Wenn unsere Gesellschaft ein Patient wäre und wir der Psychiater, dann müssten wir eine manisch-depressive Störung diagnostizieren. Auf der einen Seite reden wir euphorisch über die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung. Wir malen uns in den schönsten Farben aus, wie jeder Mensch per Smartphone nicht nur seinen Kühlschrank füllt, sondern auch mittels 3D-Drucker das Ersatzteil für die Kaffeemaschine selbst baut. Wenn wir auf der anderen Seite nach der Sicherheit in dieser schönen, neuen digitalen Welt gefragt werden, verfallen wir in einen gefährlichen Fatalismus mit Zügen von Paranoia und schieben das Argument vor: Die Bedrohung ist so groß, da lohnt es sich nicht, überhaupt etwas zu tun.
Ende 2014 hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland veröffentlicht. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass durch die Snowden-Affäre zwar die Sensibilität für IT-Sicherheit gestiegen ist, dass dies aber im subjektiven Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber einer scheinbar übermächtigen Bedrohung resultiert. Unterstützt wird diese Aussage durch eine andere Studie (Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet), die bereits während der heißen Phase der Snowden-Enthüllungen feststellte, dass sich das Sicherheitsgefühl der Deutschen im Internet signifikant verschlechtert hat. Das BSI nennt dieses Phänomen die “digitale Sorglosigkeit”. Das bedeutet, wir wissen um die Gefahren, ziehen aber keine Konsequenzen. Dabei, so betonen die Autoren des BSI-Lageberichtes 2014, können 95 Prozent der Cyberangriffe mit Standardsicherheitsmaßnahmen abgewehrt werden.
Offensichtlich kommt uns das Vertrauen in die digitale Technik abhanden und damit geraten wir in eine schwierige Abwärtsspirale: Wer nicht an den Erfolg von IT-Sicherheitsmaßnahmen glaubt, setzt die notwendigen Maßnahmen nicht um. Doch ohne Sicherheitsmaßnahmen öffnen wir die Einfallstore für Cyber-Kriminelle. Wenn dann ein Angriff erfolgt, fühlen wir uns in unserer Hilflosigkeit bestätigt.
In dieselbe Richtung zieht auch eine Studie zu Cybersecurity in deutschen Unternehmen der Analysten von Pierre Audoin Consultants (PAC) aus dem Jahr 2014: Zwar wird auch in den Leitungsgremien der deutschen Wirtschaft das Thema IT-Sicherheit diskutiert, allerdings gaben die Befragten an, dass die Budgets zur Verbesserung der Sicherheit der IT-Architektur nicht steigen werden.
Vor einigen Jahren wies Bundesbankpräsident Jens Weidmann in einem interessanten Vortrag eindrucksvoll darauf hin, dass der Erfolg der Idee des Geldes vom Vertrauen der Nutzer abhängig ist. Und er betonte gleichzeitig, dass es von Beginn an Missbrauch an dem Konzept gab: In China wurde nicht nur das Papiergeld erfunden, sondern auch die zugehörige Entwertung, indem immer mehr neue Scheine gedruckt wurden, ohne die alten aus dem Verkehr zu ziehen.
Hieraus kann man eine gute und eine schlechte Nachricht ableiten. Die schlechte Nachricht: Konzepte, die auf Vertrauen basieren, werden über kurz oder lang missbraucht. Die gute Nachricht dagegen lautet: Verloren gegangenes Vertrauen kann wieder gewonnen werden, denn schließlich hat sich das Papiergeld trotz wiederkehrender Krisen in unserer Gesellschaft als Zahlungsmittel durchgesetzt.
Vertrauen ist eine DER Voraussetzungen für die Digitalisierung der Wirtschaft und der Gesellschaft. Zu diesem Ergebnis kommt die “Scientific Community”, das interne Netzwerk von Atos Technologie- Experten und -Visionären, in ihrem aktuellen Trendbericht “Journey 2018“. Wenn es nicht gelingt, Vertrauen in die technischen Abläufe herzustellen, dann werden die Bürger die “digitale Gesellschaft” ablehnen und wir werden wirtschaftlich nicht von den Möglichkeiten der digitalen Revolution profitieren. Um dieses Vertrauen herzustellen, muss besonders im Umgang mit den persönlichen Daten transparente Sicherheit ein integraler Teil der digitalen Angebote sein.
Der Atos Bericht nennt “Green Button” als positives Beispiel: Diese US-amerikanische Industrie-Initiative beliefert mittlerweile 60 Millionen Haushalte und Unternehmen mit sicheren und geschützten Daten über ihr Energieverhalten – der sichere Umgang mit den Daten und der Schutz der Privatsphäre der Nutzer ist hierbei das zentrale Verkaufsargument. Ausgehend von diesem Erfolg bieten nun immer mehr Unternehmen Services auf Basis der Green Button-Daten.
Es ist also möglich, das Vertrauen in die Sicherheit in der digitalen Gesellschaft aufzubauen – das gilt sowohl für die Sicherheit der Daten als auch für den Schutz privater Informationen. Allerdings nur, wenn einerseits die Nutzer – sowohl im Privat- als auch im Berufsleben – ihren Fatalismus in Bezug auf die Bedrohung und möglichen Missbrauch ablegen. Andererseits müssen die Anbieter neuer digitaler Services die Sicherheit und den Datenschutz zu integralen Bestandteilen ihrer Produkte machen. Dann steht einer “gesunden” Einschätzung der Chancen und Risiken der Digitalisierung nichts mehr im Wege.
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