Es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Sebastian Weiss ist Managing Director DACH und Osteuropa bei Mirantis und er zeigt die Entwicklung von OpenStack von Stunde Null bis heute. Fertig ist das Projekt jedoch noch lange nicht.
Die Public Cloud hat in Europa nicht so recht Fuß fassen können; in Deutschland ist die Diskrepanz zwischen den früheren Erwartungen und ihrer tatsächlichen Nutzung besonders auffallend. Zu viele Schlagzeilen über Ausfälle, Hackerangriffe und andere Sicherheitsprobleme, Sorgen über ein Vendor-Lock-in wie in den 70er und 80er Jahren, ungenügende Flexibilität der Angebote, Compliance-Bedenken und versteckte Kosten. Die Anwender haben sich mit dem Cloud Computing intensiver beschäftigt, als es vollmundigen Anbietern gelegen kam.
Die IT-Organisationen haben nicht nur die Haken und Ösen erkannt, sondern auch die vorteilhaften Punkte und daraus Schlüsse gezogen: Erstens bringt eine Private Cloud die Vorteile ohne die Risiken, wenn auch mit mehr Aufwand. Zweitens: Die wird allenfalls unter eng definierten Regeln um Teile aus der Public Cloud erweitert zur Hybrid Cloud. Drittens muss das Ganze immer noch so offen sein, dass jederzeit ein Exit ohne unkalkulierbare Kosten möglich ist.
Das Ergebnis dessen ist ein gerade in Deutschland sehr hohes Interesse an OpenStack, einer Umgebung für Public wie Private Clouds, das auf Standardisierung und Offenheit größten Wert legt. Dass es die Anwender in diese Richtung zieht, haben auch die Anbieter bemerkt, weshalb sie seit einiger Zeit sehr energisch bei diesem Projekt mitarbeiten. Das hat OpenStack zum größten Projekt in der Geschichte von Open Source gemacht – in gerade einmal fünf Jahren.
Im Juli 2010 verkündeten die NASA und Rackspace unter dem Titel OpenStack eine Initiative für eine Cloud-Software auf Open-Source-Basis. Vier Monate später lag das erste Code-Release vor. Im folgenden Jahr eine Anerkennung, nämlich die Aufnahme in die Linux-Distributionen Ubuntu und Debian, ein Jahr später auch bei Red Hat. Ein Tief war 2013 der Ausstieg der NASA, doch schon ab Ende jenes Jahres folgten auf die Gründungsmitglieder Intel und AMD der Beitritt einer ganzen Reihe von “Big Names” der Branche.
Eine breite Basis mit kräftigen Sponsoren und engagierten Newcomern hat die Entwicklung von OpenStack schneller vorangebracht, als die Gründer erhofft hatten. Zu den ersten drei Kernmodulen Nova (Compute), Swift (Storage) und Glance (Image) kamen sehr bald die Komponenten Horizon (Dashboard), Keystone (Identity), Neutron (früher Quantum, Network) und Cinder (Block-Storage). Zum letzten “integrated” OpenStack-Release Kilo vom April 2015 gehören ferner die Module Heat (Orchestration), Ironic (Bare Metal Service), Trove (Database) und Ceilometer (Metering).
Im Prinzip ist damit die Basis für Infrastructure-as-a-Service gelegt. In gewisser Weise macht die Open-Source-Cloud OpenStack gerade einen Schritt in Richtung Platform-as-a-Service. Denn Endanwender wollen sich schnell in benötigten Services “zusammenklicken” können, und IT-Administratoren wollen keine Scherereien damit haben, diese zu konfigurieren. Das Interesse an der Open-Source-Cloud ist ohnehin so groß, dass OpenStack-Kenner am Markt knapp sind.
Die Konfiguration der Cloud-Services muss also einfach werden. Dies ist der Kern von Murano, einem noch recht jungen OpenStack-Projekts, das der Anbieter Mirantis angestoßen hat. Es ist tief verknüpft mit anderen OpenStack-Komponenten: Über eine Benutzeroberfläche, hinter der sich Horizon verbirgt, bestimmen User, welche Anwendungen sie möchte. Die eigentliche Konfiguration übernimmt dann Heat, das entsprechend weitere OpenStack-Module startet.
Derzeit ist Murano im Versionsstand 0.6 und damit längst nicht komplett. Aber es ist ein Meilenstein, der anzeigt: Open Source ist nicht etwas, das von A bis Z Spezialisten verlangt – auch nicht im Cloud Computing.