TVO: Total Value of Ownership – Geld oder Wasser?

Es war Ende Oktober. An einem warmen Tag reiste ich nach Spanien, um an einer Großveranstaltung mit Vorträgen und Diskussionen für ein internationales Publikum teilzunehmen. Während der Keynote begegnete mir ein neuer Ansatz, die Wirtschaftlichkeit für neue Technologien zu berechnen. In einer – zugegebenermaßen guten – Präsentationsshow war er plötzlich da, der „neue“ Begriff TVO. Bisher war immer die Rede von TCO (Total Cost of Ownership) und RoI (Return on Investment). Nun also TVO: Total Value of Ownership, einer Erweiterung des TCO-Ansatzes. Eine Methode, mit der zusätzlich der Nutzen ermittelt werden soll, der durch softere umsatzfördernde Effekte einer Investition erbracht wird. Die skeptischen Zuhörer wie ich merkten sofort auf: Kommt hier die nächste Marketingblase? Ist das Wasserglas jetzt nicht halb leer, sondern mal wieder halb voll?

Mit dem Begriff TCO wurde in der Vergangenheit schon eine Menge Schindluder getrieben. Viele meinten, TCO-Betrachtungen durchführen zu können. Die meisten scheiterten allerdings am ersten Buchstaben – T wie Total. Total hat den Anspruch auf Vollständigkeit und die vollständigen Kosten einer Technologie inklusive der mittelbaren Ausgaben sind oftmals sehr schwerlich darzulegen. Daher war es bislang der bessere und handwerklich saubere Ansatz, über RoI zu sprechen. Inzwischen gibt es in der EU das Standardwerk des deutschen Wirtschaftlichkeitsrechnungspapstes Dr. Peter Röthig. Dr. Röthig hat vor vielen Jahren das Leitwerk “IT-WiBe” für die “Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung (KBSt)” entwickelt und auf die Wirtschaft übertragen. Eine saubere und bei den Controllern beliebte Methode, die neben rein quantitativen Kriterien auch umfangreich qualitative Kriterien bei der Bewertung des Investitionsvorhabens berücksichtigt.

Diese qualitativen Kriterien schlagen wiederum die Brücke zum TVO. Unabhängig von der Technologie stellt sich auch hier die Frage: „Rechnet sich das?“. Zu oft wird jedoch in der Kategorie „Was kostet mich das?“ gedacht. Sollte man TVO – was sicherlich in der Praxis auch an dem T scheitert – ernst nehmen, steht im Vordergrund der Wert einer Lösung für das Unternehmen. Dieser Wert lässt sich nicht nur in Euro oder Dollar ausdrücken, sondern muss teilweise beschrieben werden. So wie die Einführung von Sicherheitssoftware nur einen theoretischen monetären Nutzen hat, liegt beispielsweise bei der Desktopvirtualisierung der Primärnutzen in der gesteigerten Flexibilität des Arbeitens. Flexibilität lässt sich aber genau so wenig quantifizieren wie eine Imageverbesserung oder die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien.

Man könnte argumentieren, dass flexiblere Mitarbeiter produktiver sind. Gut, sagen wir, sie sparen täglich zehn Minuten ein. Zehn Minuten multipliziert mit 210 Arbeitstagen und 1000 Mitarbeitern sowie einem internen Stundensatz von x €. Da kommt schon eine ordentliche Summe zusammen! Klingt plausibel, ist aber nicht belastbar. Denn jede kaufmännische Vorsicht mahnt an, dass man nur das quantifizieren sollte, zu dem ein Commitment vorliegt. Einsparungen also, die mit höchster Wahrscheinlichkeit tatsächlich eintreffen und nicht auf Schätzungen basieren. Zu unserem zehn-Minuten-pro-Tag-Gedankenspiel wird daher kein Commitment vorliegen, der Wert lässt sich also nicht quantifizieren.

Dennoch ist für mich TVO ein Denkanstoß. Lasst uns den Nutzen noch stärker beschreiben! Denn er geht weit über das Monetäre hinaus. Wenn Mitarbeiter in Zeiten des Fachkräftemangels zufriedener sind, ist das ein unbezahlbarer Wert und das Glas weit mehr als nur halb voll mit Wasser.

Silicon-Redaktion

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