Erster Kontakt mit HTCs Tablet Flyer
Im Mai wird das HTC Flyer mit einer kompromisslosen Verarbeitung und einem Touch-Display mit überzeugender Stifteingabe in die Läden kommen. Auch wenn vieles für Flyer, spricht muss man dennoch auf Dual-Core und Android 3.0 verzichten.
Aufällig am HTC Flyer ist die Möglicheit mit einem Stylus handschriftliche Aufzeichnungen einzugeben. Über das von HTC entwickelte Sense-Interface funktioniert das wie auf kaum einem anderen Tablet.
Der Flyer wird erst im in den nächsten Wochen zu kaufen sein. Doch in die Nachbarredaktion von Cnet.de hat sich bereits ein erster Prototyp verirrt und hier für Begeisterung gesorgt. Der aus einem Alublock gefräste eloxierte Unibody braucht den Vergleich mit dem iPad nicht zu scheuen.
Die Vorderseite dominiert das 7 Zoll große LC-Display. Das entspricht dem Formfaktor des im letzten Jahr vorgestellten Samsung-Tablets Galaxy Tab, das ebenfalls mit Android in der Smartphone-Version ausgestattet ist. Im Vergleich zum 10-Zoll-iPad ist die tatsächliche Fläche der Anzeige übrigens in etwa halb so groß. Damit passt das Flyer noch problemlos in die Innentasche von Sakko oder Weste und ist damit deutlich portabler. Außerdem kann man es so gut mit einer Hand halten.
Allerdings ist das Gewicht durchaus mächtig. Das Flyer bringt circa 420 Gramm auf die Waage – was im Vergleich zum doppelt so großen iPad 2 mit seinen gut 600 Gramm sehr viel zu sein scheint. In der Praxis wird uns aber dennoch auch bei längeren Surf- oder Spielesessions nicht der Arm lahm. Außerdem können wir das Tablet ja beim Sitzen oder Liegen problemlos abstützen.
Unterhalb der Anzeige hat HTC mittig drei weiß beleuchtete Soft-Touch-Tasten untergebracht – Home, Menü und Zurück. Rechts davon leuchtet noch ein rotes Stift-Symbol, das sich aber nicht mit dem Finger, sondern nur mit dem im Lieferumfang enthaltetenen Stylus bedienen lässt.
Das Vollalu-Gehäuse zieht sich derweil einmal komplett rund um die Scheibe aus echtem Glas. Fast zumindest, denn auf der Oberseite kommt weißer Kunststoff zum Vorschein. Dafür stehen sowohl Plastik als auch Metall an den Kanten minimal über, was in der Praxis einen hervorragenden Schutz vor Kratzern bedeuten dürfte, wenn man das Gerät mit dem Display nach unten auf den Tisch legt.
Ganz oben hat der Hersteller – im weißen Kunststoff – den Ein-Aus-Lock-Taster auf der rechten Seite untergebracht, direkt daneben gibt es eine 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse zum Anschluss von Standard-Kopfhörern. Auf der rechten Seite des Tablets findet sich ein silberner Wipptaster zur Regelung der Lautstärke.
Auf der Unterseite setzt HTC auf Kunststoff. Hier ist auch eine viereckige Buchse mit Einbuchtung angebracht. Die Schnittstelle ist aber auch wenn sie nicht so aussieht ein Micro-USB-Slot.
Das 7 Zoll große LC-Display löst mit 1024 mal 600 Pixeln genauso hoch auf wie das des Galaxy Tab. Die Auflösung ist damit etwas geringer als die des iPads (1024 mal 768 Pixel), aufgrund der deutlich kleineren Bilddiagonale gibt es hier aber mehr Bildpunkte pro Quadratzentimeter – und das sorgt für eine schärfere Darstellung. Damit braucht sich das Flyer jedenfalls nicht hinter Apple zu verstecken.
Für die Kommunikation mit der Außenwelt stehen zwei unterschiedliche Ausführungen zur Auswahl. Die günstigere Version des HTCs wird knappe 500 Euro kosten und kommuniziert nur via WLAN, während die teurere Ausführung für knapp 700 Euro auch via Quad-Band-GSM und HSPA funkt. Außerdem an Bord sind Bluetooth 2.1 und GPS.
