John Newton

John Newton ist Gründer und Chief Technology Officer von Alfresco und ist einer der Pioniere des Enterprise-Content-Management (ECM). Der Berkeley-Absolvent zählt zu den Gründern des Content-Management-Spezialisten Documentum und war in der Gründungsmannschaft des Datenbank-Spezialisten Ingres.

Der Arbeitsplatz der Zukunft und die Technologie

Unsere Arbeitswelt hat sich enorm verändert. Und das Tempo des Wandels steigt weiter. Welche Chancen bieten sich für Unternehmen? Wie werden wir Morgen arbeiten? John Newton, Chairman und Chief Technology Officer von Alfresco wagt in seinem ersten Blog für silicon.de nach zahlreichen Gesprächen mit Kollegen den Blick in die Zukunft.

Im Laufe der letzten zehn Jahre hat sich unsere Arbeitswelt enorm verändert. Und das Tempo des Wandels steigt weiter. Seit der Einführung des Computers ist unser Umgang mit Informationen technologiebestimmt: Das reicht von der Frage, wie wir Informationen erhalten und nutzen, bis hin zu den Geräten, mit denen wir auf sie zugreifen. Weil mich dieses Thema in all seinen Facetten so sehr interessiert, habe ich mit einer Reihe von Kollegen darüber gesprochen und ihre Perspektiven zusammengetragen. Daraus ist auch ein Video entstanden.

Selbstverständlich wird sich Technologie weiter entwickeln; selbstverständlich wird es neue Innovationen geben. Aber die nächsten zehn Jahre werden noch einmal ganz anders sein. Je komplizierter das Leben wird, desto einfacher wird unser Umgang mit Informationen und desto leichter werden wir unsere Arbeit erledigen. Technologie wird uns nicht mehr ablenken. Sie wird uns stattdessen unterstützen. Sie wird unser Freund sein: beim Erstellen von Informationen, beim Verarbeiten von Informationen, und sie wird uns helfen, auf natürlichere Weise zusammenzuarbeiten.

Es ist ganz schön schwer exakt vorauszusagen, wo wir in zehn Jahren stehen werden. Denn – so Bill Gates: “Wir überschätzen stets die Veränderungen der kommenden zwei Jahre und unterschätzen den Wandel, der uns in der nächsten Dekade erwartet”. Dennoch klingt es leicht nach Science Fiction – und nicht nach “Science Fact” – wenn wir versuchen, mögliche technologische Veränderungen des kommenden Jahrzehnts im Detail zu diskutieren. Dem Mooreschen Gesetz zufolge werden Computer in zehn Jahren ungefähr 64-mal so leistungsstark sein wie heute. Ihre Speicherkapazität wird etwa das Doppelte betragen und wahrscheinlich wird ihre Netzkapazität etwa 50-mal höher sein als jetzt. Man kann also guten Gewissens behaupten, dass sich einiges ändern wird.

Im Vergleich zum heutigen Standard wird also praktisch unendlich viel Rechner-, Netzwerk- und Speicher-Kapazität zur Verfügung stehen. Dadurch wird sich meines Erachtens jedes Komplexitätsproblem von selbst erledigen, und zwar durch eine Kombination aus künstlicher Intelligenz, leistungsstarker Analytik, intelligenter Verarbeitung und schierer Computer-Power. Für den Anwender wird es weniger darum gehen, die Technologie zu beherrschen, als vielmehr darum, nahtlos mit dieser Technologie zu interagieren – und nicht nur nahtlos, sondern mit einem neuen Maß an Effizienz.

Tim Tuttle, CEO und Gründer von Expect Labs, hat eine sehr klare Vision des Arbeitsplatzes der Zukunft entwickelt. Es handelt sich um ein Büro, das vollkommen interaktiv ist und mithilfe einer Kombination aus Kameras und Mikrofonen arbeitet. Dadurch kann es Sie nicht nur erkennen, sondern sie auch verstehen. Infolgedessen vermag es auf nahezu menschliche Art auf Ihre Bedürfnisse einzugehen. Mir gefällt sein Konzept und die Vorstellung, dass wir in der Lage sein werden “uns auf den Raum nahezu ebenso sehr zu verlassen wie auf unsere Kollegen”. Dann kann man mit Fug und Recht von “smarter” Technologie sprechen.

