Windows 8 könnte ein Erfolg werden, wenn…

Aktuell nutzen viele Unternehmen immer noch Windows XP als primäre Plattform. Der Grund hierfür ist einfach zu erklären. Es gab in vielen Fällen bislang schlichtweg keine Notwendigkeit für ein Update. Windows XP hat sich in der Vergangenheit als stabile und robuste Plattform einen Namen gemacht. Im privaten Bereich hat Windows XP aktuell immer noch viele Freunde. Zum einen läuft es auch auf älteren Rechnern einigermaßen schnell und stabil. Zum anderen setzen viele ältere Spiele Windows XP als Plattform voraus. In den Unternehmen sieht es ähnlich aus. Fast alle Geschäftsanwendungen laufen unter Windows XP problemlos. Speziell sehr systemnah programmierte Werkzeuge setzten sogar Windows XP als Plattform voraus – ähnlich wie bei den Spielen im privaten Bereich.

Mittlerweile hat sich jedoch die Situation geändert. Mit dem Erscheinen von Windows 7 hat das Thema “Wechsel des Windows-Betriebssystems” eine ganz neue Dynamik erhalten. Windows XP ist in die Jahre gekommen und mit Windows 7 hat sich eine Alternative angeboten, die durchweg als Verbesserung angesehen werden kann. Die Bedienlogik von Windows 7 lehnt sich stark an Windows XP an. Damit müssen die Anwender nach einem Umstieg nicht groß umlernen. Zudem läuft das System schnell und stabil und nervt den Nutzer nicht mit unnötigen Meldungen, wie man es noch vom Vista Desaster her kennt. Microsoft hat viel getan, um den Umstieg auf Windows 7 so einfach wie möglich zu gestalten. Viele der Kompatibilitätsprobleme, die bei Vista u. a. dazu geführt hatten, dass viele Unternehmen einen Wechsel nicht in Betracht gezogen hatten, gibt es in dieser Form nicht mehr.

Seit einiger Zeit läuft daher eine Umstellung in den Firmen auf Windows 7, die in 2012 noch mehr Fahrt aufnehmen wird. Meine Prognose ist, dass in 2013 die meisten Unternehmen den Umstieg auf Windows 7 vollzogen haben werden. Jetzt kommt Microsoft aber bald schon wieder mit einem neuen Update daher. Windows 8. Auf den ersten Blick sieht es nach der gleichen Situation aus, vor der Microsoft schon im Office-Bereich gestanden hatte. Der Umstieg von Office 2007 auf 2010. Dies zu verkaufen hat sich Microsoft lange schwer getan. Auch heute haben viele Firmen immer noch die Versionen 2007 bzw. 2003 im Einsatz. Der Grund ist hierfür der gleiche wie bei Windows XP. Gibt es keine technologischen oder wirtschaftlichen Gründe, bleibt man bei dem was funktioniert und die aktuellen Bedürfnisse befriedigt.

Microsoft steht nun vor der Herausforderung in Verbindung mit Windows 8 einen wirtschaftlichen Mehrwert an die Unternehmen zu verkaufen. Aus meiner Sicht eine durchaus lösbare Aufgabe, wenn bestimmte Faktoren berücksichtigt werden.

Die Umstellung eines Betriebssystems kostet ein Unternehmen immer drei Mal Geld. Zuerst möchte Microsoft Lizenzgebühren erhalten, dann muss die Umstellung auf das neue System durch die IT durchgeführt werden. Dies kostet neben der Dienstleistung für die Umstellung in aller Regel auch zusätzliches Geld für neue Hardware. Sei es für neue Server oder für neue Arbeitsplatzrechner. Zum Schluss müssen die Anwender noch geschult oder zumindest neu eingewiesen werden. Damit wird die Umstellung auf ein neues Betriebssystem ein großes IT-Projekt. Solch ein Wechsel muss genau geplant werden. Andernfalls kann so eine Umstellung zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Betriebsablaufs führen. Dies ist auch mit einer der Gründe, warum sich Unternehmen mit dem Wechsel des Betriebssystems Zeit lassen.

Hier kann Microsoft ansetzen. Es sollte möglich sein, ein Update von Windows 7 auf Windows 8 mit dem gleichen Aufwand durchzuführen, mit dem aktuell Servicepatches eingespielt werden können. Falls dies gelingt, ist eine sehr große Hürde genommen, die die IT-Abteilungen davon abhalten wird, nach der Windows 7 Umstellung kurzfristig erneut einen Betriebssystemwechsel vorzunehmen.

Windows 8 kommt mit der neuen Metro-Oberfläche daher. Primär ist diese Oberfläche für den Betrieb mit Touchscreens ausgelegt. In der nächsten Zeit wird diese Oberfläche – nach meiner Einschätzung – keine oder nur eine sehr geringe Bedeutung an den Arbeitsplätzen in den Büros haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in den Büros die Desktops mit großen Touchscreens ausgestattet werden. Für eine solche Investition fehlt es aktuell noch an Anwendungen, die diese Form der Bedienung erfordern. Zudem sind die ganzen Arbeitsplätze in den Büros nicht auf diese neue Form der Bedienung ausgerichtet. Daher entfällt aus meiner Sicht für Microsoft das Argument der neuen Benutzeroberfläche für Desktop Büro-PCs. Es bleibt noch zu hoffen, dass Windows 8 so konfiguriert werden kann, dass es direkt in die alte Desktopansicht booten kann. Damit wäre nach einer technischen Umstellung keine weitere Benutzerschulung mehr notwendig.

