IBM patzt: Commerzbank-Outsourcing geplatzt
Der Bank-Vorstand traut den versprochenen Einsparungen offenbar nicht über den Weg. Dem Beispiel der Deutschen Bank ist nicht so einfach zu folgen.
Nur einen Tag nach verstärkten Berichten über IBMs zweiten großen Outsourcing-Deal in der deutschen Finanzwirtschaft ist das Geschäft offenbar geplatzt: Die Commerzbank wird ihre IT nicht an Big Blue auslagern, berichten jetzt verschiedene Finanzmagazine und berufen sich dabei auf Informationen aus Bankenkreisen
Der Vorstand lehne es ab, den fertigen Vertrag zu unterzeichnen, schreibt das Manager Magazin. Dabei war sogar schon ein entsprechender Antrag beim Bundeskartellamt gestellt worden. Ein Commerzbank-Sprecher konnte nur Auskunft darüber geben, dass man weiterhin mit IBM zusammenarbeiten wolle. Über handfeste Gründe für ein Scheitern der Verhandlungen über ein Outsourcing gibt es bislang nichts zu berichten.
Zum einen könnten die Kosten einer Umstrukturierung ausschlaggebend gewesen sein. Zwar rechnen die Outsourcing-Dienstleister nimmermüde vor, welche Summen sich durch eine Auslagerung einsparen lassen. Bis es so weit ist, sind allerdings auch gewaltige Investitionen notwendig. Seit Anfang des Jahres betreibt IBM einzelne Teile der IT der Deutschen Bank, des größten europäischen Bankhauses. Allein mit der Auslagerung des kontinentaleuropäischen Rechenzentrums will Technik-Vorstand Hermann-Josef Lamberti jedes Jahr Kosten in Höhe von “mindestens 100 Millionen Euro” einsparen.
Jetzt will der CTO noch einen Schritt weiter gehen. Die Konzentration auf nur noch drei Dienstleister weltweit für Sprach- und Datenkommunikation könne “Synergien in großer zweistelliger Millionenhöhe” bringen, so Lamberti im Gespräch mit der Financial Times Deutschland. In Europa und Nordamerika will der Konzern künftig ausschließlich mit AT&T und der Deutschen Telekom zusammenarbeiten. Über einen dritten Anbieter denke man noch nach, heißt es.
Einer allein habe nicht alle Regionen abdecken können, deshalb sei die geplante Konstellation die kleinstmögliche Gruppe von TK-Dienstleistern für den weltweit tätigen Konzern, heißt es. Bisher musste die Zusammenarbeit mit mehr als 20 Lieferanten weltweit koordiniert werden. Im Zuge dieser Neuordnung will Lamberti auch die Kommunikationsnetze seiner beiden Sparten ‘Investment Banking’ und ‘Privatkunden/Asset Management’ zusammenführen.
Seit Monaten arbeitet die Deutsche Bank auch an einem Konzept, ihren Einkauf auszulagern. Die Abwicklung der Beschaffung mit einem Gesamtumsatz von 7 Milliarden Euro im Jahr gilt als besonders großer Kostentreiber. Accenture ist hier im Gespräch und stellt einen “niedrigen dreistelligen Millionenbetrag” als Einsparpotenzial in Aussicht.
Den Befürchtungen, die Deutsche Bank werde ihre gesamte IT über einen Kamm scheren und ohne nähere Betrachtung außer Haus geben, versucht Lamberti weiterhin entgegenzuwirken. Neben Outsourcing müsse man immer auch über Insourcing sprechen. Einzelne Dienstleistungen betreibt der Bankenriese nicht nur dauerhaft weiter sondern bietet sie inzwischen auch der Konkurrenz an.
Sollte es mit der Commerzbank tatsächlich nichts werden, kann sich IBM aber nicht nur mit dem Referenzkunden Deutsche Bank trösten. Nach dem Chemie-Riesen Procter & Gamble hat Big Blue jetzt auch den Reifenhersteller Michelin als Outsourcing-Partner gewonnen, heißt es in französischen Tageszeitungen. Die gesamte IT mit ihren 500 Mitarbeitern in Europa und Nordamerika werde in Zukunft von IBM betrieben.