Stefica Divkovic

Managing Director DACH bei Verizon Enterprise Solution

Arbeitswelten neu definieren

Immer mehr Menschen kommunizieren über digitale Technologien. Sie verbindet uns zwar, aber sie trennt uns auch. Die Generation „Always-on“ ist besonders sensibel für diese Ausgrenzung, da ihnen die Möglichkeiten der Körpersprache während einer persönlichen Interaktion fehlen. Es wird also notwendig, sich über die Definition künftiger Arbeitswelten Gedanken zu machen.

Wie werden wir in Zukunft mit unseren Kollegen interagieren und welche Art von Arbeitswelt wird die Zukunft der Arbeit am besten unterstützen? Der Mensch ist von Natur aus sozial. In unserer Geschichte und Evolutionsbiologie hatten wir immer das angeborene Bedürfnis, uns zu verbinden, soziale Beziehungen aufzubauen und mit anderen zusammenzuarbeiten, um erfolgreich zu sein. Und das ist nicht nur anekdotisch, denn diese Ansicht wird von der Medizin unterstützt: Die menschliche Verbindung und Empathie sind entscheidend für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden.

Durch moderne Technologien und digitale Arbeitsweisen sind wir heute mehr denn je vernetzt. Doch das Bewusstsein wächst, dass die Qualität der menschlichen Verbindung in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz abnimmt und Einsamkeit und Isolation zunehmen. In seinem Global Risks Report 2019 nannte das Weltwirtschaftsforum die Technologie als eine der Hauptursachen für Einsamkeit, soziale Isolation und abnehmendes Mitgefühl mit weitreichenden Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Die beschleunigte Arbeitswelt

Dies ist wahrscheinlich besonders im Zusammenhang mit der Arbeit der Fall. Wir befinden uns in einer Ära des technologiegetriebenen Wandels. In der vierten industriellen Revolution ändern sich die Geschäftsanforderungen rasant, da Unternehmen sich fragen, wie sie in der digitalen Wirtschaft erfolgreich sein können. Sie verlangen von ihren Mitarbeitern sowie von ihren Systemen und Prozessen mehr Agilität und Flexibilität, um mit den alltäglichen Unbekannten umzugehen. Immer wieder müssen sich neue Teams bilden, effektiv arbeiten und sich regelmäßig wieder auflösen. Physisches und virtuelles Arbeiten muss nahtlos miteinander verbunden werden. E-Mail, Instant Messaging und globale Videokonnektivität haben die Produktivität gesteigert, aber sie haben auch eine Always-on-Kultur geschaffen und die persönliche Interaktion verringert – und ironischerweise die Denkzeit aufgrund von Informationsüberlastung verkürzt.

Die Digitalisierung verändert Städte

Dies hat auch zu einer Veränderung der Art und Weise geführt, wie Unternehmen physischen Raum nutzen. Der Einsatz von E-Commerce, Social Media, Online-Tools und Automatisierung hat wirtschaftliche Chancen geschaffen, aber auch die Möglichkeiten für physischen Handel und soziale Interaktion, auf denen unsere Gemeinschaften historisch aufgebaut sind, verringert. Wir alle können diese Auswirkungen auf den Hauptstraßen vieler Städte sehen: was früher das Stadtzentrum war, wird heute von leerstehenden Gebäuden geprägt.

So ist die Arbeit zunehmend eine Aktivität und kein Ort. Und wenn das der Fall ist, müssen wir überlegen, ob es überhaupt noch ein Büro geben muss – oder ein Büro in der Form, wie es heute noch existiert. Was müssen Unternehmen beachten, um einen Arbeitsplatz zu schaffen, der die Produktivität unterstützt und die besten Talente anzieht? Denn der Arbeitsplatz wird immer mehr zu einem Schlüsselfaktor bei der Berufswahl. Angesichts der Zeit, die wir alle bei der Arbeit verbringen, will niemand diese Zeit an einem unbequemen Ort verbringen müssen, der schwer zu erreichen ist.

