“Cloud Computing ist sicherer als In-House”
Während die meisten CIOs dem Cloud-Trend noch sehr reserviert gegenüber stehen, gibt es auch andere Einstellungen. Andreas Berg, CIO beim mittelständischen Kran-Hersteller Wolffkran würde lieber heute als morgen seine gesamte IT-Infrastruktur abschalten und alles nur noch aus der Cloud beziehen.
Im Gespräch mit ihm und seinem IT-Berater Peter Brak, Partner bei proaxia Consulting, erläutern beide, was sie zu Cloud-Fans gemacht hat, was sie davon bereits nutzen und was die weiteren Pläne sind.
silicon.de: Herr Berg, Cloud Computing ist zwar der neue Megatrend in der IT-Welt, doch viele IT-Chefs stehen dieser Entwicklung skeptisch gegenüber. Was war der Auslöser für Ihr Cloud-Computer-Projekt?
Berg: Unsere heutige Cloud-Nutzung war eher ein zufälliges Abfallprodukt. Ursprünglich ging es nur darum den manuellen Papierkrieg unserer Service-Techniker zu reduzieren, denn der gesamte Field-Service basierte damals komplett auf Papier-und-Stift, das heißt die Techniker mussten ihre Berichte in sechs Durchschlägen handschriftlich erstellen, und jede Abteilung, die einen Durchschlag bekam, tippte diesen in ihr spezielles System zur weiteren Bearbeitung ein. Ziel war also die Automatisierung dieser Funktionsabläufe. Durch unsere SAP-Beratungsagentur proaxia wurde ich hierbei auf eine entsprechende Cloud-Lösung aufmerksam gemacht.
Wolffkran-CIO Andreas Berg (rechts) und sein IT-Berater Peter Brak standen silicon.de am Rande der Sapphire 2011 Rede und Antwort. Quelle: Harald Weiß/silicon.de.
silicon.de: Herr Brak, hatten Sie keine Bedenken ihrem Kunden eine solche avantgardistische Lösung anzuraten?
Brack: Nein, überhaupt nicht. Ich hatte bereits sehr viel Positives von der coresuite-Business-Plattform von coresystems gehört und war mir von an Anfang sicher, dass das genau das richtige für Wolffkran ist.
Die coresuite-Cloud im Überblick. Quelle: silicon.de
silicon.de: Wie muss man sich die Wolffkran-Lösung heute vorstellen, was genau ist wo in der Cloud?
Brack: Die gesamte SAP-Infrastruktur ist lokal installiert. Hinzu kommt ein Cloud-Connector, der über einen Firewall mit der coresuite-Cloud verbunden ist. Auf den mobilen Endgeräten wird dann eine entsprechende App heruntergeladen und installiert, über die diese Geräte mit der SAP-Software kommunizieren können.
silicon.de: Das hört sich relativ einfach an, doch dahinter muss mehr stecken. Schließlich müssen die Daten von einem Monteur in Indien ja irgendwie nach Heidelberg kommen – und zwar in Realtime?
Brack: Stimmt, das geschieht über die Amazon-Cloud E2. Diese bildet die Plattform für die mobile SAP-Nutzung mittels coresuite.
silicon.de: Herr Berg, sie nutzen also Amazons Cloud als Backbone für zeit- und datensensitive Geschäftsprozesse – allein der Gedanke würde vielen CIOs den Schlaf rauben. Wieso können Sie ruhig dabei schlafen?
Berg: Weil die Infrastruktur von Amazon viel sicherer ist, als unsere eigene. Wir sind ein mittelständischer Betrieb. Wir haben bei Weitem nicht die Möglichkeiten für einen sicheren RZ-Betrieb, wie ihn beispielsweise die großen Cloud-Provider haben.
silicon.de: Was haben denn die Geschäftsbereiche und die Geschäftsleitung gesagt, als sie von Ihren Cloud-Plänen erfuhren; gab es dort keine Bedenken bezüglich der Daten- und Betriebssicherheit?
Berg: Ganz im Gegenteil. Die Genehmigung dieses Projektes durch die Fachabteilung und die Geschäftsleitung hat insgesamt anderthalb Stunden gedauert. Das ist eine Rekordzeit für eine derart weit reichende IT-Lösung.
silicon.de: Wie geht es jetzt mit der Cloud-Nutzung bei Ihnen weiter? Bleibt es vorerst bei diesem Projekt und wollen Sie erst mal weitere Erfahrungen damit sammeln?
Berg: Ich würde lieber heute als morgen meine gesamte IT abschalten und alles von der Cloud beziehen. Ich warte sehnsüchtig auf den Tag, an dem ich meine gesamte IT-Leistung aus der Steckdose beziehen kann.
silicon.de: Was hindert Sie noch daran?
Berg: Die angebotenen Lösungen und die gesamte Infrastruktur sind noch nicht reif dafür. Wir werden noch einige Zeit lang unsere Kernanwendungen In-Haus betreiben müssen. Aber es gibt Ansätze und Überlegungen für weitere kombinierte Cloud-Nutzungen unserer SAP-Anwendungen.
silicon.de: Was wäre das?
Berg: Beispielsweise Kundenbeziehungs-Management (CRM) oder auch der ganze Bereich der Management-Informationen, inklusive Business-Intelligence und Business-Analytics.
silicon.de: Zurück zur Cloud-Akzeptanz in Ihrem Haus. Was sagen denn ihre Mitarbeiter zu Ihren Plänen – sehen die ihre Arbeitsplätze gefährdet?
Berg: Nein, überhaupt nicht. Erstens ist die gegenwärtige Cloud-Anwendung eine zusätzliche Anwendung on-top von allem Anderen, und zweitens ist die Aufrechterhaltung einer eigenen IT-Infrastruktur ein zähes Ringen um Geld und Ressourcen. Viele meiner Mitarbeiter wären heilfroh, wenn sie nicht mehr mit dem Finanzchef über die Beschaffung von Servern und Netztechnologien diskutieren müssten.