Glückwünsche zur neuen Version der Open-Source-Datenbank MySQL? Und das noch von Oracle-Abtrünnigen? Derlei ist durchaus “um die Ecke” gemeint, wie der Beitrag von silicon.de-Blogger Kaj Arnö, Vice President Collaboration bei SkySQL, einem Anbieter von Consulting, Support und Software für MySQL und MariaDB, zeigt.
Glückwünsche an die Oracle-Entwickler zur Version 5.6 der MySQL-Datenbank! Glückwünsche auch an die MySQL-Anwender, die einige Neuerungen sehnsüchtig erwartet haben! Falls jemand meint, im letzten Satz etwas “zwischen den Zeilen lesen” zu können: richtig interpretiert. Denn Anwender müssen ein neues Release erst testen. Und es ist ihnen zu wünschen, dass sie nur wenige Fehler entdecken, Oracle diese offen kommuniziert und schnell behebt. Viele Anwender hat es zuletzt irritiert, dass Oracle über Bugs nicht offen redet, Updates spärlich herausgibt und Bugfixes ohne Test-Cases ausliefert.
Das ist ein für Open-Source-Produkte unübliches Verfahren. Außerdem adaptiert Oracle eine umstrittene Methode im Open-Source-Business: Open Core. Dabei ist die Kernsoftware offen, aber einige wichtige Features sind proprietär und kostenpflichtig, in diesem Fall Thread Pool, External Authentification und Enterprise Backup. Bisher galt Kritik vor allem den Support-Preisen.
Gleichwohl werden die freien Neuerungen im Release 5.6 nicht nur bei vielen Anwender gern gesehen sein. Sie werden auch insgesamt das MySQL-Environment beleben, den Anbietern rund um dieses Basismodul der LAMP-Infrastruktur neue Ansätze geben. Oracle muss dem Open-Source-Produkt immer mal wieder etwas zugute kommen lassen, aber nicht zu viel. Denn MySQL darf nie so gut werden, dass es dem Kern-Business um die proprietäre Oracle-Datenbank schadet. Genau das ist der MySQL-Version 5.6 anzumerken.
Mit einer Neuerung adressiert Oracle einen Aspekt der Zukunft von SQL-Datenbanken: Sie müssen künftig nicht neben, sondern mit NoSQL-Umgebungen arbeiten. In diese Richtung scheint das NoSQL Memcache Interface einen Ansatz zu liefern. Die alternative Datenbank MariaDB verfolgt mit der Integration der Storage-Engine Cassandra, einem Projekt der Apache Software Foundation, einen anderen, pragmatischen Ansatz und bleibt dabei auf Open-Source-Pfad.
Zwei weitere wichtigen Zukunftsthemen: Big Data und analytische Business-Applikationen arbeiten performanter mit Datenbanken, die spaltenweise statt SQL-typisch zeilenweise arbeiten. Und für Cloud Computing braucht es Datenbanken, welche die gemischte Nutzung von virtualisierten On-premise-Umgebungen, Private und Public Clouds nicht nur unterstützen. Vielmehr müssen sie selbst in die Cloud und verschiedene dortige Angebote wachsen können. Das muss sich ja nicht gleich an Features festmachen lassen; klare und verbindliche Absichtserklärungen sind schon was. Nicht nur die gibt es von Monty Program, vielmehr arbeiten dort die Entwickler von MariaDB bereits konkret an der technischen Umsetzung.
Der Punkt rückt näher, ab dem sich der Fork MariaDB von der Muttersoftware MySQL absetzt. Sie unterscheiden sich bereits in rund einer Million Programmierzeilen, weshalb MariaDB künftig nicht mehr zu MySQL analoge Versionsnummern führen wird, sondern einen Sprung zu Version 10 bevorsteht. Trotzdem wird diese Datenbank zum Stammprodukt drop-in-kompatibel bleiben. Die Linux-Distributionen Fedora und OpenSuse verwenden künftig MariaDB, was sich früher oder später auch in den Server-Systemen von RedHat und Suse niederschlagen wird.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: MySQL ist und bleibt vorerst der Platzhirsch unter den Open-Source-Datenbanken. Aber es dürfte Bewegung in diese Branche kommen. Den Anwendern vor allem kann man zum stärkeren Wettbewerb gratulieren. Sie werden die Gewinner sein.
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