EU rudert bei Software-Patenten zurück
Im Streit um die Patentierung von Software scheiden sich die Geister. Die Entscheidung des EU-Parlaments hierzu soll die Hauptkritikpunkte aus der Welt schaffen.
Der Vorschlag für die anstehende Entscheidung des EU-Parlaments zu Softwarepatenten und der Patentierbarkeit von Technik überhaupt ist gründlich überarbeitet worden. Dies geschah offenbar unter dem Druck von Mittelstand, Open-Source-Gemeinde und Selbständigen. So ist in der aktuellen Fassung der heftig umstrittene Artikel 3, der Software faktisch dem Patentrecht unterwerfen sollte, ersatzlos gestrichen worden. Dieser Artikel lautete: “Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine computerimplementierte Erfindung als einem Gebiet der Technik zugehörig gilt.” Tätsächlich wäre auch Software somit auf eine Stufe mit allen anderen technischen Erfindungen gestellt und somit patentierbar gemacht worden.
Am Wochenende wurde die geplante Neufassung des umstrittenen “Berichts über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen” auf dem EU-Server veröffentlicht. Quer durch die Neufassung zieht sich eine ganze Reihe von Zusätzen, die bisher in beide Richtungen interpretierbare Passagen eindeutig lesbar machen.
Beim Europäischen Patentamt wurden in den letzten beiden Jahren zahllose Patente auf reine Software-Anwendungen und -lösungen erteilt. Vom Webshop bis zum Fortschrittsbalken wurden Trivialideen, die weltweit weder neu noch einzigartig sind, ebenso mit Patenten ausstaffiert. Das hatte auch unter deutschen Informatikern Diskussionen angeheizt. Hier gehe es um einen Feldzug der Patentanwälte und Großkonzerne gegen Software-Entwickler, lautete eine der Befürchtungen aus der Open-Source-Szene. Innovationen würden verhindert, der Mittelstand erdrosselt, hieß es meist von kleineren Unternehmen.
Die mittelständische Industrie meldete sich in Diskussionsforen zu Wort; sie befürchtete aber mehr Unklarheiten durch das neue Gesetz, und dadurch mehr Konflikte. Der Schutz davor, also die Patentierung, sei nicht weniger teuer und aufwändig. Bis zu 50.000 Euro, so eine der vielen Aussagen zum vorherigen Vorschlag, würde ein Software-Patent der EU bis zur Bewilligung ungefähr kosten dürfen.
Eine weitere Sorge kreiste um die Situation bei Patenrechtsklagen: Die jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen in den USA standen bis dato wie ein Menetekel an der Wand. Die diffizilen und kostenaufwändigen Rivalitäten zwischen Anwaltsstäben im Gerichtssaal sollen dank der Streichung des betreffenden Artikels nun nicht in die EU-Länder Einzug halten.
Eine solche Vergabepraxis, die sich vollständig am US-Vorbild orientierte – bekanntestes Beispiel ist das Amazon-Patent auf ‘One-Click-Webshopping’ – war eigentlicher Anstoß für eine EU-weite Neuregelung. Die Praxis des europäischen Patentamts und geltendes EU-Recht wichen in den letzten Jahren immer deutlicher voneinander ab. Am Dienstagvormittag soll nun der veränderte Bericht der Abgeordneten McCarthy im Plenum diskutiert werden, die Abstimmung ist für Mittwoch angesetzt.