Karlsruhe kippt Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung
Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen das Grundgesetz, entschieden die Richter am Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe. In dem Urteil heißt es, dass die Vorratsdatenspeicherungs-Regeln des deutschen Telekommunikationsgesetzes in der jetzigen Fassung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Jetzt muss die Bundesregierung nachbessern.
Damit verstoße die Datensammlung des Staates gegen das Telekommunikationsgeheimnis. Der Gesetzgeber müsse ein neues Gesetz verabschieden und die bisher gesammelten Daten seien nun “unverzüglich zu löschen”, sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier. Bei dem Gesetz sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus Sicht der Verfassungsrichter nicht gewahrt, begründete der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts seine Entscheidung. Zudem mangele es an einer Sicherheit der gespeicherten Daten und es gebe keine konkreten Angaben, wofür die Daten gebraucht werden sollen.
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier.
Foto: Bundesverfassungsgericht
Ferner kritisierten die Richter eine mangelnde Transparenz des Gesetzes. Die Richter erklärten die Vorratsdatenspeicherung als einen “besonders schweren Eingriff in das Fernmeldegeheimnis”. Die bisherige Speicherung der Verbindungsdaten ermöglichte inhaltliche Rückschlüsse “bis in die Intimsphäre” eines jeden Bürgers. Adressaten, Daten, Uhrzeit und Ort von Telefongesprächen erlauben, wenn sie über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, in ihrer Kombination detaillierte Aussagen zu gesellschaftlichen oder politischen Zugehörigkeiten sowie persönlichen Vorlieben, Neigungen und Schwächen, so die Beurteilung der Richter.
Die Beschwerdeführer sehen durch die Vorratsdatenspeicherung vor allem das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Sie halten die anlasslose Speicherung aller Telekommunikationsverbindungen für unverhältnismäßig. Insbesondere machen sie geltend, dass sich aus den gespeicherten Daten Persönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellen ließen.
Die Karlsruher Richter erklärten jedoch die Vorratsdatenspeicherung unter bestimmten Umständen weiterhin für zulässig. Und zwar dann, wenn eine Reihe konkreter Vorgaben zur Verwendung der Daten, zu ihrer Sicherheit bei der Speicherung sowie zur Transparenz bei ihrer Verwendung erfüllt werden. Die Richter stellten in ihrem Urteil nicht die Zulässigkeit der EU-Richtlinie in Frage, die Grundlage für das Gesetz in Deutschland ist. Laut Urteil sind die Telekommunikationsdaten “für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung” und sollen auch weiterhin die Möglichkeit bieten Straftätern durch die Aufzeichnung von Daten auf die Schliche zu kommen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes spricht den rund 35.000 Bürgern aus dem Herzen, die im umfangreichsten Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts gegen das seit 2008 geltende Gesetz Beschwerde eingelegt hatten. Doch einigen Klägern wird die Entscheidung womöglich nicht weit genug gehen – viele hatten gehofft, dass das Gericht die Speicherung an sich für verfassungswidrig erklären würde. Das ist allerdings nicht geschehen.