Auch die Speicherausstattung der beiden Modelle unterscheidet sich. Das WLAN-Modell hat 16 GByte internen Speicher, während das UMTS-Modell mit 32 GByte ausgestattet ist. Uns lag ein Prototyp der UMTS-Ausführung vor. Dabei hatte die Partition für Nutzerdaten knapp 26 GByte, die für Fotos, Videos, Dokumente, Musik & Co. zur Verfügung stehen. Eine weitere Partition ist Android-typisch für das Betriebssystem und die Apps vorgesehen – sie ist in unserem Fall 2 GByte groß. Allerdings sind diese Daten vermutlich noch nicht final.
Interessant ist die Ausstattung im Inneren des Tablets vor allem im Vergleich zu den konkurrierenden Androiden. Während Samsung, LG, Motorola & Co. allesamt auf den Dual-Core-Prozessor Tegra 2 von Nvidia setzen, verbaut HTC “nur” einen Qualcomm-Snapdragon-Chip der zweiten Generation. Er verfügt über einen Rechenkern, seine Taktfrequenz ist allerdings mit 1,5 GHz deutlich höher als die des Tegra (1,0 GHz). Dem Chip steht 1 GByte RAM zur Seite. Der Flyer ist reaktionsschnell und ermöglicht flüssiges Arbeiten. In verschiedenen Benchmarks erreicht das neue HTC-Tablet jedoch nur Wertungen im Mittelfeld.
Für eine finale Bewertung der Akkulaufzeit ist es noch zu früh. Der Energiespeicher nimmt mit einer Kapazität von 4000 mAh knapp dreimal mehr Energie auf als die meisten aktuellen Smartphones, doch die zusätzliche Reserve wird vor allem durch das größere Display schnell aufgefressen. Im Praxistest überstand der Akku des Flyer jedoch einen guten Arbeitstag.
Stift
Interessant ist auch der “magische Stift”, den HTC dem Flyer beilegt. Er ist ebenfalls aus eloxiertem Aluminium gefertigt und in unserem Fall schwarz, zur Markteinführung wird er aber wohl im gleichen Silber-Look daherkommen wie das Tablet selbst. Er hat ein angenehmes Gewicht, das primär durch die AAA-Batterie im Inneren bedingt wird. Vorne hat er eine Mine aus Kunststoff, die uns stark an die alten Stylus-Konstruktionen früherer Windows-Mobile-Handys mit resistivem Touchscreen erinnert.
Hinter der Spitze der Kunststoff-Mine sitzt ein kleiner Taster, der beim Aufdrücken des Stifts auf den Touchscreen aktiviert wird. Außerdem hat der Schreiber noch zwei weitere Knöpfe vorzuweisen: Wer den unteren gedrückt hält, nutzt den Stylus als Textmarker. Und beim Druck auf die obere Taste wird aus dem Stift ein Radiergummi.
Aber was macht man denn nun mit dem Stift? Zu allererst: Für Nutzereingaben eignet er sich nicht. Man kann mit ihm also weder die Tasten der virtuellen Tastatur betätigen noch ihn im Browser unten aufsetzen und nach oben schieben, um zu scrollen. Man kann keine Einstellungen festlegen und keine Apps starten. Klingt komisch, ist aber eigentlich ganz gut – denn das ist den Fingern vorbehalten. Wer den Stift an einer beliebigen Stelle auf das Display aufsetzt, sieht sofort, wie sich eine Applikation namens Kritzeln öffnet.
Sie fertigt einen Screenshot vom aktuellen Display-Inhalt an und ermöglicht es sofort, Kommentare, Zeichnungen, Diagramme & Co. frei Hand einzuzeichnen. Das klappt einfach bei allem – also bei Spielen, dem Webbrowser, dem Einstellungs-Dialog oder dem Homescreen. Und es ist etwa dann praktisch, wenn man etwas kommentieren und weiterleiten möchte. Nachdem man mit dem Kommentieren oder Zeichnen fertig ist, tippt man mit dem Finger auf das Display – und es öffnet sich ein Dialog, der beispielsweise das Speichern als Bilddatei, das Verwerfen oder das Versenden ermöglicht. Je nach installierten Apps lädt das Tablet die kreativen Ergüsse auf Wunsch in die Dropbox oder zu Facebook hoch, versendet es per E-Mail oder Bluetooth oder packt es zu Bilderdiensten wie Flickr und Picasa.