In den letzten Jahrzehnten haben wir bereits eine Transformation der Büroflächen erlebt, bei dem diese vom Stadtzentrum in den außerstädtischen Gewerbepark verlegt wurden, um so die Immobilienkosten zu senken. Anstatt Einzelbüros gibt es Großraumbüros, der langweilige, aber funktionale Standort, wurde durch Kooperationsflächen ersetzt und Unternehmen bieten kostenloses Essen und Freizeitmöglichkeiten wie Kickertische an. Aber diese offene Gestaltung ist auch laut, und viele Menschen mögen es, wenn sie einem abgeschlossenen Raum sitzen können. Außerdem ist der abgelegene Gewerbepark nicht unbedingt der Ort, an dem jeder arbeiten möchten.

Welche Mitarbeiter passen in das Unternehmen?

Organisationen sollten also zunächst definieren, wer für sie arbeiten soll und welche Anforderungen diese Menschen haben. Mitarbeiter mit unterschiedlichen Kenntnissen sind heute ein Ziel für fast jedes Unternehmen, um Innovationen zu schaffen und den Geschäftserfolg voranzutreiben. Diese unterschiedlichen Menschen haben aber auch unterschiedliche Bedürfnisse.

So wird der Bürostandort von jeder Altersgruppe unterschiedlich bewertet. Jüngere Menschen ohne Auto mögen lieber zentral in der Stadt arbeiten, während ältere Arbeitnehmer, die gerne auf dem Land leben, die Randbereiche der Großstadt bevorzugen. Damit wird die Flexibilität zum Schlüssel des Arbeitsplatzes der Zukunft.

Flexibilität bedeutet auch flexible Arbeitszeiten, Mobilität und Vertrauen. Warum müssen Meetings morgens um 9 Uhr beginnen, was eine Anreise im stärksten Berufsverkehr bedingt? Brauchen wir in Zukunft auf der Arbeit noch eine Büroumgebung mit vier Wänden, oder können wir die Arbeitskraft der Menschen von überall her nutzen? Es scheint, dass wir von allem ein wenig benötigen. Wir brauchen einen Arbeitsplatz der Zukunft, der die persönliche Zusammenarbeit ermöglicht, aber auch Konnektivität für die virtuelle Vernetzung bietet. Außerdem sind ruhige Räume ebenso wie offene Kommunikationsplätze notwendig. So etwas kann kein traditionelles Büro leisten. Die Zunahme der kollaborativen Arbeitsflächen in den letzten Jahren zeigt dies – ebenso wie die Transformation fast jedes Bürogebäudes in der Stadt. Wir müssen die Idee eines Büros auflösen und stattdessen eine Umgebung schaffen, in der Menschen ihrer Arbeit nachgehen und Mitarbeiter sich entfalten können. Dieser Arbeitsplatz muss flexibel sein und den heutigen hektischen, 24/7-Lebensstil unterstützen. Aber es braucht immer noch die traditionellen unterstützenden Funktionen durch Abteilungen wie HR, Recht und IT.

Was aber bedeutet es für die Gesellschaft, wenn sich das klassische Büro auflöst, das heute noch im Zentrum des gesellschaftlichen Ablaufs steht? Wie entwickeln sich Gewerbegebiete, Innenstädte und Verkehrsinfrastrukturen? Auch in diesen Umgebungen agieren Menschen als soziale Wesen. Solange sich die virtuelle Kommunikation noch von der persönlichen Interaktion unterscheidet, werden Business-Meetings über Chats oder Konferenzsysteme immer noch zu wenig menschliche Verbundenheit bieten.

Fazit

In Anbetracht dieser Diskrepanz zwischen Konnektivität und Verbundenheit werden neue Möglichkeiten benötigt, um integrative und von menschlichen Bedürfnissen geprägte Arbeitsumgebungen zu schaffen, die Menschen wieder enger miteinander verbinden. Ganzheitliches Denken über die Nutzung von Gemeinschaftsräumen, neue Eigentums- und Nutzungsmodelle, der Einsatz innovativer Technologien sowie ein übergreifender Zweck der Arbeit könnten neue Konzepte für zukünftige Arbeitswelten hervorbringen. Der Workspace von Morgen wird dynamisch, agil und interessant sein. Aber er wird auch nach individuellen Bedürfnissen entwickelt, denn nur dann wird das Unternehmen in der Lage sein, das Beste aus seinen Mitarbeitern herauszuholen.