskreis völlig unstrittig, gibt es keine Alternative. Nicht nur wird SAP auf diese Weise ihre großen Kunden langfristig an sich binden können. Auch den weltweiten Mittelstandsmarkt – also Small and Medium Business – nicht nur in Europa, sondern weltweit ganz gewiss in China wird SAP nur aus der Wolke bedienen können. Dazu sind Milliardeninvestitionen nötig – und wahrscheinlich auch noch die eine oder andere Akquise im Reich der Mitte.

Aber mehr noch sind dazu völlig andere Produkte notwendig als sie bislang gemeinhin mit SAP – sperrig, antiquiert, projektlastig – assoziiert werden. Business by Design war nun wirklich das beste Beispiel dafür, dass SAP nicht die Company ist, die mit schlanken Produkten um die Ecke kommt. Das ist der Grund, warum Unternehmen wie Salesforce.com so erfolgreich im SAP-Umfeld mit ihrer CRM-Software punkten können. “Nicht um SAP zu ersetzen. Im Gegenteil: um mehr aus Ihren SAP-Investitionen herauszuholen”, wirbt Salesforce-Deutschlandchef Joachim Schreiner in seinem Blog um SAP-Kunden.

Und natürlich Larry Ellison! Bewaffnet mit einer eisgekühlten Wasserflasche – dem Statussymbol des fitnessbewussten Top-Managers – nutzte der Oracle-Chef die Fragestunde mit Journalisten, um zu erklären, dass man unlängst IBM und SAP aus der Riege der ernstzunehmenden Wettbewerber entlassen und durch kleine agile Companies wie Salesforce oder Workday ersetzt habe. Hier sieht Oracle, das sich selbst nach ebenfalls schleppendem Start in die Cloud nun als Marktführer sieht, die wahre Herausforderung.

Mag sein, dass IBM und SAP gleichermaßen (wenn auch aus unterschiedlichen Gründen) mit ihrer Cloud-Strategie kämpfen. Aber zunächst einmal gilt das Rechenexempel, das Bill McDermott aufgestellt hat: Man habe 20mal so viele Kunden wie Workday und sei 20mal so profitabel wie Salesforce. Aber es gilt auch: Wenn Cloud-Computing bei Unternehmenslösungen derzeit durch die Decke geht, dann bei Human Resources (Workday) und Kundenbindung (Salesforce).

Auf diese beiden Disziplinen zielt endlich auch die neueste Cloud-Strategie für 2014 und später, mit der das Umsatzziel von zwei Milliarden Euro aus der Wolke bis 2015 und 20 Milliarden Cloud-Euro im Jahr 2020 erreicht werden sollen: HR und CRM.

Dabei gilt: “Mobile First”. Das Ziel, das mit HANA, dem Anwendungsframework Fiori und offensichtlich auf keinen Fall mit Java (wegen der Nähe zu Oracle) erreicht werden soll, lautet ganz schlicht: “Alles soll einfacher werden“. Dann könne auch alles gelingen. SAP scheint erkannt zu haben, dass es nicht darum geht, die alten Monolithen einfach nur in einem Service-Rechenzentrum zu verstecken und als Cloud-Service wieder auferstehen zu lassen. Es geht um neue Anwendungsformate, Apps und Abrufservices, die sowohl von mobilen Endgeräten als auch integriert in die Unternehmenssoftware genutzt werden können. Und nicht zuletzt hat SAP in Business by Design auch noch eine der besten Finanzanwendungen zu bieten.

SAP hat nach einem Jahrzehnt der Experimente in der Cloud das Ziel offensichtlich im Blick – jetzt aber wirklich. Man muss nur noch den Aktionären erklären, dass dann die Marge erst einmal leidet…

Redaktion

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