Eine der vielen Wundergeschichten rund um Software-as-a-Service (SaaS)-ERP-Systeme geht so: Abonnieren, einloggen und benutzen; und im Hintergrund wird das System permanent weiterentwickelt, so daß ständig die neuesten Features bereitstehen, ohne daß man sich um zeitraubende Upgrades oder ähnliches kümmern muß.
Zu schön, um wahr zu sein? In der Tat. Im Unterschied zu einfachen Anwendungen wie E-Mail oder auch Textverarbeitung sind Fehlfunktionen in ERP-Systemen erstens schwerer zu entdecken und können zweitens einen größeren Schaden anrichten. Das Entdecken ist im Falle eines SaaS-Systems noch weitaus schwieriger: Bei einem im Hause betriebenen (oder dediziert gehosteten) System haben die Verantwortlichen üblicherweise eine klare Vorstellungen davon, was wann an dem System geändert wird. Tests können entsprechend gezielt vorbereitet und durchgeführt werden.
Bei einem SaaS-System dagegen werden die Änderungen vom Anbieter eingepflegt, und bei “Multi-Tenant-Systemen” kommen auf einen Schlag viele Anwender in den Genuß der Änderungen. Naturgemäß sind in einem Update eine Menge Änderungen enthalten, die für das einzelne Unternehmen nicht relevant sind, aber trotzdem eventuell Auswirkungen haben. Ohne die volle Kontrolle darüber, was wie geändert wurde, müßte man eigentlich das gesamte System (oder zumindest alle geschäftskritischen Bereiche) bei jedem Update komplett durchtesten. Im Rahmen größerer Upgrade-Projekte, die nur alle paar Jahre durchgeführt werden, ist das schon schwierig genug; aber wie soll man den Aufwand bei mehrfach pro Jahr vorgenommenen Updates stemmen? Die Anbieter selbst testen natürlich auch; aber vor Vertragsabschluß und während des laufenden Betriebs sollten sich die Anwender fortlaufend über die durchgeführten Tests informieren lassen.
Es mag noch so schwierig sein, aber es führt kein Weg daran vorbei: Jedes Anwenderunternehmen sollte einen möglichst vollständigen Satz von Testdaten und automatisch durchführbaren Testroutinen vorrätig haben, die bei Bedarf auf einem von vielen Anbietern zur Verfügung gestellten Testsystem ausgeführt und überprüft werden müssen. Um diese Tests aktuell und korrekt zu halten, muß man die Informationen über alle vorgenommenen Änderungen sehr sorgfältig durcharbeiten, auch wenn man selbst gar keinen Nutzen von einzelnen Anpassungen hat. Dieser Aufwand ist beträchtlich und hat einen oft vernachlässigten Einfluß auf die Kosten- und Wirtschaftlichkeitsrechnung eines SaaS-ERP-Systems.
Andernfalls ist man komplett auf die Qualitätssicherung des Anbieters angewiesen. Wer schon einmal mit einem ernsten Software-Fehler (vulgo: “Bug”) gekämpft hat, wird sich zweimal überlegen, ob das tatsächlich eine brillante Idee ist.
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