Ein halbes Jahr musste ins Land ziehen, seit Edward Snowden die erste PRISM-Katze aus dem Sack zog, ehe sich die amerikanischen Plattform-Betreiber, deren Internet-Angebote angezapft und abgespeichert wurden, zu einer konzertierten Aktion zusammenfanden. Aber immerhin jetzt treten Apple, AOL, Facebook, Google, LinkedIn, Microsoft, Twitter und Yahoo gemeinsam an die Öffentlichkeit und mahnen eine deutliche Reform der Ausspähgesetze an.
Man kann dem Oktett zugutehalten, dass es immerhin zunächst einer richterlichen Erlaubnis bedurfte, um sich überhaupt inhaltlich – und dann lediglich in zusammenfassenden Äußerungen – über die Datensammlung der NSA und anderer Geheimdienstaktivitäten äußern zu können. Aber was jetzt in offenen Briefen an US-Präsident Barack Obama und ausgewählte Kongressmitglieder sowie in großformatigen Zeitungsanzeigen formuliert wird, ist weniger von der Sorge um massenhafte Menschenrechtsverstöße geprägt als vielmehr von Angst um einbrechende Marktanteile. Denn nichts schadet dem Internet-Geschäft mehr als eine Vertrauenskrise.
Aber sei´s drum – erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral, wusste schon Bert Brecht. Wenn das Motiv auch anstößig sein mag, ist die Aktion doch begrüßenswert. Die “Großen Acht des Internets” mahnen zur Umkehr, zur Wahrung der Datensicherheit und zu mehr Respekt vor der Privatsphäre des Einzelnen.
Dabei sind ihre Formulierungen diplomatische Meisterleistungen im Weißwaschen einer heftigen Kritik an den Praktiken des US-amerikanischen Staates: “Die Enthüllungen dieses Sommers”, so beginnt der gemeinsame Wortlaut, “unterstreichen die dringende Notwendigkeit, die Überwachungsmethoden weltweit zu reformieren.” Die Regierung möge “handeln, um das Vertrauen der Bürger überall auf der Welt wiederherzustellen”, ergänzt beispielsweise Marissa Mayer von Yahoo. Und Microsofts Chefjustiziar Brad Smith fügt hinzu: “Regierungen haben das Vertrauen riskiert – Regierungen müssen helfen, es wiederherzustellen.”
Denn eines ist den achtbaren Acht klar: “Die Menschen werden keine Technologie nutzen, der sie nicht vertrauen.” Ja, mehr noch – die Menschen werden sich alternativen Technologien zuwenden, denen sie vertrauen. Dass dies eintreten sollte, ist das Ziel einer immer größer werdenden Initiative der Europäischen Union. Noch im Oktober klagte EU-Rechtskommissarin Viviane Reding, dass sie sich fühle wie ein zahnloser Tiger, der nur knurren könne. “Ich möchte aber auch beißen können”, sagte sie damals.
Seitdem tut sich einiges. Zwar hat Neelie Kroes, die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, den Plan der Deutschen, mit einer eigenen Sicherheitscloud neue Qualitätsstandards zu setzen, zunächst einmal abgelehnt. Ihre Zurückweisung bezog sich aber nicht auf die Idee selbst, sondern auf den nationalen Alleingang der Deutschen. “Dann hätten wir 28 nationale Clouds”, beschwor sie die Einigkeit bei den Wolkenstandards.
Bis Mitte 2014 soll eine europaweite Sicherheitsrichtlinie stehen, durch die die EU als eine “vertrauenswürdige Cloud-Region” in der Ära nach PRISM ausgewiesen wird – also quasi zur abhörfreien Zone. Neelie Kroes hatte da bei der Ankündigung auch zum ersten Mal Tigerzähne blitzen lassen und angedeutet, dies könnte schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für US-Anbieter nach sich ziehen. Umgekehrt sollten europäische Anbieter die auf dem Alten Kontinent üblichen Sicherheitsstandards befolgen und damit zu einem Wettbewerbsvorteil nutzen.
Unterdessen nannte es der scheidende Telekom-Chef René Obermann gegenüber dem Handelsblatt “fahrlässig”, dass EU-Kommission und Bundesregierung so wenig tun, um die Abhöraffäre aufzuklären und die Konsequenzen für mehr Sicherheit im Netzverkehr zu ziehen. Es sei Sache der Politik und nicht der Wirtschaft, die Einhaltung der notwendigen Sicherheitsstandards gegenüber den Vereinigten Staaten einzufordern. Das sehen die “Großen Acht” jetzt leicht anders. Sie sehen zwar auch die Politik in der Pflicht. Die Aufgabe der Wirtschaft aber muss es sein, für ihre Interessen einzustehen. Das haben die Acht jetzt gemacht. Ihr Motto: Es kracht, wenn ihr uns Acht weiter überwacht.
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So schwierig scheint es nicht zu sein, diese Acht zu überwachen, zumindest nicht für die NSA. Woraus man unschwer ableiten kann, dass staatliche Gewalt schon sehr weitreichend sein kann und gewöhnlich auch ist. Lassen wir die paar zahnlosen Ausnahmen mal weg.
Die ganze Welt war Zeuge, als die Gesetze, die heute Stein des Anstoßes sind, erlassen worden sind, allen voran der leidige "Patriot Act". Klar, die ganze Welt hat das auch nur mäßig interessiert. Man hat zwar gehört dass da schon harte Dinge drin stehen, aber wen stört es, ist ja nur für die Ami's.
Heute tut man verwundert, wenn Industrie-Giganten auf den Knien rutschen und weichgespülten Unsinn ablassen, so wie im Bericht zitiert. Machen wir uns nichts vor, hätte ich geplant, in den nächsten Jahren nach USA zu reisen, würde ich mich vielleicht auch bei den Knierutschern und Weichspülern einreihen, stehen doch auf der anderen Seite tolle Aussichten an.
Jedermann weiß, wie wenig Spaß das Land der unbegrenzten Kriegslüge versteht, auf Landesverrat. Dem wird man direkt bezichtigt, wenn man sich im obigen Sinne fehlverhält. Aber dieses Land hat noch andere Überraschungen parat: Guantanamo zum Beispiel. Wer hat bei diesen Aussichten vor den Helden zu spielen? Er möge einen Schritt vorgehen. Ach, alle einen Schritt zurück, haha!
Nun, wir werden unsere Cloud-Systeme nutzen und mit anderen Unternehmen teilen (ja, wir verkaufen diese Produkte auch). Schon früh haben wir gelernt, dass schon die amerikanische Cloud für den Europäer unzumutbar ist, da wurde keine Enthüllung gebraucht. Wir verwenden Cloud-Produkte von Deutschen und Schweizer Herstellern, die fürchten den "Onkel Barack" nicht, weshalb auch, sind frei von NSA (und MAD) und funktionieren wie immer, "Made in Germany/Switzerland"!
Dass die Kanzlerin gelegentlich "äußerst verstimmt" ist wird die Ami's ähnlich interessieren wie wenn die alte Queen mal wieder "not amused" ist.
Herzlichst, der PMa