US-Medien wie Wall Street Journal und Ars Electronica hatten Apples neue Offerten mit einiger Präzision vorausgesagt. Der Gedanke, dass es sich um elektronische Bücher oder Texte für Schüler handeln könnte, ging ihnen zufolge auf eine Stelle in Walter Isaacsons Steve-Jobs-Biografie zurück. Demnach wollte Jobs die Verlagsbranche “zerschlagen”. New York ist der Sitz vieler US-Verlage und sei deshalb als Ort der Veranstaltung ausgewählt worden, hieß es.
Phil Schiller, Apple Senior Vice President for Worldwide Marketing, zählte die Nachteile herkömmlicher Schul- und Lehrbücher auf. Diese seien schwer zu durchsuchen, oft nicht aktuell und nicht interaktiv. “Wir wollen das Schulbuch neu erfinden”, sagte er.
Dafür stellte Apple in New York die Version 2.0 seiner E-Book-App iBooks 2 vor. Die Software kann gratis über iTunes heruntergeladen werden. Bei der Entwicklung habe man sich vor allem auf die Darstellung interaktiver Elemente wie Diagramme, Fotos und Videos konzentriert. So soll es etwa elektronische Lehrbücher für das iPad geben, die sich per Multitouch-Gesten steuern lassen.
In der neuen iBooks-Version können Nutzer per Fingertipp eingebettete Bilder mit interaktiven Untertiteln öffnen, 3D-Objekte drehen, durch Bildergalerien blättern und sich Videos im Vollbildmodus ansehen. Die Ansicht wechselt je nach Lage des iPad automatisch vom Hoch- ins Querformat.
Text wird nun einfach markiert, indem man mit dem Finger darüber streift. Die interaktiven Lehrbücher sollen auch Glossarbegriffe enthalten. Tippt der Nutzer diese an, kann er Definitionen zu wichtigen Themen und Konzepten einblenden, ohne die momentan geöffnete Seite verlassen zu müssen.
Außerdem ist es möglich, einzelne Buchseiten mit Notizen zu versehen. Diese lassen sich anschließend gemeinsam mit markierten Textstellen oder Glossarbegriffen zu virtuellen Lernkarten kombinieren – mit einem Thema auf der einen und den zugehörigen Definitionen auf der anderen Seite.
Apple hat bereits Partnerschaften mit den größten US-Lehrbuchverlagen geschlossen, darunter Pearson, McGraw Hill und Houghton Mifflin Harcourt. Dem iPad-Hersteller zufolge veröffentlichen sie 90 Prozent aller Lehrbücher in den Vereinigten Staaten. Zum Start von iBooks 2 gibt es im iBooks Store eine neue Sektion mit Lehrbüchern zu den Themen Algebra, Biologie, Chemie, Geometrie und Physik – allerdings nur in den USA.
Erstellt werden die interaktiven Lehrbücher mit der ebenfalls in New York vorgestellten Anwendung iBooks Author. Diese steht ab sofort als kostenloser Download im Mac App Store zur Verfügung. Apple zufolge schließt das Autorentool zahlreiche Templates ein, was die nötige Zeit für die Zusammenstellung erheblich reduziere.
Bilder, Audio und Video lassen sich per Drag-and-drop auf die Seiten befördern. Wer mit den Voreinstellungen nicht auskommt oder sich stärker von den Produkten anderer abheben möchte, kann Code in Javascript und HTML für Widgets nutzen. Ein Glossar erstellt die Software auf Wunsch selbsttätig.
Auch das Hauptelement jedes Buchs – der Text – lässt sich mit der Maus aus einer Textverarbeitung kapitelweise in ein iBook-Projekt verschieben. In diesem Fall erkennt die Anwendung automatisch, wo Abschnitte beginnen und enden, und fügt Überschriften ein.
Für die Endkontrolle des Buchs benötigt der Autor ein iPad. Hat er die Prüfung erfolgreich abgeschlossen, kann er sein Werk bei Apples iBooks Store einstellen.
Apple hat zudem sein Schulportal iTunes U und die zugehörige iPad-App “zur Anlaufstelle für Studenten und Lehrende in US-Colleges” ausgebaut. Die Professoren können darüber auch Nachrichten versenden, Hausarbeiten zuweisen und Lehrpläne einstellen.
Studenten sollen auf iTunes U sämtliche Materialien zu ihren Kursen finden, darunter Videos, Dokumente, Apps und natürlich auch elektronische Bücher, die bisher Schwerpunkt des Angebots waren. Die Studenten können erledigte Aufgaben von ihrem iPad aus einreichen und auch im Kursprogramm abhaken.
Zudem steht ihnen ein Bereich für persönliche Notizen innerhalb der App zur Verfügung. Sie enthält weiter sämtliche Anstreichungen, die sie in elektronischen Büchern aus dem Kursprogramm vorgenommen haben. Und schließlich soll es den Studenten auch möglich sein, sich mit einem Klick in der App für Kurse zu registrieren. Auch deutsche Universitäten nutzen das Angebot. Beispielsweise ist die Ludwig-Maximilians-Universität in München mit einem entsprechenden Angebot vertreten.
Die App für iTunes U ist kostenlos. Allerdings können unter den Büchern und Materialien auch kostenpflichtige Inhalte sein, die die Studenten bezahlen müssen. Im Sinne von Apples strategischer Konzentration auf Schul- und Sachbücher ist das Portal voll mit der Reader-App iBooks integriert.
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