Datenschutz: Pauschalverdacht für alle EU-Bürger?
Die Pläne des britischen Innenministers Charles Clarke, die Überwachung in der EU weiter auszubauen, stießen in einer EU-Parlamentsdebatte auf breiten Widerstand.
Die Pläne des britischen Innenministers Charles Clarke, die Überwachung in der europäischen Gemeinschaft weiter auszubauen, stießen in einer EU-Parlamentsdebatte auf breiten Widerstand. Er fordert die Speicherung aller Telefon- und Internetdaten, Ausweise und Visa mit biometrischen Sicherheitsmerkmalen, den verbesserten internationalen Austausch von Flugpassagierdaten sowie den Ausbau des europaweiten Informationssystems.
Aus Deutschland kommt von Industrie und Datenschutz lautester Protest dagegen. Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, warnt ausdrücklich vor einer Ausdehnung der Speicherung von Verkehrsdaten bei Telefon und Internet. Dies hätte zur Folge, dass Millionen von Datensätzen völlig unschuldiger und unverdächtiger Nutzer von TK-Diensten (Telekommunikation) quasi “auf Vorrat” überwacht würden. Höchst sensible und vom Fernmeldegeheimnis des Grundgesetzes geschützte Daten sieht er dadurch in Gefahr und wirft den Initiatoren mangelnde Verhältnismäßigkeit vor. Schaar hält es darüber hinaus nicht für hinnehmbar, dass eine Entscheidung, die so tief in die Grundrechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger eingreift, allein durch den Ministerrat getroffen wird.
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) sieht hingegen vor allem die finanziellen Aspekte, die dann auf Unternehmen wie Internet-Provider und TK-Gesellschaften zukommen können. Die Firmen müssten die technischen Voraussetzungen für die Erhebung dieser Informationen erst schaffen. Die Kosten für die deutsche Branche schätzt der Bitkom auf weit mehr als 200 Millionen Euro allein im ersten Jahr. Deshalb lehnt der Verband den Vorstoß von Frankreich, Großbritannien, Irland und Schweden kategorisch ab.
Polizei und Geheimdienste müssten sich einen klaren Überblick verschaffen können, begründet dagegen der Minister die Position des EU-Rates. Bürger- und Menschenrechte müssten im Zweifelsfall dabei zurückstehen. Zudem seien die Erfolge der Strafverfolger derzeit sehr stark davon abhängig, in welchem Land sich der Gesuchte aufhalte. Denn einige Mitgliedsländer würden bereits TK-Daten speichern, andere löschen diese Informationen sofort.
Parlamentarier aller Couleur kritisieren vor allem die Pläne, alle Standort- und Verbindungsdaten sowie jede Mail und SMS bis zu zwei Jahren zu speichern. Zunächst müsste bewiesen werden, dass solche Maßnahmen erforderlich seien. Daneben meldeten sich auch Stimmen, die in der massenhaften Speicherung wenig Sinn sehen, denn Terroristen würden dann auf andere Kommunikationsstrategien ausweichen. Einige Parlamentarier wehren sich dagegen, die Bevölkerung unter Pauschalverdacht zu stellen.
Der EU-Kommissar für Freiheit, Sicherheit und Justiz , Franco Frattini, will in seinem für den 21. September geplanten Vorschlag zur Speicherung von TK-Daten festhalten, dass nur Informationen zu betroffenen Personen gespeichert werden sollen.