silicon.de: Herr Dr. Materna, Sie beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Fachkräftemangel. Wie stark wird Ihr Geschäftsverlauf durch den Mangel an IT-Beratern tatsächlich beeinflusst?
Dr. Materna: Unser Unternehmen verspürt derzeit eine sehr hohe Nachfrage, die zu unterschiedlichen Kundenprojekten führt. Von strategischer Beratung bis zu Entwicklungsarbeiten decken unsere IT-Spezialisten und Consultants vielfältige Aufgaben ab. Um diese Projekte erfolgreich und fristgerecht abschließen zu können, müssen wir derzeit noch präziser als bisher Termine und Kapazitäten planen und diese immer wieder mit unseren Kunden abgleichen. Dies bedingt eine deutlich höhere Disziplin und gestiegene interne Aufwände für das Projektmanagement. Auf diese Weise und mit weiteren Methoden wie eine verstärkte interne Ausbildung gelingt es uns, mit den vorhandenen Personalkapazitäten unsere Aufträge abzuwickeln, ohne dass dies die Geschäftsplanung wesentlich beeinflusst.
silicon.de: Was sollte Ihrer Meinung nach an den bildungspolitischen Rahmenbedingungen geändert werden, damit wieder mehr Informatiker ausgebildet werden?
Dr. Materna: Ich sehe hier verschiedene Ansatzpunkte. Erstens halte ich es für problematisch, dass in Schulen Informatik nicht als Naturwissenschaft gezählt wird. Dies führt nämlich dazu, dass viele Schüler dieses Fach im Abitur einfach abwählen, auch wenn das Interesse für die Informatik durchaus vorhanden ist. Zweitens sind die zu geringen finanziellen und personellen Ressourcen in der Schule ein Problem. Und drittens sollte die Schulpolitik alternative Wege einschlagen, die kein Geld kosten, bei denen es aber dennoch möglich ist, Schwerpunkte an den Schulen zu setzen und diese dann entsprechend zu fördern. Es muss zwar nicht jede Schule über einen IT-Schwerpunkt verfügen, jedoch sollten es schon deutlich mehr Schulen sein als bisher.
Auf Seiten der Hochschulausbildung ist deutlich mehr Praxisbezug notwendig, um Studenten schneller und mit hoher fachlicher Qualifizierung direkt nach dem Studium im Job einsetzen zu können. Hier bietet zum Beispiel die Fachhochschule Dortmund den Studiengang Softwaretechnik Dual inklusive einer IHK-Prüfung an. Dieser geht über neun Semester und soll keine Turbo-Abschlüsse fördern, sondern hohe fachliche Qualität mit Praxiserfahrung verbinden. Im Gegensatz zu anderen dualen Studiengängen, in denen Arbeit und Studium blockweise erfolgen, haben Studenten hier an drei Tagen Vorlesungen und sind an zwei Tagen in einem Unternehmen tätig. Dieser Studiengang ist an der FH sehr gefragt und die Erfahrung zeigt, dass diese Art von Kombination aus Praxis und Theorie sehr gut funktioniert: für die Studierenden und auch für die Wirtschaft.
silicon.de: Wie gelingt es Ihrem Unternehmen trotz einem Mangel an IT-Fachkräften weiterhin zu wachsen?
Dr. Materna: Da wir auf dem Arbeitsmarkt nur sehr schwer erfahrene und gut ausgebildete Arbeitskräfte finden, haben wir ein eigenes Fortbildungsprogramm für alle Ebenen aufgelegt. Auf fachlicher Seite schulen wir zum Beispiel den Umgang mit bestimmten Partnerprodukten, die wir in unseren Projekten einsetzen. Dies können Software-Systeme für das IT-Management, für die Anwendungsentwicklung oder die Virtualisierung sein.
Bei den Soft-Skills arbeiten wir intensiv mit externen Trainern zusammen und vermitteln die im IT-Projektgeschäft so wichtigen Fähigkeiten wie Auftrittsmanagement und sicheres Präsentieren, Gesprächsführung, Konfliktmanagement, Kundenmanagement sowie Selbstmanagement. Darüber hinaus bildet unser Unternehmen selbst aus, zum Beispiel Fachinformatiker in den Fachrichtungen Anwendungsentwicklung und Systemintegration. Außerdem sind in unserem Haus dauerhaft rund 50 studentische Mitarbeiter tätig, die entweder direkt in den Kundenprojekten oder in der Forschung tätig sind und so beispielsweise ihre Bachelor- oder Doktorarbeiten bei uns erarbeiten können.
silicon.de: Wenn IT-Fachkräfte tatsächlich so gefragt sind, könnten sich die Bewerber ihren Arbeitgeber mehr oder minder frei aussuchen. Warum sollte also jemand bei einem mittelständisch geprägten IT-Dienstleister starten, anstatt bei einem der großen IT-Konzerne anzufangen?
