Größere Unternehmen, die auf SAP setzen, entscheiden sich immer häufiger für eine zweite, meist kleinere ERP-Instanz, um zum Beispiel einzelne Fabriken oder auch Landesniederlassungen abzubilden. In Expertenkreisen spricht man dabei von einem Two-Tier-ERP-Ansatz. Alles in allem kein ganz neues Phänomen, jedoch scheinen sich gerade in den vergangenen Monaten immer häufiger Unternehmen für diese Strategie zu entscheiden, wie eine aktuelle Studie von Constellation Research aufzeigt. Demnach ist der Anteil der Unternehmen, die eine Two-Tier-Strategie erwägen, seit 2009 um rund 30 Prozent im ersten Quartal 2011 auf knapp 50 Prozent gestiegen.
Dieser Trend tritt laut Ray Wang, Autor der Studie, vor allem bei Unternehmen auf, die in der Zentrale eine existierende ERP-Infrastruktur aufrechterhalten müssen. Inzwischen drängen immer mehr Anbieter in diese ‘Zweit-ERP-Nische’ und sorgen mit attraktiven Angeboten für Alternativen zu weiteren ERP-Erweiterungen.
Nicht selten stehen Unternehmen vor dem Problem eines ERP-Systems, das “teuer im Betrieb, schwierig zu aktualisieren und unmöglich auf moderne Bedürfnisse anpassbar ist”. Auch die noch verhältnismäßig neue Delivery-Form von On-Demand-Lösungen bieten sich hier als Erweiterungen an, wie Gartner-Analyst Dennis Gaughan erklärt.
Dabei muss noch nicht einmal eine Strategie hinter solch einer zweiten Instanz stehen. Sondern die Filialen oder Niederlassungen besorgen sich ein System ohne den Segen aus der Zentrale. Manche Unternehmen haben tatsächlich mehrere solcher Systeme, ohne das eigentlich zu wollen. Gerne kommt dieser Wildwuchs durch Übernahmen zustande. Damit sind Unternehmen nicht selten gezwungen, eine Two-Tier-Strategie anzunehmen.
Diese Strategie hat natürlich Vor- und Nachteile: Eine auf ein bestimmtes Land zugeschnittene Lösung bietet Vorteile durch eine starke Lokalisierung, etwa für gesetzliche oder steuerliche Besonderheiten. Auf der anderen Seite entstehen Brüche, Informationssilos und es muss zusätzliches Wissen in einem Unternehmen eingekauft werden, um diese verschiedenen Systeme auch pflegen zu können. “Second-Tier bedeutet nicht zweiter Klasse”, so Gartner-Analyst Nigel Montgomery in einem Kommentar: “Two-Tiers brauchen genau den gleichen Executive-Support wie ein Tier-One und die Kontinuität dieses Supports ist kritisch, weil im gleichen Maße wie die Zahl der Systeme steigt, auch die Kosten in die Höhe gehen.” Montgomery rät daher, bei der Planung eines Two-Tier-Modells sich zunächst auf eine einzige ‘Zweit-Lösung’ zu beschränken, die Unternehmensweit das Kern-ERP ergänzen.
So haben viele große SAP-Anwender zum Beispiel ein SAP-ERP für HR und Finanz. In den einzelnen Niederlassungen hingegen werden dann typischerweise Microsoft Dynamics, JD Edwards oder andere Lösungen eingesetzt, da vor Ort die Bedürfnisse ganz andere sind, wie Wang erklärt. Ein weiterer Grund aber, für die Entscheidung eine andere Lösung zu verwenden, sind die hohen Kosten, die durch eine Erweiterung einer bestehenden ERP-Lösung entstehen.
Doch diese Two-Tier-Strategie muss nicht unbedingt zu einer Multi-Vendor-Strategie werden. So nutzen viele Unternehmen SAP Business One. Und der starke Anstieg des Interesses der Anwender an einer Two-Tier-ERP-Strategie könnte auch mit der Reifung von Business ByDesign zusammenhängen. Und so sieht auch Wang, allerdings ohne das genauer zu quantifizieren, dass viele Unternehmen sich für das On-Demand-Angebot von SAP interessieren.
Ein Trend, auf den inzwischen auch SAP reagiert hat. ByDesign zielt nicht mehr nur auf den Mittelstand ab, sondern eben auch auf Filialen, Landesniederlassungen oder einzelne Werke. Mit dem Feature Pack 2.6 hat SAP dementsprechend ByDesign mit einer Reporting-Funktion ausgestattet, das auch internationales Finanzreporting erlaubt. Weitere solcher Szenarios, zum Beispiel für Sales, sind bereits in Planung, wie es von SAP heißt.
Noch gibt es ByDesign nur in wenigen Ländern und die Lösung ist zudem noch vergleichsweise ‘jung’. ERP-Hersteller wie Epicor oder auch NetSuite, das zusammen mit Informatica ein gemeinsames Paket für eben solche Two-Tier-Lösungen im zweiten Quartal auf den Markt bringen will. Auch Microsoft hat inzwischen einen speziellen Two-Tier-Connector mit dem sich Dynamics an SAP anbinden lässt, veröffentlicht. Die Hersteller drängen nun also ganz gezielt auf diesen ‘Zweitmarkt’ und versuchen mit ausgereiften Lösungen zu wuchern.
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Two-Tier-ERP
Liebe Leserinnen und Leser, hier wird wieder eine neue Sau durch das Dorf getrieben.
Wo gibt es denn in einem gut geführten Unternehmen, außer vielleicht in Übergangszeiten, eine parallel- Strategie zu einer Unternehmenssoftware.
Da passt doch in kurzer Zeit nichts mehr zusammen und wenn es einzelne Unternehmen praktizieren, dann ist und bleibt es ein Sündenfall.
Diesen Unsinn sollten wir uns nicht schönreden oder gar als Trend verkaufen lassen.
Gruß D. Schmidt
'Strategie?'
Es ist leider unklar geblieben, für welche Geschäftsszenarien mehrere ERPs eingesetzt werden. Die genannten Beispiele helfen nicht weiter, weil der funktionale Schnitt nicht deutlich wird.
Nach dem Artikel wissen wir also leider nur, dass einige Unternehmen ein zweites ERP haben, wofür auch immer. Der strategische Anspruch bleibt nebulös.
Zweit-ERP
Ja, sowas gibt´s. Eine große Firma im Südwesten Deutschlands fährt neben SAP auch Microsoft Dynamics NAV und das schon seit mehr als 3 Jahren.
Soll ja vorkommen, daß SAP nicht das allein selig machende ist.