Inzwischen ist Mark Hurd bei Oracle als President des Boards in den allerobersten Management-Kreis vorgedrungen. Bei dem Rauswurf Hurds durch das HP-Board hatte Larry Ellison noch gepoltert, das HP verrückt sein müsse, Hurd als CEO des gemessen am Umsatz größten Computerherstellers der Welt abzusetzen. Hurd wurde im Anschluss an ein Techtelmechtel mit der Schauspielerin und Salesmitarbeiterin Jodi Fisher bei HP entlassen.
Doch wenn HP-Chairman Ray Lane jetzt in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters erklärt, dass Hurd und auch seine Vorgängerin Carly Fiorina vor allem die Innovation bei HP abgewürgt hätten, zeigt sich, dass es neben dieser Affäre offenbar noch andere Vorbehalte bei HP gegen Hurd gab.
Beide, Hurd und Fiorina, hätten nicht genügend in die Weiterentwicklungen von Technologien bei Hewlett-Packard investiert, kritisiert Lane. Mark Hurd hätte “die Möbel verbrannt, um die Wall Street bei Laune zu halten”. Und Leo Apotheker, der überraschend als Mark Hurds Nachfolger berufen wurde, müsse diese Fehler nun korrigieren.
Diese massenhaften Kostenkürzungen hätten unter Fiorina angefangen und wurden unter Mark Hurd fortgesetzt. Aber jetzt habe sich eine Wende vollzogen. “Leo ist nicht so”, erklärte Lane. Apotheker konzentriere sich vor allem auf langfristiges Wachstum.
Aber natürlich kann auch Apotheker nicht umhin, der Börse wenigstens ein bisschen zu gefallen. Vor acht Monaten übernahm er, nachdem sein Vertrag bei SAP als CEO nicht mehr verlängert wurde, das Ruder von Hurd. Seitdem ist der Kurs der HP-Aktie um 11 Prozent gefallen.
Vielleicht ist auch das ein Grund, warum Lane jetzt Apotheker demonstrativ zur Seite springt und ihm den Rücken stärkt. Apotheker hat in seinem Werdegang bei SAP vor allem mit Software zu tun gehabt. In einer Strategie-Ankündigung bei seinem ersten großen Auftritt als CEO von HP erklärte er, künftig auch den Bereich Software bei HP zu stärken, und das gelingt natürlich nicht von heute auf morgen.
HP hat aber auch gleich noch weitere Baustellen aufgetan: Cloud Computing und mobile Software. Um beide Technologien wird HP, wie auch andere vergleichbare Unternehmen, mittelfristig nicht herum kommen. Doch in den vergangenen beiden Quartalen stellte die Börse immer drängender die Frage, ob Apotheker tatsächlich der Mann ist, der für Umsatzzuwächse sorgen kann. In Sachen Cloud Computing ist HP durchaus gut aufgestellt. Auch verfolgt das Unternehmen hier eine handfeste, nachvollziehbare Strategie.
Anders sieht es derzeit aber mit der mobilen Strategie aus. Das Betriebssystem WebOS hat zwar aufgrund HPs hoher Verkaufszahlen bei Laptops und Druckern durchaus eine Chance, aber aktuell beherrschen andere Plattformen den Markt. Auch HPs Vorstoß auf den Tablet-Markt kann derzeit keine nennenswerten Fortschritte aufweisen. HPs Ziel, ein eigenes mobiles Ökosystem aufzubauen, liegt derzeit noch nicht in Sichtweite.
Wenn also Apotheker derzeit etwas braucht, dann ist es ein langer Atem. Und das sieht auch Ray Lane, Managing Partner bei Kleiner Perkins Caufield & Byers, so: “Es ist kein Job, den man in drei Monaten macht.”
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