IT-Jobs in der Krise
Vor 14 Tagen erfreuten sich IT-Profis noch blendender Job-Aussichten. Doch wie sieht die Lage jetzt aus, in den größten wirtschaftlichen Turbulenzen nach dem Zweiten Weltkrieg?
Frank-Jürgen Weise, Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), legte am 30. September erfreuliche Zahlen vor. Weise wies 3.081.000 Arbeitslose aus – der niedrigste Stand seit knapp 16 Jahren. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 7,4 Prozent, vor einem Jahr betrug sie noch 8,5 Prozent.
Das ist eine Woche her. Mittlerweile versucht die US-Regierung mit einem 700-Milliarden-Dollar-Programm, die Finanzwirtschaft zu retten. Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte hat eine Regierung für die Spareinlagen der Bürger garantiert. Mit der Hypo Real Estate schrammte ein DAX-Konzern vorläufig an der Pleite vorbei.
Der Kollaps der Finanzwirtschaft hat die Realwirtschaft bereits erreicht. Besonders exportorientierte Unternehmen stellen einen Rückgang der Nachfrage aus den USA, Großbritannien und Spanien fest. Die Verbraucher halten ihr Geld zusammen. Sie kaufen etwa weniger Autos – so dass Opel, Daimler, Ford und BMW bereits die Produktion drosseln. Zudem wird es für die Unternehmen schwieriger, Kredite zu bekommen.
Das alles kann an der IT-Branche nicht spurlos vorbei gehen – gehen doch 20 Prozent des weltweiten IT-Umsatzes nach Angaben des Marktforschers IDC allein auf die Finanzwirtschaft zurück. So hat es auch die IT-Branche erwischt – entgegen früherer Prognosen des Branchenverbandes Bitkom.
Deutlichstes Zeichen dafür ist, dass SAP einen Einstellungsstopp verhängt hat. “Leider konnte sich SAP den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, wie sie seit der zweiten Septemberhälfte die Märkte erfasst, nicht entziehen”, sagte SAP-Chef Henning Kagermann am 7. Oktober. “In den letzten beiden Wochen im September haben wir eine schlagartige Verschlechterung des Marktes erlebt”.
Kunden, die sich überlegt hatten, bei SAP zu bestellen, seien abgesprungen. Der Grund dafür seien Finanzierungsschwierigkeiten, die durch die Kreditkrise entstanden seien. Besonders im Mittelstand sei die negative Entwicklung stark zu spüren, sagte SAP-Co-Chef Leo Apotheker.
Auch von Microsoft hieß es kürzlich, das Unternehmen habe einen Einstellungsstopp verhängt. Redmond dementierte. Man werde jede Einstellung jedoch genau überprüfen, sagte Microsoft-Sprecher Lou Gellos.
SAP verhängt einen Einstellungstopp – wird dieses Beispiel in der deutschen IT-Branche Schule machen? BA-Chef Weise wollte am 30. September noch kein Ende des Job-Booms konstatieren. “Ich gehe davon aus, dass die Arbeitslosigkeit auf dem Niveau von 2008 bleiben, vielleicht sogar sinken wird”, sagte er.
Diese Annahme war bereits am 30. September Makulatur. Denn der deutsche Arbeitsmarkt hinkt der Konjunktur stets hinterher. Da deutsche Arbeitnehmer – international gesehen – durch das Arbeitsrecht gut geschützt sind, sind Unternehmen mit Einstellungen vorsichtig. Der aktuelle Beschäftigungsstand resultiert daher aus Umsatzerwartungen, die zwei bis drei Jahre alt sind.