Es ist Europameisterschaft. In Polen und der Ukraine. Zeit vieler spannender Momente. Die deutsche Mannschaft kommt langsam in Schwung. Das sah für mich am ersten Sonntag des Turniers noch anders aus. Denn die Begegnung Deutschland gegen Portugal hat uns nicht nur einen Sieger beschert.
Sondern auch jede Menge Argumente für die Pessimisten unter uns. Der Kommentator am Sonntag sprach von den “unvorhergesehen Pässen”, die das Spiel wahrscheinlich entscheiden. So war es ja dann auch: ein Pass, vom Gegner unvorhersehbar abgefälscht, führte zum Siegtor. Da die Qualität der Turniermannschaften im Allgemeinen sehr hoch ist, wird in diesem Jahr wahrscheinlich Europameister, wer die meisten unvorhersehbaren Pässe bekommt.
Das Wort Unvorhersehbarkeit bekommt also eine positive Note – zumindest im Fußball – in der IT wird es dazu wohl nicht so schnell kommen. Denn dort ist das Unvorhersehbare ein Risiko, das es zu managen gilt. Und die Wahrscheinlichkeit, dass unvorhersehbare Situationen in der IT eintreten, steigt täglich. Denn die IT wird komplexer: Technologien, die es erlauben, (Produktions-)Maschinen miteinander und mit IT-Systemen zu vernetzen, IT-Wertschöpfungsketten, die mit immer mehr Dienstleistungsgebern angereichert werden sowie die Tatsache, dass Kostendruck oft mit mangelnder Sorgfalt kompensiert wird. Die voranschreitende Marktkonsolidierung (gerade hat der kanadische IT-Dienstleister CGI bekanntgegeben, den Dienstleister Logica in Europa zu übernehmen) tut ihr Übriges dazu. Die Anzahl der Anbieter verändert sich (es kommen auch immer wieder neue hinzu) und Integrationsprobleme von Anbietern und Lösungen bleiben.
Aber vielleicht ist es doch das Unvorhersehbare, was unseren CIOs und IT-Managern hilft, IT-Europameister zu werden. Denn Risiko – obwohl meistens negativ besetzt – hat auch positive Facetten. Schließlich sind unvorhersehbare Ereignisse nicht immer dramatisch schlecht, haben nicht immer einen negativen Effekt und zeigen oft schnell schließbare Lücken auf. Wenn etwas passiert, gilt es schnell zu handeln (agil zu sein), flexibel zu sein, die IT-Mannschaft schnell auf die neue Situation einzustellen, Mitspieler auszuwechseln, mutige Entscheidungen zu treffen und manchmal auch die Comfort-(Coaching)Zone zu verlassen.
Also doch alles wie beim Fußball?
Das bedeutet auch, dass Teamgeist, Strategie, die ideale Kombination von persönlichen Stärken und Schwächen, Fairness, eine gute Vorbereitung, Training, Agilität, der weise Einsatz verfügbarer Mittel und das Quäntchen Glück auch in der IT ständige Begleiter sein müssen. Freiräume und einen unvorhersehbarer Pass in die Tiefe – Flexibilität und solides Risikobewusstsein – das sind die Tugenden eines IT-Europameisters.