Horst Köhler unterzeichnet Internetzensurgesetz
Bundespräsident Horst Köhler hat am Mittwoch das “Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen” unterzeichnet. Es bestanden keine “durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken”, die ihn an einer Ausfertigung gehindert hätten, heißt es in der Pressemitteilung des Bundespräsidialamtes.
Der Bundespräsident gehe davon aus, dass die Bundesregierung entsprechend ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2010 nunmehr auf der Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes Kinderpornografie im Internet effektiv und nachhaltig bekämpfe. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte sich auf Druck der FDP und vor dem Hintergrund des Erfolgs der Piratenpartei bei der Bundestagswahl darauf geeinigt, das erst kurz zuvor von der großen Koalition beschlossene Gesetz für ein Jahr auszusetzen.
Dieses Vorgehen ist grundsätzlich nicht zulässig. Die Bundesregierung kann als Exekutivgewalt nicht gegen den Wortlaut eines Gesetzes handeln. Möglich ist lediglich der Erlass einer sogenannten Durchführungsbestimmung auf dem Wege eines Verwaltungsaktes. Die Durchführungsbestimmung muss sich an den vom jeweiligen Gesetz vorgegeben Rahmen halten. Nachdem der Bundespräsident das Gesetz unterschrieben hat, ist der einzig juristisch saubere Weg zur Abschaffung der nunmehr ungewollten Regelung der Beschluss eines Aufhebungsgesetzes. Die Oppositionsparteien SPD, Bündnis90/Grüne und Linkspartei werden ihre Anträge für ein Aufhebungsgesetz am 25. Februar in den Bundestag einbringen.
Ein umstrittenes Gesetz soll Kinderpornografie im Internet verhindern. Doch das glauben nur wenige. Vielmehr sehen Kritiker eine Zensur durch den Staat. Presseberichten zufolge fürchtet die Unionsfraktion einen Gesichtsverlust und will den Anträgen nicht zustimmen. Sollten sich die Parteien nicht auf die Modalitäten einer Aufhebung einigen können, träte in Kürze ein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz in Kraft, das darüber hinaus von der Mehrheit der Abgeordneten nicht mehr gewünscht ist. Die SPD, die dem Gesetz im Juni 2009 zugestimmt hatte, gehört nun zu den Gegnern des Internetzensurgesetzes.
Noch vor der nächsten Bundestagssitzung findet am kommenden Montag die vorgeschriebene Sitzung des Petitionsausschusses statt, bei der Franziska Heine als Initiatorin der Petition gegen das Internetzensurgesetz Gelegenheit zu einer Stellungnahme bekommt. Die Petition war mit über 134.000 Unterschriften die erfolgreichste Petition in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.