Dr. Materna: Den Mitarbeitern gefallen einfach unser Arbeitsklima, unsere flachen Hierarchien sowie die Firmenkultur eines inhabergeführten Unternehmens. Wir haben eine niedrige Fluktuation und ab und zu kommen Kollegen auch wieder zu uns zurück, nachdem sie mit ihrem neuen Arbeitgeber nicht zufrieden waren. Auch haben wir zahlreiche Mitarbeiter, die hier schon 10, 15 oder 20 Jahre arbeiten. Für viele ist die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes wichtig und es gibt nur wenige IT-Unternehmen in Deutschland, die bereits seit 30 Jahren erfolgreich und vor allem unabhängig am Markt tätig sind. Außerdem ist für unsere Mitarbeiter wichtig, dass sie sich immer wieder in neuen Projekten engagieren können und nicht bis zu ihrer Rente JavaScript-Anwendungen programmieren müssen, nur weil sie hierfür einmal eine Fortbildung erhalten haben.
silicon.de: Werfen wir doch noch einen Blick auf den IT-Markt in Deutschland. Wie hoch ist bei Ihren Kunden aktuell die Investitionsbereitschaft?
Dr. Materna: Wie schon erwähnt, sind unsere Auftragsbücher gut gefüllt. Das IT-Projektgeschäft entspricht unseren Planungen und in unseren Gesprächen stellen wir fest, dass Unternehmen in diesem Jahr in hohem Maße bereit sind, in innovative und gewinnbringende IT-Lösungen zu investieren.
silicon.de: Welche Art von IT-Projekten werden bei Ihren Kunden derzeit besonders nachgefragt?
Dr. Materna: Eine überdurchschnittliche hohe Nachfrage verzeichnen wir derzeit bei Internet-Projekten wie Content-Management-Lösungen für Web-Inhalte, Migrations- und Konsolidierungsprojekte zur Modernisierung von Web-Auftritten sowie Shop-Systeme. Zufrieden sind wir auch mit unserem Kerngeschäft, dem IT-Management. Hier geht es unter anderem darum, den operativen Betrieb von IT-Systemen zu verbessern, die Verfügbarkeit zu erhöhen und den Kunden Wege aufzuzeigen, wie sie IT-Infrastrukturen wirtschaftlich rentabel betreiben können. Dies kann etwa durch die Automatisierung von IT-Service-Abläufen innerhalb der IT-Abteilung erfolgen, so dass Prozesse effizient und nachvollziehbar ablaufen.
silicon.de: Herr Dr. Materna, herzlichen Dank für das Gespräch.
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IT-Fachkräftemangel in Deutschland
Was Dr. Materna hier schreibt unterstütze ich als ehemaliger IT-Direktor vol.
Die Deutsche Wirtschaft muss aber auch mal über Grenzen hinausdenken. IT-Fachkräften mit viele viele Jahren Erfahrung sizten nach ihre Pensionierung zu hause. Diese Erfahrung muss die Wirtschaft nutzen. Es gibt viele Pensionäre, die sich noch einige Tage pro Woche als freelance IT-Berater nutzlich machen wollen und können. Seit April suche ich mit meine langjährige Erfahrung eine Tätigkeit im IT-Umfeld, hierbei stelle ich fest das mein Alter (fast 65 Jahr) eine Barriere für die Unternehmen ist.
Fachkräftemangel in der IT?
Wo genau ist der Betrieb, der längerfristig Fachkräfte sucht und jungen wie auch "middle-aged" Fachkräften Perspektiven bietet? Ich sehe nur einen Markt, wo viele Ingenieure und Fachkräfte Arbeit suchen und meistens nur zeitlich befristete Angebote erhalten, meistens "unsauber" dotiert, oder bei Zeitarbeitsfirmen landen - das ist ohnehin ein recht fragwürdiges Gebilde. Sind diese Fachkräfte unzureichend gebildet? Das sehe ich nicht unbedingt so. Haben wir wieder mal ein Bildungsproblem? Das sehe ich durchaus so. Man kann in der Bildugn noch viel tun - auf jeden Fall eines: Perspektiven schaffen und dadurch Anreize.