Vor einigen Wochen war ich ja mit IBM Social Business JamCamp zusammen mit Bloggern, Social Business-Experten und Studenten quer durch Deutschland unterwegs. Dabei kam es irgendwann zu einem Gespräch mit Manouchehr Shamsrizi zum Thema E-Mail. Er war total überrascht, dass es Zeiten gab, als man E-Mails nicht einfach so zu Empfängern in anderen Unternehmen schicken konnte. Tja, zwei Dinge sind mir deutlich geworden: Ich bin schon eine ganze Weile in der IT unterwegs und komme ins Alter. Und man soll besser nicht alles als gegeben hinnehmen.
Noch zu gut erinnere ich mich an die Zeit, als E-Mail innerhalb des Unternehmens schon ein enormer Fortschritt war. Man konnte erstmals Kollegen eine Nachricht zusenden. Gängige Systeme in meiner Arbeitsumgebung waren cc:mail, MS-Mail oder das MHS-basierte DaVinci eMail. Bei Unternehmen wie der IBM waren Großrechner-basierte E-Mail-Systeme im Einsatz. Wer ein CompuServe-Konto hatte, kam in den Luxus, vom PC aus per E-Mail Nachrichten mit Anderen auszutauschen. Die Piepgeräusche eines sich einwählenden Modems waren den damaligen Freaks ebenso geläufig wie die notwendigen Steuercodes. Und mit Messaging-Gateways, die zwischen den verschiedenen Systemen übersetzten, konnte man viel Geld verdienen.
Warum dieser nostalgische Rückblick. Ich stelle mir die Frage, ob man die Entwicklung und Situation der E-Mail damals in den neunziger Jahren mit dem heutigen Stand sozialer Netzwerke vergleichen kann. Soziale Netzwerke sind derzeit auch in sich geschlossen und kommunizieren nicht miteinander. Für jedes soziale Netzwerk, in dem sie aktiv sind, legen Anwender eigene Profile an und geben ihre Daten erneut ein: Xing, LinkedIn, Facebook, Google+, Twitter im öffentlichen Raum und natürlich auch das soziale Netzwerk im Unternehmen oder das durch Passwort abgeschottete soziale Netzwerk (z.B. eine Benutzergruppe).
Im Web, dessen Paradigma die Offenheit ist, sind sinnigerweise die sozialen Netzwerke, die ja Menschen miteinander vernetzen, proprietär und zueinander inkompatibel. Da soziale Funktionen daneben auch immer mehr in andere Systeme integriert werden, sind Standards wünschenswert. Genau vor einer solchen Herausforderung standen wir auch bei E-Mail und Directory Services. Damals setzte sich durch das Internet mit SMTP ein Standard zum Austausch von Nachrichten durch, Heute diskutieren wir in Gremien wie das World Wide Web Consortium (W3C) Social Business-Standards wie Open Social 2.0 oder Activity Streams. Es geht um Authenifizierung, Entwicklung von auf Stadards basierenden Applikationen, die Integration sozialer Funktionen in andere Anwendungen und um eine konsolidierte Social Business-Sicht über Activity Streams.
E-Mail hat ihren wirklichen Durchbruch erst durch Standards zum Nachrichtenaustausch erreicht. Erst dann kam es zur explosionsartigen Ausbreitung und zur vollen Wertschöpfung. Stehen wir vor einer ähnlichen Entwicklung bei Social Software? Was meinen Sie?
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