Schon jetzt wird Software immer intuitiver und in Zukunft wird sie lernen können, was wir vorhaben. Sie wird sogar überprüfen, was wir implizit wünschen, indem sie fragt: “Sind Sie sicher, was diesen Befehl betrifft?” oder “Haben Sie das wirklich so gemeint?”. Menschen haben ein Talent dafür Muster zu erkennen, Beziehungen zueinander herzustellen und kreativ mit jeder Art von Problem umzugehen. Aber Software, die über alle Fakten, Statistiken und die analytische Kapazität verfügt, kann Annahmen überprüfen und uns verschiedene Ergebnisszenarien für unsere Entscheidungen aufzeigen.

Obwohl sich schon heute ein atemberaubend rasanter Wandel im Bereich der Technologie vollzieht, bin ich fest davon überzeugt, dass unsere Innovationsgeschwindigkeit weiter zunehmen wird. Denn wir “stehen auf den Schultern von Giganten”. John Mancini, President der AIIM, sieht im iPhone, das erst 2007 auf den Markt gebracht wurde, ein hervorragendes Beispiel dafür, wie schnell sich Technologie entwickelt. Angesichts eines solch hohen Innovationsgrades und -tempos lässt sich leicht glauben, dass wir sehr bald in einer Umgebung arbeiten werden, die uns Inhalte und Informationen bedarfsgerecht präsentiert. Wir erhalten genau die Informationen, die wir benötigen – genau dann, wann wir sie brauchen. Die Technologie wird wissen, welche Aufgabe wir zu erledigen versuchen, welche Entscheidungen wir treffen müssen, und sie wird intelligent genug sein, uns die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt zu liefern.

Der Vorteil, den diese technologische Entwicklung der Unternehmenswelt bietet, besteht in höherer Effizienz. Das Design von Kollaborations- und Information-Software wird auf einem verbesserten Verständnis unserer Psyche basieren. Die Programme werden wissen, worin wir gut sind und worin weniger. Matt Mills, Commercial Director of Featurespace, ist sicher, dass sich mit Hilfe dieser Technologie die sonst üblichen Wissens-Silos in Unternehmen auflösen werden. Er ist der Ansicht, dass Technologie unsere Stärken kennen wird. Arbeit wird dann entsprechend verteilt.

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Noch wichtiger aber ist, dass revolutionäre und verbesserte Technologie mit unserem Arbeitsalltag verschmelzen wird: Wir werden sie nicht mehr wahrnehmen. Tim Tuttle meint, dass jede Applikation künftig über intelligente Assistenzsysteme verfügt. Jedes Assistenzsystem wird eine andere, spezielle Art des Fachwissens mitbringen und uns in verschiedenen Feldern unterstützen. Meistens aber werden sie intelligent im Hintergrund agieren – und wir werden es nicht einmal wissen.

Michael Porters Forschungen in Harvard lassen den Schluss zu, dass durch das Internet keineswegs Industriezweige und Spezialisierungen verschwinden, sondern sogar gestärkt werden. Das bedeutet, dass persönliche Treffen und Interaktionen weiterhin sehr wichtig sind und dass sich das auch in den kommenden zehn Jahren nicht ändert. Doch diese Interaktionen werden durch Augmented Reality verbessert werden. Neben Menschen oder Dingen, mit denen wir arbeiten, wird Information eingeblendet werden. Dabei könnte sich mit der Zeit durchaus herausstellen, dass unsere automatisierten Mitarbeiter verlässlicher sind als die menschlichen, links und rechts des Korridors.

Diese Vision vom Arbeitsplatz der Zukunft ist eine der Vorstellungen, die mich fasziniert. Ich bin ein begeisterter “early adopter”– jemand, der sich früh mit neuen Technologien auseinandersetzt. Und ich freue mich darauf, mir damit meinen Arbeitsalltag zu erleichtern. Wenn wir in Zukunft noch mehr nach dem Motto handeln wollen: “Arbeite klug, nicht hart” – dann ist Technologie der Schlüssel zum Erfolg.