EU-Kommission nimmt neuen Anlauf bei Softwarepatenten
Der EU-Binnenmarktskommissar Charly McCreevy startet eine Initiative, die möglicherweise doch noch zu einheitlichen Patenten für computergebundene Erfindungen führen könnte.
Der EU-Binnenmarktskommissar Charly McCreevy startet eine Initiative, die möglicherweise doch noch zu einheitlichen Patenten für computergebundene Erfindungen führen könnte. Wie die britische Financial Times berichtet, gehe es ihm dabei um ein so genanntes Gemeinschaftspatent. Es soll die Bestimmungen EU-weit vereinheitlichen und so die europainterne Verwaltung solcher patente deutlich erleichtern, hofft der Initiator.
McCreevy ist der Ansicht, dass nichts überstürzt werden müsse. Jedoch will er die europäischen Länder in ihrer Beziehung zu anderen Märkten aus der Sackgasse holen, in die sie seiner Ansicht zufolge nach der Ablehnung des einzigen Vorschlags geraten sind. Er führt an, dass in Europa etwa 37.500 bis 57.000 Euro Kosten auf Patentanmelder zukommen, in den USA seien es – laut McCreevy gerade wegen einer einheitlichen Richtlinie – nur 10.000 Dollar, die der Anmelder berechnen müsse. Er will mit dem Papier, das er bereits im Jahr 2000 als Diskussionsgrundlage gestellt hatte, die Gespräche neu entfachen.
Kritiker wie der Deutsche Florian Müller von der Initiative Nosoftwarepatents, sieht die Gefahr, dass so “durch die Hintertür” Softwarepatente verabschiedet werden könnten. Und dass sie dasselbe Manko haben würden, wie die umstrittene Richtlinie, die vergangenes Jahr mit überwältigender Mehrheit abgelehnt wurde. Zurecht, wie Müller sagt.
Er kritisiert auch das Europäische Patentamt (EPA) und seine aktuelle Praxis, einen Mix aus verschiedenen Patenten als einheitliches Patent auszugeben. Er sieht Handlungsbedarf für die Patentgegner, denn es würden Patente auf Software erteilt, wenn lediglich ein “technischer Beitrag” vorliegt. In der Praxis bestehe dieser aus schnelleren Rechenzeiten, effizienter Datenspeicherung, optimiertem Netzwerkverkehr oder neuartigen Wegen, Ein- und Ausgabegeräte zu nutzen. Würde nicht ein “wasserdichter Ausschluss” von Software aus dem Bereich patentierbarer Gegenstände eingesetzt, so fürchtet Müller, dann würden die Richter am Europäischen Gerichtshof oder einem neuen Gemeinschaftspatentgericht “höchstwahrscheinlich der Rechtsbeugung des EPA folgen und Softwarepatente im amerikanischen Stil hierzulande für zulässig erklären”.
Es sei für die Bewegung der Softwarepatentgegner “dringend erforderlich, die neue Debatte über das Gemeinschaftspatent rechtzeitig zu beeinflussen, denn ansonsten könnte es sehr schwer oder gar unmöglich werden, die Lawine noch zu stoppen”. Nach seiner Auffassung ist es ohnehin eine “hohe Hürde”, Forderungen zu stellen, dass eine Regelung über das Gemeinschaftspatent gleichzeitig die Frage der Patenterteilungspraxis des EPA in Angriff nehmen sollte, “denn viele Politiker glauben, dass das Gemeinschaftspatent eine wichtige Maßnahme zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ist, und deshalb wird man sich nicht für eine Alles-oder-Nichts-Situation begeistern, in der es zwei große Probleme auf einen Schlag zu lösen gilt”. Doch, so fügt er hinzu, “eine Definition dessen, was patentierbar ist, wäre nun einmal erforderlich, um Europa wirklich wettbewerbsfähiger zu machen”.