Was Employability für festangestellte Arbeitnehmer ist, könnte man “Turnoverability” für den Markt der IT-Freelancer nennen. Was verstehe ich unter Turnoverability? Genauso wie Arbeitnehmer sich laufend fortbilden und eigenverantwortlich für ihre berufliche Entwicklung und ihre Karriereziele einsetzen müssen, ist es eine Kernaufgabe von Freiberuflern, für ausreichende Auslastung – sprich Anschlussprojekte – zu sorgen.
Denn auch wenn die Rahmenbedingungen aufgrund des Fachkräftemangels und stetig steigender Stundensätze für freiberufliche IT-Experten sehr günstig sind – ausruhen darf sich darauf niemand. Die Konkurrenz schläft nicht. Und Tatsache ist auch: Es gibt durchaus gravierende Unterschiede in der Auslastung von Freiberuflern, auch bei vergleichbarem Qualifikationsprofil. Wie also können sich IT-Freelancer einen Namen machen und für ausreichend Aufträge sorgen? Meiner Erfahrung nach kommt es besonders auf die Punkte an, die ich im Folgenden mit Ihnen teilen möchte.
Networking
Manchen mag es lästig sein – und trotzdem: Networking ist Trumpf! Wer gut vernetzt und bei wichtigen Kunden und Dienstleistern persönlich bekannt ist, wird bei passenden Projektanfragen garantiert eher angefragt als eine weniger bekannte Person mit vergleichbarem Profil. Möglichkeiten, mit wichtigen Partnern in Verbindung zu bleiben, gibt es in der IT-Freiberuflerszene viele – angefangen beim Profil auf Xing und LinkedIn, über die aktive Beteiligung in Fachforen, Fachverbänden wie dem Berufsverband Selbständige in der Informatik (www.bvsi.de) oder Anwender- und Entwicklernetzwerken wie der deutschen Oracle-Anwendergruppe (www.doag.org) bis hin zur Teilnahme an Fachkonferenzen wie der SAP-Konferenz Sapphire, den Entwicklertagen und CeBIT-Konferenzen.
Selbstmarketing
Sie sind toll in dem, was sie tun? Dann erzählen Sie es der Welt! Das ist nicht ihr Stil? Schade, dann ist es wohl auch nicht ihr nächstes Projekt! Erstaunlich viele Top-Spezialisten haben immer noch keine oder eine optisch und inhaltlich wenig ansprechende Website. Viele Freelancer argumentieren, sie seien so gut in ihrem Job, dass sie so etwas nicht brauchen. Ich sage: Klappern gehört zum Handwerk – ganz besonders wenn man gut ist. Denn die Anderen klappern ja auch. Zu gutem Selbstmarketing gehört vor allem ein übersichtliches und visuell attraktives Qualifikationsprofil – hier stellen Sie dem Besucher Ihrer Website Ihre Fähigkeiten vor. Das Wichtigste: Rattern Sie nicht nur Ihre Skills herunter, sondern erzählen Sie für jedes Projekt eine kleine Geschichte: Wozu diente das jeweilige Projekt? Wie hat es dem Kunden geholfen, erfolgreicher zu werden? Und welchen Anteil hatten Sie daran?
Vollständigkeit
In Ihrem Profil sollten Sie ausnahmslos jeden Ihrer Skills aufführen, auch wenn Sie einige davon für selbstverständlich halten. Beschreiben Sie also beispielsweise nicht nur Ihre Spezialkenntnisse zu Hyper-V und Xen, sondern auch, dass Sie sich im Bereich Virtualisierung auskennen. Es sind nicht immer die Spezialisten der jeweiligen Fachabteilung, die entscheiden, welcher Freelancer den Zuschlag erhält, sondern auch fachfremde Personen, beispielsweise aus dem Einkauf. Im ungünstigsten Fall führt ein unvollständiges Profil dazu, dass Sie wegen eines fehlenden Checklistenkriteriums abgelehnt werden – obwohl Sie perfekt geeignet wären.
Qualifikation
Natürlich sind Zertifizierungen als Qualifikationsnachweis wichtig – jedoch nicht so wichtig, wie viele freiberufliche Spezialisten meinen. Für die meisten Kunden ist es viel entscheidender, dass Sie das benötigte Fachwissen in einem ähnlichen Umfeld und bei ähnlicher Fragestellung bereits erfolgreich eingesetzt haben, idealerweise sogar bei einem Wettbewerber. Branchenkompetenz ist das A und O. Dabei sollten Sie einen Mittelweg zwischen Beliebigkeit und zu engem Branchenfokus gehen: Konzentrieren Sie sich auf zwei bis drei Kernbranchen – so entwickeln Sie ein trennscharfes Profil und haben gleichzeitig eine ausreichend große Auswahl an möglichen Kunden.
Reputation
Machen Sie sich einen Namen als Spezialist für Ihr Metier. Dafür müssen Sie keineswegs das Rad neu erfinden – Sie sollten der Welt aber mitteilen, dass Sie sich mit Rädern auskennen. Wie? Beiträge in Fachzeitschriften, (Mit-)Autorenschaft in Fachbüchern, ein Blog zu Ihren Spezialthemen, Vorträge auf Fachkonferenzen und konkrete Referenzen auf vergangene Projekte sind bestens geeignet, andere von Ihren Fähigkeiten zu überzeugen und sich einen Namen zu machen.
Empfehlung
Der absolute Königsweg, um ein Projekt an Land zu ziehen, ist meiner Erfahrung nach die persönliche Empfehlung – sprich, andere empfehlen Sie für ein Projekt, weil sie davon überzeugt sind, dass genau Sie der oder die Beste für den Job sind. Viele Freelancer liefern hervorragende Arbeit ab und hoffen dann darauf, dass sich das automatisch herumspricht. Sich auf eine Wiese zu legen und zu hoffen, dass ein Brathähnchen vom Himmel fällt, ist allerdings ähnlich zielführend. Also auf zur Imbissbude! Fordern Sie nach Projektende ein konkretes Feedback des Kunden ein und sagen Sie ganz direkt, dass Sie sich über eine Weiterempfehlung freuen. Auch sollten Sie bei dieser Gelegenheit gleich klären, ob Sie den Kunden als Referenz nutzen dürfen – womit wir wieder beim Thema Reputation wären.
Selbstverständlich ist das Beherrschen nachgefragter Hard Skills die Grundlage für den Erfolg als Freelancer. Wenn diese Grundlage nicht stimmt, hilft auch alles networken und die schönste Website nichts. Doch müssen potenzielle Kunden und Personaldienstleister auch erfahren können, was Sie drauf haben. Genau das erreichen Sie, wenn Sie an den genannten Stellschrauben drehen – und sichern sich so Ihren gewünschten Turnover.
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Kaltakquise hätte ich noch anzubieten: Sprechen Sie als Freiberufler Ihre potentiellen Kunden zum Beispiel auf Fachmessen oder in Briefform an die Fachabteilung direkt an und stellen Sie sich und Ihre Kompetenzen vor. Die wissen nämlich oft gar nicht, dass es Sie gibt und nutzen auch kein Internet, um ausgerechnet Sie zu finden. Aber bloß keine Anfragen per E-Mail oder Telefon!
Sehr guter, motivierender Artikel, Herr Reuter.