Das Zugangserschwerungsgesetz sah vor, im Kampf gegen die Kinderpornografie “Internet-Sperren” zu errichten. Kinderporno-Konsumenten, die eine gesperrte Seite aufrufen wollten, sollten auf eine Seite geleitet werden, auf der ein Stoppschild zu sehen ist.
Die Kritiker des Gesetzes sahen darin von Anfang an einen Versuch, in Deutschland eine Infrastruktur für eine Zensur des Webs aufzubauen. Viele Nutzer protestierten. Die Bürgerrechtler des AK Zensur reichten Verfassungsbeschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde. Eine Online-Petition gegen das Gesetz wurde von 134.000 Menschen unterzeichnet.
Bereits im Koalitionsvertrag von CDU und FDP vom Oktober 2009 hieß es: “Wir sind uns darüber einig, dass es notwendig ist, derartige kriminelle Angebote schnellstmöglich zu löschen, statt diese zu sperren.” Man wolle daher kinderpornographische Inhalte auf der Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes nicht sperren – zunächst für ein Jahr.
De facto wurde das Gesetz jedoch nie angewendet. So wies das Bundesinnenministerium das Bundeskriminalamt an, keine Sperrlisten zu erstellen. “Selbstregulierung und Transparenz statt einer hochproblematischen Sperr-Infrastruktur sind für uns die richtige Antwort”, sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) jetzt nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa. Die künftige Strategie laute “Löschen statt Sperren”. Eine Löschung im Ausland dauere nur wenige Tage, in Deutschland einige Stunden.
Die Gegner des Zugangserschwerungsgesetzes begrüßten das Aus. Die Piratenpartei wertete dies als Erfolg des Widerstands, den sie “gemeinsam mit der netzpolitischen Opposition gegen die Einführung einer Zensurinfrastruktur in Deutschland” geleistet habe. “Dass es trotzdem zwei Jahre braucht, um ein derart gefährliches Gesetz wieder aus unserem Recht zu streichen, ist mir unverständlich”, sagte Sebastian Nerz, Bundesvorsitzender der Piratenpartei. “Dennoch ist die Aufhebung ein Zeichen dafür, dass sich der Einsatz für Bürgerrechte lohnt.”
Der technische Sachverstand und die Einsicht, dass illegale Inhalte an der Quelle gelöscht werden können, habe sich zum Glück doch noch durchgesetzt, so Nerz. Leider habe sich die EU-Kommission dieser Erkenntnis bisher jedoch verweigert. In der EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Kinderpornografie würden die Internet-Sperren immer noch als Mittel im Kampf gegen Kinderpornographie genannt. EU-Kommissarin Cecilia Malmström habe sogar darauf gedrängt, die Sperren EU-weit verpflichtend einzuführen. Die Piratenpartei werde sich nicht zurücklehnen, sondern den Widerstand auf europäischer Ebene fortsetzen.
“Wir danken allen Mitstreitern: It’s done!”, hieß es vom AK Zensur. Die Bürgerrechtler kündigten an, wachsam zu bleiben und bekräftigten ihre Forderung, ein Verbot von Internet-Sperren in der Verfassung zu verankern.
Es gebe es immer wieder politische Bestrebungen, die Internetzensur durch die Hintertür einzuführen, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Lutz Knopek. “Als im Frühjahr Gespräche zwischen den Ministerpräsidenten zur Regelung des Glücksspielstaatsvertrages stattfanden, hatten Ländervertreter von Union und SPD ganz konkret überlegt, Internet-Sperren für Online-Sportwetten und -Casinospiele einzuführen. Diese Überlegungen sind glücklicherweise vom Tisch.”
Vom eco-Verband hieß es, man befürworte das Ende des Zugangserschwerungsgesetzes “außerordentlich”. Experten hätten die Nutzlosigkeit und die riskanten Nebeneffekte von Internet-Sperren aufgezeigt. “Das parlamentarische Verfahren hat sich lange hingezogen. Mit diesem Beschluss hat die Politik nun jedoch deutlich gemacht, dass das Löschen dieser illegalen Inhalte der einzig richtige Weg ist”, sagte Oliver Süme, eco-Vorstand für Recht, Regulierung und Politik.
Die Internetbranche habe sich seit Jahren für die Verbesserung der Löschung eingesetzt. Hierzu gehöre neben der Sicherung der Beweise für die Strafverfolgung die internationale Zusammenarbeit. “Inzwischen bekommen wir illegale Inhalte in wenigen Tagen aus dem Netz”, so Süme.
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