Eugen Gebhard

ist Regional Director DACH & Central Europe Accounts bei Ciena.

Das vernetzte Leben

silicon.de-Blogger Eugen Gebhard hat über die Feiertage einen Blick in das Wohnzimmer einer Early-Adopter-Familie geworfen. Der Alltag dort ist – um es mit den entsprechenden Buzzwords auszudrücken – “smart” und “connected”. Doch die Netzbetreiber hätten Glück, so Gebhard. dass dieses Szenario bislang die Ausnahme ist.

Das letzte Jahr war trotz der weltweit angespannten Wirtschaftslage ein technologisch sehr spannendes. Viele Hypes und Trends kamen im Markt an – die Vernetzung unseres Lebens ist spürbar vorangeschritten.

Wirft man einen Blick in das Wohnzimmer einer Early-Adopter-Familie, dann sah das Weihnachtsfest dieses Jahr so aus: Der Sohnemann streamte Weihnachtslieder von seinem iPod auf die Musikanlage, die Tochter tauschte sich im Chat via Smartphone mit ihren Freundinnen aus, wie langweilig Weihnachten mit der Familie sei, Papa freute sich wie ein kleines Kind darüber, dass er die Weihnachtsbeleuchtung am Baum und im Garten mit seinem Tablet steuern kann und die Mutter saß im Wohnzimmer und skypte über den Fernseher mit der Oma. Im Hintergrund beschwerte sich Opa, dass sie leise sein solle, weil sie die Sprachsteuerung des neuen Autos irritiere. In der Zwischenzeit bestellte der Kühlschrank noch zwei gute Flaschen Sekt und die Zutaten für ein Fondue – Silvester stand ja vor der Tür.

Die Marketingabteilungen halten für das beschriebene Szenario schon eine Reihe von Buzzwords bereit, die entweder das Wort “smart” oder “connected” enthalten: Smartphone, SmartTV, Smart beziehungsweise Connected Home, Connected Car oder zusammengefasst “Connected Everything”. Was steckt nun dahinter?

Smartphones sind inzwischen Alltag geworden und bilden die Schaltzentrale für unser vernetztes Leben. Mit ihnen sind wir unabhängig von Ort und Zeit mit dem Internet verbunden. Dem Branchenverband Bitkom nach waren im Jahr 2012 70 Prozent der verkauften Handys in Deutschland Smartphones – in zwei Jahren werden sie einen Anteil von rund 90 Prozent der verwendeten Mobiltelefone stellen.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei TV- und Multimedia-Geräten. Die Verbreitung von internetfähigen Geräten schreitet schnell voran. Beinahe jeder zweite verkaufte Fernseher in Deutschland war 2012 ein internetfähiges Gerät – ein sogenannter SmartTV. Die Geräte haben das Potenzial das Verhalten der Nutzer nachhaltig zu verändern. In Kombination mit einem Tablet oder Smartphone als sogenanntem Second Screen graben sie herkömmlichen Computern und Spielkonsolen das Wasser ab. Wozu den Computer starten, wenn ich E-Mails bequem auf dem Tablet lesen kann? Bilder und Videos “beame” ich einfach auf den Fernseher und kann sie dort bequem Freunden und Verwandten präsentieren – größer, schneller und bequem vom Sofa aus. Auf vielen SmartTVs laufen inzwischen auch Spiele-Apps. Tablet oder Smartphone dienen als Controller und bieten gleichzeitig eine Vielzahl von neuen Interaktionsmöglichkeiten. Mit dem Konzept des Cloud-Gaming, also der Auslagerung der anspruchsvollen Grafikberechnungen in die Cloud, könnten zukünftig auch aufwendige Spiele auf dem heimischen SmartTV laufen – ganz ohne teuren Spiele-PC oder -konsole.

Der klassische Medienkonsum ändert sich bereits heute sehr deutlich. Video-on-Demand-Anbieter wie Maxdome oder Lovefilm drängen mit eigenen Apps auf die SmartTVs in den heimischen Wohnzimmern und Musik-Streaming-Angebote wie Spotify setzen an, die althergebrachte Musiksammlung abzulösen: Zugriff von überall mit allen erdenklichen Endgeräten – vom Smartphone über SmartTVs bis hin zur vernetzten HiFi-Anlage. Bis solche Angebote ihren Weg in unsere Autos finden werden ist es nur noch eine Frage der Zeit – Audi bietet beispielsweise schon Internetradio in entsprechend ausgestatteten Fahrzeugen an. Einer Studie von Oliver Wyman zufolge werden bis 2016 mehr als 210 Millionen solcher Fahrzeuge mit Internetverbindung auf den Straßen dieser Welt unterwegs sein.

Die Vernetzung des Automobils wird aber noch weiter gehen. Die aktuellen Modelle kommunizieren noch fast ausschließlich mit zentralen Servern – die Zukunft ist aber die “Car-to-Car-Kommunikation”. Die Automobile der Zukunft informieren sich gegenseitig über die Verkehrslage in der direkten Umgebung und bremsen beispielsweise sofort ab, wenn der Vordermann “in die Eisen steigt”. Auch Infos über Stau-Enden oder andere Hindernisse erreichen die gefährdeten Fahrzeuge viel schneller und können rechtzeitig warnen oder Gegenmaßnahmen einleiten.

Eines bringt diese fortschreitende Vernetzung aber mit sich: Sobald wir nicht mehr die “Early-Adopter-Familie” beobachten müssen, um all das zu erleben, sondern die “Late-Majority-Familie” dieses Szenario im Alltag lebt, wird eine immense Datenflut entstehen – sowohl in den mobilen als auch in den kabelgebundenen Netzen. Man kann für die Netzprovider nur hoffen, dass die Late Majority noch etwas braucht – dem Tempo, dass Early-Adopter und ihre Gadget-Zulieferer an den Tag legen, können sie im Moment nicht folgen.