Alternativ kann man auch in ein virtuelles Notizbuch zeichen und schreiben und das auf Wunsch mit Audio-Kommentaren hinterlegen. Ein schönes Beispiel wären etwa Vorlesungen in der Uni – während man ein paar Notizen anfertigt, kann man die Stimme des Dozenten aufnehmen. Der Wehrmutstropfen dabei ist nur, dass jede Seite maximal fünf Minuten Ton aufzeichnet und ein übergangsloser Wechsel zu einer neuen Seite zumindest bei unserem Prototypen nicht möglich ist.
Außerdem ist ein Evernote-Client integriert. Dabei handelt es sich um die App eines Anbieters, der Notizen, Merkzettel und dergleichen zwischen verschiedenen Computern, Smartphones und Tablets synchronisiert – und in der Cloud beispielsweise auch eine Handschriftenerkennung mitbringt. Wer also seine Einkaufszettel mit dem Stift auf das Flyer-Display schreibt, kann ihn einige Zeit später auch in Textform auf seinem Smartphone abrufen oder die Inhalte aller Aufzeichnungen einfach nach Schlagworten durchsuchen.
Beim Zeichnen, Malen und Schreiben lässt sich die Art des Stifts ebenso wie seine Farbe und Dicke wählen. Man tippt dafür einfach mit dem Stylus auf das grün leuchtende Symbol rechts unterhalb des Displays, woraufhin sich ein kleines Menü ausklappt. Per Tipp mit der Mine wechselt der Nutzer hier zwischen Pinsel, Buntstift, Kuli, Füller & Co. sowie durch verschiedene Farben. In der Praxis funktioniert das nach kurzer Eingewöhnung hervorragend. Allerdings muss man sich etwas daran gewöhnen, dass der Stift aufgrund der Taste hinter der Mine trotz des ansonsten so empfindlichen Touchscreens tatsächlich gedrückt werden will. Das hinterlässt vor allem beim Schreiben auch eine ebenfalls gewöhnungsbedürftige Geräuschkulisse, aber vielleicht ändert sich an dieser Konstruktion bis zum offiziellen Verkaufsstart ja noch etwas.
Software
Dass HTC einen Sonderweg geht und sein Tablet Flyer mit Android 2.3, also der Smartphone-Version namens Gingerbread, ausstattet, hat wohl mehrere Gründe. Gerüchten zufolge soll die neue Tablet-Version noch nicht ausgereift genug sein, um im Mai den Verkauf zu starten. Und zum anderen gibt es beim Tablet-Android eine neue Oberfläche, die bei allen der Touch-Computer zum Einsatz kommt. Da ist aber nichts für ausgerechnet den Hersteller von Android-Smartphones, der extrem viel Aufwand und Geld in ein eigenes User-Interface gesteckt hat. Und tatsächlich gehört HTC Sense zu den besten Oberflächen, die es aktuell bei Smartphones zu haben gibt.
Die Entwickler haben noch einmal Hand angelegt und die Oberfläche zumindest etwas an die Gegebenheiten eines Tablets angepasst. Primär unterscheiden sich Home- und Lockscreen von der Smartphone-Variante. Ansonsten ist das Interface dem des HTC Desire S extrem ähnlich.
Android-Apps wie Browser, Angry Birds, Townsmen 6 oder Google Maps stellt Flyer korrekt dar. Nicht alle Apps aber profitieren von der im Vergleich zum Smartphone-Display größeren Bilddiagonalen – so gibt es gerade bei Listen häufig Freiraum, der in der Praxis aber nicht stört. Damit verhält sich das Flyer in diesem Punkt wie das Galaxy Tab von Samsung. Nur wenige Apps, darunter primär Spiele, haben überhaupt Probleme. Beispiele dazu sind in der Bildergalerie zu finden.