Nach jahrelangen Diskussionen um die Sicherheit von Cloud-Lösungen, setzen die relevanten Anbieter zunehmend auf Data Center speziell für den europäischen Markt. Nicht nur deshalb verlagerten Firmen ausgewählte Dienste mit zunehmender Geschwindigkeit in die Cloud, sagt silicon.de-Blogger Stefan Pfeiffer.
Das Thema Cloud treibt uns nun schon seit Jahren um. Und ja, natürlich haben die Anbieter die berühmte Sau durchs Dorf getrieben. Doch wenn man ehrlich ist, waren gerade auch die Kunden in Europa meist noch sehr zurückhaltend. Die Gründe dafür sind vielfältig und sie reichen von der Angst um den eigenen Job hin zu Sicherheitsbedenken. Die Mitarbeiter in vielen IT Abteilungen sind natürlich nicht positiv gestimmt, denn sie befürchten, dass ihr Arbeitsplatz vielleicht überflüssig wird. Die Bedenken muss man verstehen, gerade wenn man sich die Outsourcing-Projekte der vergangenen Jahre vor Augen hält. Manch eine IT Abteilung beziehungsweise Teile davon wurden zu IT-Dienstleistern verlagert. Kosteneinsparungen waren meist der Grund. Ob dadurch immer eine bessere Qualität, bessere Service Levels, und höhere Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit auf Anforderungen der Anwender erreicht wurde, kann sicherlich sehr kontrovers diskutiert werden.
Beim Thema Cloud kommen dann noch die Sicherheitsbedenken hinzu. Wo liegen eigentlich meine Daten? Und wenn dann das Stichwort “Patriot Act” fällt, wachsen Unsicherheit und Bedenken. Das Gesetz steht für einen potenziellen Zugriff von US-Behörden auf Cloud-Daten deutscher Unternehmen. Und hier kommt dann schnell die Forderung danach auf, dass die Daten in der Cloud in Europa liegen müssen, um sie einem potentiellen Zugriff zu entziehen. Alle relevanten Cloud-Anbieter müssen sich mit diesem Thema auseinandersetzen und kennen die Forderung nur zu gut, ein europäisches Data Center bereitzustellen und zu gewährleisten, dass die Daten nur in Europa verarbeitet werden. Dazu passt, dass auch gerade IBM jetzt ein neues Data Center für Social Business in Betrieb nimmt, das in Deutschland, genauer in Ehningen am Hauptsitz der IBM Deutschland, angesiedelt ist. Dadurch sollen die erwähnten Sicherheitsbedenken ausgeräumt werden.
Insgesamt scheint es jetzt langsam zu einem Umdenken bei den Anwenderunternehmen zu kommen. Die Experton Group spricht davon, dass Cloud Computing unterdessen schon längst Realität ist und sieht Social Collaboration als entscheidenden Wachstumstreiber für das Thema Cloud. Die Ausgaben werden laut Experton von 313,5 Millionen Euro auf 2.220,3 Millionen Euro in 2017 ansteigen. Dr. Carlo Velten, Senior Advisor der Experton Group, führt das auch darauf zurück, dass Anbieter das Thema Social Business und Collaboration stark forcieren. Interessant ist, dass Experton demgegenüber die Ausgaben für ERP in der Cloud leicht zurücknimmt. Sehen die deutschen Unternehmen diese als zu kritisch an, als dass sie in die Cloud können?
Im “Cloud Monitor 2013” sagen der Branchenverband Bitkom, KPMG und PAC ebenfalls ein starkes Wachstum voraus. In der Studie wird aber auch die ambivalente und polarisierende Haltung der Unternehmen zum Thema Cloud herausgearbeitet. “Private Wolken” haben noch eine höhere Akzeptanz gegenüber Public Clouds, jedoch nimmt auch hier die Zustimmung und der Wille zum Einsatz zu. Die Studie identifiziert wiederum Collaboration (und Customer Relationship Management, CRM) als wesentliche Treiber für Public Clouds. Hier kämen die Vorteile von Public-Cloud-Lösungen besonders zur Geltung.
Diese Studien deuten alle darauf hin, dass sich das Thema Cloud sukzessive und mit zunehmender Geschwindigkeit am Markt durchsetzen wird. Meiner Ansicht nach werden zuerst die Dienste in die Cloud wandern, von denen man sich Kosteneinsparungen und Effizienzgewinn verspricht. Dazu zählen beispielsweise E-Mail, aber eben auch das Thema Collaboration. Es wird sich dabei um im höchsten Maße standardisierte Lösungen handeln, die über ein fest umrissenen Funktionsumfang verfügen. Individuallösungen dagegen sind in einer Public Cloud schwer zu betreiben. Diese werden weiter im Unternehmen oder in einer Private Cloud laufen, wo man Anpassungen leichter vornehmen kann.
Am Beispiel IBM Notes & Domino lässt sich das sehr gut verdeutlichen. Es spricht nichts dagegen, die E-Mail-Komponente inklusive Terminplaner in einer Cloud zu betreiben. Individuell entwickelte Lösungen auf Basis Domino werden dagegen eher im Rechenzentrum des Unternehmens, einer Private Cloud, laufen, denn dort sind sie dann leichter zu modifizieren und zu pflegen. Und damit kommt man dann zu einer hybriden Struktur, wo ein Teil der IT in einer Public Cloud läuft, ein anderer Teil in der eigenen IT oder einer privaten Cloud. Diese hybride Infrastruktur wird wohl zur Realität in vielen Unternehmen werden. Deutlich abzusehen ist aber auch, dass mehr und mehr Services gerade im Bereich Social Collaboration in die Public Cloud wandern, was auch gerade kleineren und mittleren Unternehmen die Chance gibt, fortschrittliche Social Software zu nutzen, ohne die entsprechenden Lösungen selbst betreiben zu müssen.
Dass die Cloud in Deutschland noch nicht so richtig zünden mag, ist auch dem Umstand geschuldet, dass viele sich der rechtlichen Herausforderung nicht gewachsen sehen. Beispielsweise mehren sich bei uns die Anfragen von Steuerrechtlern, was es in Bezug auf Cloud Computing und Abgabenordnung zu beachten gibt: http://www.recht-freundlich.de/cloud-computing-und-die-abgabenordnung-teil-1
Allerdings können wir Entwarnung geben: Die Abgabenordnung sthet dem Cloud Computing (auch ins nicht-EU-Ausland) kaum entgegen! Also ruhig loslegen.