silicon.de-Bloggerin Inge Hanschke ist neu in unserem Blogger-Team und hat sich – als Geschäftsführerin eines IT-Beratungshauses – unter anderem einen weiblichen Blick auf die Branche vorgenommen. Zum Auftakt gesteht sie Männern durchaus zu, bisweilen besser einparken zu können – für das Tagesgeschäft an der Schnittstelle zwischen Business und IT sei das aber wenig hilfreich.
Ok, vielleicht stimmt es ja. Männer können besser einparken. Aber haben Sie schon einmal diese Fähigkeit gebraucht, wenn es darum geht, komplexe, verfahrene Situationen aufzulösen? Ich glaube, in so einem Fall würde ich mich lieber einer Frau anvertrauen. Denn ich behaupte: Frauen haben nach wie vor in vielen Fällen das gewisse Mehr an Feingefühl und tendieren zu einer hierarchieunabhängigen und extrem sachorientierten Kommunikation. Frauen müssen nicht erst ihr Revier abstecken, sondern können sich gleich der Sache widmen. Ob das genetisch bedingt, eine Frage der Sozialisation oder beides ist, spielt eigentlich keine Rolle.
Gerade in einer der Schnittstellenfunktionen zwischen Business und IT, der Business-Analyse, helfen beispielsweise Fähigkeiten wie Empathie, Kommunikationsstärke und Motivationsfähigkeit. Fähigkeiten, die etwa während der Erziehung der Kinder eingeübt werden. Ich erinnere mich noch gut an eine Situation, in der genau diese Fähigkeiten den Erfolg eines komplexen Projektes ausgemacht haben. Ich arbeitete zusammen mit einem erstklassigen IT-Team an einem neuen Vertriebsinformationssystem. Der Fachbereich lies dabei ständig Aussagen wie “die IT findet sowieso keine Lösungen, die müssen wir selber finden“”fallen. Eine völlig verfahrene Situation. Das ging so weit, dass die Fachabteilung nicht mehr mit der IT-Abteilung reden wollte.
Die naheliegende Lösung: Ein Abstimmungsmeeting, in das wir die unterschiedlichen Parteien aus den Fachbereichen einluden. Die Stimmung war zum Bersten angespannt. Ich stellte mich an die Tafel und ging schrittweise Anforderungen und Lösungen durch. Gerade in dieser angespannten Stimmung konnte wir durch das gezielte, ausgleichende Eingehen auf die verschiedenen Personen und ihre Bedürfnisse die verfahrene Kommunikation auf eine andere Ebene heben. Das Feedback am Ende lautete, dass es so ein konstruktives Meeting noch nicht gegeben hätte.
Natürlich reicht es nicht aus, nur Einfühlungsvermögen an den Tag zu legen, persönliche Stärken und Schwächen zu berücksichtigen. Aber Frauen können sehr wohl auf den Tisch hauen, wenn es denn sein muss. Viel wichtiger als das sind aber eine hohe fachliche und methodische Expertise, ein gutes Verständnis für die Aufgabenbereiche aller Beteiligten und die Kenntnis der IT eigenen Sprache. Kommt das alles zusammen, ist meiner Erfahrung nach ein weiblicher Business Analyst klar im Vorteil, wenn es darum gehen soll, die Herausforderungen jedes Beteiligten zu verstehen, die Projekte an den Geschäftserfordernissen auszurichten, die Produktivität bei der Umsetzung zu steigern oder die “richtigen Dinge richtig zu tun”. Soll es eher um unproduktive Machtspiele gehen? Dann sind wir nicht zuständig.
Ich muss am Anfang auch etwas den Frauen zugestehen: sie sind in bestimmten Positionen wesentlich selbstbewusster als Männer. Und genau so erscheint mir dieser Beitrag. Warum? – “Frauen müssen nicht erst ihr Revier abstecken, sondern können sich gleich der Sache widmen.” – Ich habe das anders erlebt. Richtig, sie stecken nicht das Revier ab, sie sehen sich von vorne herein als oberster und einzig Recht habender Revierboss an. Ich habe erst kürzlich in einem Großprojekt diese Erfahrung gemacht. Bei völliger Ahnungslosigkeit werden Behauptungen aufgestellt, wer diese Behauptungen in Zweifel stellt, wird ignoriert oder soll lächerlich gemacht werden.
Mit Empathie also der Fähigkeit, Gedanken, Emotionen, Absichten und Persönlichkeitsmerkmale eines anderen Menschen oder eines Tieres zu erkennen und zu verstehen, kann man, wenn Mann oder Frau kann, Konflikte entschärfen, ja, aber kein Projekt zum Erfolg führen.
