Vielfach hat die Coronapandemie bestehende IT-Strukturen aufgebrochen oder gar über den Haufen geworfen – gefühlt. Nun bestätigt Zahlenmaterial diese Entwicklung für den Cloud-Bereich: Covid-19 hat sich als wahrer Cloud-Katalysator erwiesen. Der Weg war jedoch teilweise schmerzhaft.
„Viele Unternehmen wünschen sich, sie hätten sich früher auf ihren Weg in die Cloud gemacht.“ – das ist die Überschrift einer aktuellen Studie. Es ist eine wenig erfreuliche, aber nicht wegzudiskutierende Tatsache, dass Änderungen umso wahrscheinlicher sind, je größer der zugehörige Schmerz ist; diese Erfahrung haben schon viele Unternehmen gemacht. Und wer weiß, ob es derzeit nicht ein paar Branchen gibt, die auch bei ihrem Kernprodukt nicht zu träge agieren oder sich zumindest wünschen, einen gewissen Wechsel früher eingeläutet zu haben. Völlig unabhängig von der Diskussion um den Antriebsstrang haben etwa hiesige Autobauer (erst?) in den vergangenen Monaten begonnen, ihr Produkt als „digitales Gesamtpaket“ zu begreifen. Cloud-Dienste spielen dabei eine zentrale Rolle, die über das „OTA“, also Updates Over The Air, weit hinausgehen.
Doch zurück von diesem Branchenbeispiel zu den Ergebnissen der zitierten Auswertung. Selbstverständlich wären auch die nun Cloud-bekehrten Nachzügler gut beraten gewesen, rechtzeitig Segel zu setzen. Denn die Schockwellen der Coronapandemie waren und sind gewaltig. Mehr „Digitaltes“ sowohl in der Produktion als auch insbesondere im Verwaltungsumfeld waren Forderungen, die sehr zügig umgesetzt werden mussten. Diese Schlussfolgerung gilt beachtenswerterweise sowohl für viele (momentane) Verlierer als auch für die Gewinner der Krise: Wem durch Lockdown & Co. Umsatzmöglichkeiten entzogen wurden, ist umso mehr auf die Einführung Cloud-basierter digitaler Dienste angewiesen; und Unternehmen mit mehr Nachfrage sind vielfach gefordert, Bestehendes schnell auszubauen – andernfalls könnten erzielte Marktanteile rasch wieder verloren gehen. Beide Mechanismen wirken als Cloud-Beschleuniger.
Erfahrung macht klug, aber …
Aus Fehlern zu lernen, ist essenziell. Wohl dem, der genug Zeit dafür hat. Die in der Studie befragten Führungskräfte sind sich auf jeden Fall der Tatsache bewusst, dass sie den rauen Wind der Coronapandemie für ihr Unternehmen nutzen müssen, um entsprechende Änderungen anzustoßen. Weltweit gaben rund drei Viertel der Befragten an, dass sie wegen Covid ihre Cloud-Strategie überdenken; 88 Prozent haben erkannt, dass die Cloud für ihr Unternehmen geschäftskritisch ist, und vier von fünf Entscheidern wünschen sich eben, dass sie früher losgelegt hätten. Effizienz, Skalierbarkeit und Agilität sind dabei die zentralen Prioritäten, gefolgt von einer optimierten Remote-Working-Nutzung. Da all diese Aspekte durchaus nicht neu sind, muss die bereits genannte Tatsache nochmals hervorgehoben werden: Änderungen sind umso wahrscheinlicher, je größer der zugehörige Schmerz ist.
Und es gibt bei dem von Vanson Bourne erhobenen Zahlenmaterial auch Aussagen, die bedenklich sind. So gaben 22 Prozent der Befragten an, dass die Cloud ihnen geholfen habe, erforderliche Anpassungen bei den IT-Services innerhalb weniger Tage vorzunehmen. Diese Zahl ist viel zu niedrig. Dafür spricht auch die Einschätzung, die von den Cloud-Verantwortlichen selbst vorgenommen wird: Rund 27 Prozent sind der Meinung, ihr Cloud-Reifegrad sei zumindest eine Stufe besser geworden, weitere 20 Prozent sehen sich zwei Stufen weiter. Das zeigt erstens, dass der Reifegrad auch bei den Cloud-Nutzern vielfach zu niedrig war; zudem belegen die Daten, dass im Grunde zu wenig Unternehmen entsprechende Fortschritte gemacht haben.
Cloud – und nun?
Es ist nun einmal so, dass die Versprechen rund um die Cloud-Nutzung zwar richtig waren, jedoch bisweilen anscheinend als „Einmal-Aktion“ aufgefasst worden sind. Natürlich kann die Cloud helfen, Effizienz und Flexibilität zu steigern, Kosten zu optimieren usw. Doch ein Selbstläufer ist das nicht – die Unternehmen müssen etwas dafür tun. Der Weg in die Cloud ist eine Reise in der Cloud. Wer ein Auto kauft, muss sich ja auch immer noch ans Steuer setzen und damit sein Ziel ansteuern. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass die IT-Entscheider zu lax an die Einführung und Anpassung zugehöriger Services herangegangen sind. Vielmehr kämpfen sie vielfach immer noch gegen die altbekannten Windmühlen. Die Studiendaten zeigen zum Beispiel, dass bei 40 Prozent der Unternehmen nach wie vor Sicherheitsbedenken im Hinblick auf die Cloud vorliegen. Budgetbeschränkungen und zu wenig versierte Mitarbeiter haben sich ebenfalls als Bremsklötze erwiesen.
Was können also Unternehmen machen, wenn sie damit zu kämpfen haben, geschäftliche Vorteile aus der Cloud zu ziehen beziehungsweise, wenn sie nur langsam vorankommen? Für sie ist es jetzt an der Zeit, ihre Strategie zu überdenken, die Migration und Nutzung von Anwendungen und Daten zu beschleunigen sowie zu optimieren. Eine flexibel aufgestellte Plattform wird dabei in der Regel eine zentrale Rolle spielen, da sie für Skalierbarkeit, Ausfallsicherheit und Innovation sorgt – jene Fähigkeiten, mit denen Unternehmen sowohl im Hinblick auf Kunden als auch Mitarbeiteranforderungen wieder agieren können, statt nur zu reagieren. Der IT-Betrieb muss dabei so schlank wie möglich sein. Nach dem Sprung in die Cloud steht stets die Optimierung, und zwar fortlaufend. Kostenkontrolle und Rightsizing sind dabei zentrale Elemente. Der Blick auf die Zahlen reicht jedoch nicht, Priorisierung und Fokussierung sind gefragt: Welche Bereiche bieten die größten Geschäftsvorteile und starke Business Cases? Etc.
Operations und Vision
Für ein hohes Maß an Innovationskraft ist eben nicht nur der Betrieb von heute und morgen wichtig – eine strategiebasierte Vision zählt auch dazu. Leider sind diese Schlagworte überstrapaziert, sie sind jedoch wahrer denn je: Wer nicht weiß, wo er hinwill, kommt nur selten an. Vier Schritte können einen richtigen Anfang bilden: eine neutrale Bewertung der Situation, gefolgt von einem Plattform-Design-Workshop und einem weiteren Workshop zur Ermittlung von Optimierungsmöglichkeiten; zu guter Letzt sollte dieses Instrument ein drittes Mal eingesetzt werden, um das passende Design zur Skalierung von Anwendungen zu ermitteln. Wer das jetzt beherzigt, hat gute Chancen, nicht auch irgendwann den Wunsch äußern zu müssen, man hätte früher begonnen.