Roboter-Segelboote sind Modellboote, die über eine besondere Bordelektronik sowie Windsensoren verfügen. Das Boot ermittelt mit GPS seinen Standort und funkt diesen sowie die Angaben der Windsensoren an einen stationären Rechner. Auf diesem Computer kann man den Zielort des Bootes auf einer Karte anklicken. Eine Software berechnet dann, wie das Boot die Segel und das Ruder stellen muss und übermittelt diese Angaben an das Boot.

Während die automatische Steuerung durch mechanische oder elektronische Autopiloten längst auch für kleinere Segelyachten verfügbar ist, hat das Interesse an Segelrobotern nach Angaben der Universität Lübeck erst in den letzten Jahren zugenommen. Dabei gilt es, nicht nur den Kurs zu halten – die Problemstellung ist viel komplexer. Ein autonomes Boot muss selbst den richtigen Kurs auswählen, Ruder und Segel richtig stellen und natürlich Wind und Strömung beachten. Darüber hinaus müssen Hindernisse erkannt und umschifft werden – und es muss mit anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren.

So vielfältig wie die technischen Herausforderungen sind auch die Motive, sich mit den Robotersegelbooten zu beschäftigen. Ein großer Vorteil der Boote ist die Unabhängigkeit von Treibstoffen, die langfristige Missionen ermöglicht. So arbeiten Wissenschaftler aus Österreich und den USA an einem System zur Erforschung von Walen, das die Meeressäuger über längere Zeit begleitet. Forscher aus Wales sind vor allem daran interessiert, kleine und robuste Robotersegelboote für das Umweltmonitoring zu entwickeln.

Am Institut für Robotik und Kognitive Systeme der Universität Lübeck werden seit 2009 gemeinsam mit Studenten Segelroboter in Form kleiner Boote entwickelt. Der Bezug zu anderen Informatik-Anwendungen liegt nahe. Ein Forschungsschwerpunkt des Instituts ist auch die Entwicklung von Robotern für die Medizin. Ähnlich wie ein Roboterboot seine Position und die Lage von Untiefen anhand einer Karte ermittelt, ist es in der Medizin wichtig, die genaue Lage von Instrumenten und Organen anhand von Bilddaten zu bestimmen.

Die Idee, die Weltmeisterschaft nach Lübeck zu holen, brachten Studenten der Universität Lübeck von ihrer Reise zur letzten Weltmeisterschaft in Kanada mit – bei der Österreichs ASV Roboat den dritten Weltmeistertitel in Folge holte. Das österreichische Roboter-Segelboot ging als Favorit ins Rennen. Dennoch hatte das Team anfangs mit Problemen zu kämpfen: Beim Transport des 3,75 Meter langen und 300 Kilogramm schweren Bootes nach Kanada wurde die Ruderanlage schwer beschädigt. In letzter Minute gelang es den Entwicklern der ASV Roboat – Forschern der Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften (INNOC) – den Schaden zu beheben.

Auch die Konkurrenz machte den Österreichern 2010 schwer zu schaffen: Das nur 50 Zentimeter lange Segelboot ‘Däumling’ der Universität Lübeck entpuppte sich als größter Konkurrent. Nach den ersten drei Disziplinen lag die ASV Roboat in der Gesamtwertung mit nur einem Punkt vor dem deutschen Boot an erster Stelle. Erst die letzte Disziplin, das 8-stündige Long Distance Race, brachte dem ASV Roboat den Sieg. “Unser Boot war das einzige, das den Härtetest bestand. Die kleinen Boote der Konkurrenten hielten den schweren Bedingung einfach nicht stand und mussten frühzeitig aufgeben”, so Roland Stelzer, Leiter des Roboat-Teams.

Die Technologie der ASV Roboat soll jetzt für Forschungszwecke eingesetzt werden. Ein Projekt zur Erforschung von Walen in der Ostsee wurde in Kooperation mit der Oregon State University (USA) bereits umgesetzt. Laut Roboat-Entwicklern könnten Roboter-Segelboote aber auch zur CO2-neutralen Frachtbeförderung oder zur Überwachung von entlegenen oder gefährlichen Regionen verwendet werden.

Silicon-Redaktion

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