Nun ja, in einem richtigen Projekt wissen auch Fachseite und IT was dabei heraus kommen soll und reden miteinander…
Ich habe auch sehr viele Frauen kennen gelernt, die genau so wie ihre männlichen Kollegen sehr viel zum Projekterfolg beigetragen haben, ohne sexistische Sprüche zu klopfen und mit Empathie auf den Tisch zu hauen, diese sind mir in der Zusammenarbeit wesentlich lieber…
Der „weibliche Blick“ ist (nicht nur) hier ein chauvinistischer („ein weiblicher Business Analyst klar im Vorteil“). Geschlechterbezogene Vorurteile sind ganz offenbar in Ordnung, wenn Frauen davon profitieren können. Sprechen sie für Männer, werden sie negiert und eine Benachteiligung von Frauen daraus konstruiert. Was wir hier lesen, ist Teil des Machtspiels Frauen gegen Männer. Mit dieser Bloggerin begibt sich silicon.de in den Mainstream der Frauenbevorzugung und des Männer-Bashings.
Aus meiner Sicht ist die hier artikulierte These sehr gewagt.
Sie passt gut zu den Stammtischsprüchen wie “Alle Fahrer schwarzer Autos sind Raser”.
Letzten Endes hängt es von Perönlichkeit und Charakter ab.
Gerade heute, wo der Ton immer rauher wird, stelle ich fest, dass Frauen mindestens ebenso undiplomatisch und unsensibel sein können, wie es Männern klassisch zugeschrieben wird.
Das Geschlecht ist sicherlich kein Kriterium (mehr), um die Eignung zum Business-Analysten zu klären.
Für das Feedback, das ich auf meinen Blog-Beitrag erhalten habe, zunächst einmal herzlichen Dank. Natürlich mag es sich zunächst plakativ anhören, die Eignung für die Aufgabe „Business Analyst“ zunächst daran festzumachen, ob jemand männlich oder weiblich ist. Und natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, dass es auch Frauen gibt, die nicht empathisch sind oder dank anderer Fähigkeiten ein Projekt zum Erfolg führen. Zudem sage ich ja auch nicht, dass Männer für diese Aufgabe ungeeignet sind. Es gibt auch hervorragende Business Analysten. Ich persönlich aber habe in vielen Jahren in der IT die Erfahrung gemacht, dass Frauen an dieser Stelle einen gewissen Bonus in einer noch immer von Männern dominierten Branche mitbringen.
Ich freue mich auf Ihre Antwort, gerne auch direkt an Inge.Hanschke@iteratec.de.
Der Titel soll natürlich provozieren, sonst liest es ja keiner :-)
Der wahre Kern im Artikel, ist für mich die Erkenntnis, dass an der Schnittstelle zwischen Fachbereich und IT Emotionale Intelligenz, eine Fähigkeit ist, die in der Regel benötigt wird, um ein Projekt wirklich erfolgreich fertigstellen zu können.
Da Frauen im Schnitt nun mal einen stärkeren Draht zu den sogenannten “Soft Skills” haben, sind sie im Schnitt auch die besseren BA’s. Aber eben nur im Schnitt, es gibt natürlich auch männliche BA’s, die es genauso gut können. Ich kann nur empfehlen, mal einen Selbsttest zur persönlichen Typbestimmung nach Myers-Briggs zu machen.
Wer weiß, vielleicht stellt sich heraus, dass Mann vom Typ her eigentlich eher weiblich geprägt ist und umgekehrt ;-)
Ich denke es ist eben wichtig zu erkennen, dass die Vermittlerrolle:
1.) wichtig ist und
2.) ein hoher EQ Voraussetzung für den Erfolg ist.
Das Geschlecht ist dann m.E. zweitrangig.
Die Kernaussage des Artikels ist doch, dass in der Kommunikation zwischen Projektteams ein gewisses Fingerspitzengefühl und Einfühlvermögen sehr gewinnbringend sein kann.
Das halte ich für richtig und lobenswert. Dass Frauen im Schnitt einfühlsamer sind als Männer kann ich mir auch gut vorstellen.
Dass man aber schlussfolgert: “Frauen sind die besseren Analysten, Männer können höchstens Autos einparken und Machtspiele spielen” ist natürlich reißerischer Unsinn, der allerhöchstens provozieren soll.
War das also ein Beispiel von einfühlsamer Kommunikation?