Mit solch einer Umstellung wäre allerdings kein Mehrwert für die Unternehmen geschaffen. Es wäre lediglich ein Technologieupdate ohne weiteren Nutzen. Der Nutzen stellt sich erst ein, wenn man die mobilen Endgeräte mit in die Überlegungen einbezieht. Aktuell ist Microsoft – gelinde gesagt – ein wenig spät dran, wenn es um die Marktpräsenz bei den mobilen Endgeräten geht. Ein Tablet ist immer noch nicht in Sicht. Nokia hat gerade erst angefangen mit Windows Phone 7 den Markt zu betreten. An dieser Stelle sehe ich allerdings die große Chance für Microsoft.

Heute dominiert Apple den Tablet-Markt. Das iPad ist ein einfach zu bedienendes Gerät mit großem Funfaktor. Allerdings hat es entscheidende Nachteile für das Business. Apple hat es in den letzten Jahren nicht verstanden Lösungen für Unternehmen zu produzieren. Die Fokussierung auf den Endanwender hat dazu geführt, dass die IT-Abteilungen mit erheblichem Aufwand eigene Lösungen finden mussten, um die Einbindung in die Infrastruktur und zentrale Verwaltung dieser Geräte zu organisieren. Bis heute gibt es keine befriedigenden Lösungen, um die Anforderungen der Unternehmen für eine zentrale Verwaltung und Steuerung mit Standardsoftware durchzuführen. Des Weiteren macht das geschlossene Ökosystem von Apple das tägliche Arbeiten schwierig. Das fehlende offene Dateisystem bindet heute Dateien an Apps. Ein gravierender Nachteil wie ich finde. Diese Einschränkungen sind aber ein guter Ansatzpunkt für Microsoft.

Mit der Vereinheitlichung der Betriebssysteme über die verschiedenen Devices hinweg auf Windows 8 könnte Microsoft sein Stärken voll ausspielen. Keiner der jetzigen Marktteilnehmer weder Google noch Apple hat aktuell solch eine Technologie verfügbar. Microsoft müsste von Beginn an eine zentrale Verwaltung der mobilen und der stationären Devices auf der Basis des neuen Betriebssystems ermöglichen. Ein einheitliches Betriebssystem für alle Devices würde die Verwaltung der unterschiedlichen Endgeräte sehr vereinfachen. Desktops könnten mit den gleichen Technologien gemanagt werden wie Tablets oder Handys.

Mit Windows 8 wird neue Produktkategorie in den Blickpunkt der Anwender rücken. Hybride Laptops, das werden Laptops sein, deren Display abnehmbar sein wird. Mit der Abnahme des Displays verwandelt sich der vollwertige Laptop dann in ein vollwertiges Tablet. Da Windows 8 – nun mit Metro-Oberfläche – auf dem Gerät weiter läuft, kann dann auch auf alle Arbeitsergebnisse direkt per Tablet zugegriffen werden. Es wird dann keinen Unterschied zwischen dem Dateihandling per Desktop und Tablet geben. Auch die Administration der Devices wird aus Sicht der IT stark vereinfacht, da zwischen Laptop und Tablet nicht mehr unterschieden werden muss. So hat z. B. Asus mit dem Eee Pad Transformer TF101 bereits ein solches Gerät für Android auf den Markt gebracht. Allerdings dient die Tastatur in diesem Falle nur zur Erleichterung der Eingabe, da es bei Android kein eigenes Desktopbetriebssystem gibt.

Des Weiteren könnte Microsoft seine Dominanz im Office-Bereich ausspielen. Es könnte endlich eine Umgebung geschaffen werden, die es erlaubt mit Office so auf einem Tablet zu arbeiten, wie man es sich immer vorgestellt hat. Apple hat das bis heute nicht hinbekommen. Zumal Keynote & Co. nur eine untergeordnete Rolle im Business spielen. Auch Google hat bislang keine businesstaugliche Office-Integration auf Android realisiert.

Die tiefe Office-Integration schließt auch das Handy mit ein. Microsoft hat bereits seit längerem eine gute mobile Anbindung an den Exchange und Sharepoint realisiert. Die intelligente Verknüpfung mit Microsoft-Office auf den mobilen Endgeräten wäre ein echtes Killer Feature. Gute Ansätze zeigt bereits die aktuelle Version von Windows Phone 7.

Allerdings hat Microsoft noch einiges an Arbeit zu leisten. Vor ein paar Tagen hatte ich zum ersten Mal ein Lumia 800 in den Händen. Als langjähriger Nutzer eines iPhones wollte ich mich mit der Antwort von Microsoft auf die Apple-Revolution vertraut machen. Leider muss ich gestehen, dass mich das neue Betriebssystem weder technisch noch emotional angesprochen hat. Es macht auf mich einen unübersichtlichen Eindruck. Die Bedienung sieht für mich recht hakelig aus. Die Vielfalt der Bedienelemente verwirrt mich. Irgendwie fühle ich mich mit dem System nicht wohl. Wenn ich mir die aktuelle Nachfrage nach Windows Phones ansehe, scheine ich mit dieser Einschätzung nicht alleine zu stehen. Ich kenne zurzeit niemanden, der ein Telefon mit Microsofts neuem Betriebssystem einsetzt, auch wenn das System technisch aktuell zu sein scheint.

Damit kommen wir wieder zum Anfang. Der Schlüssel zum Erfolg von Windows 8 liegt in den mobilen Endgeräten. Sollte es Microsoft nicht gelingen das neue System einfach und sexy zu gestalten, könnte es den gleichen Weg gehen wie die Systeme von HP und RIM. Den in die Bedeutungslosigkeit. Aus Sicht des IT-Managements kann ich mir nur wünschen, dass Microsoft eine glückliche Hand bei der Entwicklung von Windows 8 hat und die notwendigen Verbesserungen durchführt.

…denn Windows 8 könnte ein Erfolg werden!

Silicon-Redaktion

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