WikiLeaks.org offline

Wie die Enthüllungsplattform mitteilt, ist die Domain Wikileaks.org nicht mehr erreichbar. Der Provider hatte die DNS offenbar aufgrund von Angriffen abgeschaltet.

Quelle: WikiLeaks
Quelle: WikiLeaks

Auf Twitter meldet WikiLeaks, dass der Provider EveryDNS die Webseite abgeschaltet hat. Wie der Provider mitteilt, sei die Domain Wikleaks.org das “Ziel verschiedener Distributed Denial of Service Attacks (DDoS)” gewesen. Diese Angriffe seien so weit gegangen, dass die Infrastruktur des Providers gefährdet gewesen sei.

Bislang war WikiLeaks auf Amazon.com gehostet. Am Donnerstag teilte Amazon.com mit, dass man nicht mehr länger WikiLeaks unterstütze. Im Zuge der Meldungen wurde auch berichtet, dass die US-Regierung mit Sanktionen gedroht habe, sollte Amazon dem Enthüllungsportal weiterhin eine Plattform bieten. “Es hat Berichte gegeben, dass die Regierung in uns gedrungen sei, WikiLeaks nicht mehr länger zu unterstützten. Das ist falsch (inaccurate)”, heißt es von Amazon in einer Mitteilung.

Zudem sei berichtet worden, dass diese Entscheidung durch große DDoS-Attacken motiviert gewesen sei. Auch hier widerspricht Amazon: “Es hat tatsächlich große angelegte DDoS-Attacken gegeben, aber diese wurden erfolgreich abgewendet.”

Der wahre Grund sei vielmehr der, dass WikiLeaks gegen Nutzungsbestimmungen verstoßen habe – und nicht weil das Portal vom Homeland-Security-Committee des Senats dazu gedrängt wurde. Tatsächlich aber wurde Amazon durch das Komitee-Mitglied Joe Liebermann zu der Beziehung mit Amazon befragt. Liebermann hatte zudem weitere Hosting-Provider aufgerufen, WikiLeaks zu boykottieren.

Daraufhin kündigte WikiLeaks seinen Umzug auf einen Server in Europa an. Nachdem der Provider EveryDNS nun aber seinen Dienst für die Domain quittierte, ist die Seite derzeit nur noch im Google-Cache zu sehen.

Und nur wenige Stunden später, verkündet WikiLeaks, dass es auf einen neuen Server in der Schweiz umgezogen ist. Die Seite ist jetzt entweder über wikileaks.ch oder über http://213.251.145.96/ zu erreichen. WikiLeaks hatte das mit einer Twitter-Nachricht angekündigt: “WIKILEAKS: Free speech has a number: http://88.80.13.160”

Nachdem Amazon die Server in einem Self-Service-Modell vertreibt, hat wohl keine besondere Beziehung zwischen WikiLeaks und Amazon bestanden. Bei den Amazon Web Services werde vorab keine Überprüfung der Anwender vorgenommen. Dennoch gibt es Regeln für die Nutzung des Service.

“WikiLeaks hatte diese Vorschriften nicht eingehalten. Sie haben gegen verschiedene Punkte verstoßen”, heißt es in der Mitteilung von Amazon weiter. So muss der Anwender dafür garantieren, dass er an dem veröffentlichten Material alle Rechte besitzt. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass durch diese Inhalte keine Personen oder Organisationen gefährdet werden.

“Für uns ist klar, dass WikiLeaks weder diesen klassifizierten Content besitzt noch kontrolliert. Es ist nicht glaubhaft, dass diese außergewöhnlich große Sammlung von 250.000 klassifizierten Dokumenten, die WikiLeaks veröffentlicht, in angemessener Weise redaktionell überarbeitet wurden, um sicherzustellen, dass dadurch keine unschuldigen Menschen in Gefahr gebracht werden”, heißt es weiter. Daher sehe Amazon einen klaren Verstoß gegen die Regeln. “Die müssen jetzt andere Möglichkeiten suchen.”

Liebermann erklärte dazu: “Ich hätte mir gewünscht, dass Amazon diese Maßnahme früher ergreift, angesichts der vorherigen Veröffentlichungen klassifizierter Informationen durch WikiLeaks.” Amazons Vorgehen sollte auch anderen Unternehmen als Beispiel im Umgang mit dem Enthüllungsportal dienen, so der Senator weiter. Keine verantwortungsbewusste Firma in den USA oder anderswo sollte WikiLeaks helfen, die gestohlenen Informationen zu verbreiten. “Die nationale Sicherheit aufs Spiel setzen und weltweit Leben gefährden”.

Über Twitter kritisierte WikiLeaks Amazons Entscheidung: “Wenn Amazon sich mit dem ersten Amendment (zur US-Verfassung) so unwohl fühlt, sollten sie auch damit aufhören, Bücher zu verkaufen.”

Eine ähnliche Haltung nimmt auch die Bürgerrechtsbewegung ACLU ein. Sie sieht in der Verfolgung von WikiLeaks einen möglichen Bruch mit der US-Verfassung: “Die Verfolgung von WikiLeaks ist im Grunde nichts anderes als die Verfolgung eines Mediums, das eine durchgesickerte Information veröffentlicht. Wenn Zeitungen dafür kriminalisiert werden können, dass sie durchgesickerte Informationen über Regierungspraktiken veröffentlichen, hätten wir vielleicht nie davon erfahren, dass der CIA geheime Gefängnisse unterhält und auch unschuldige Amerikaner überwacht.”

Indes sind die technischen Probleme nicht die einzigen Schwierigkeiten, die Julian Assange und seiner Organisation entgegenstehen. Zwei Senatoren werfen Assange Spionage vor. Die Demokratin Dianne Feinstein und der Republikaner Kit Bond forderten, dass Assange und auch “alle seinen möglichen Unterstützer” mit dem Bundesgesetz verfolgt werden sollen. Erste Populisten hatten sogar schon die Todesstrafe für Assange gefordert. Der Republikaner Peter King hatte WikiLeaks auf eine Stufe mit Al Kaida oder anderen Terrororganisationen gestellt.