silicon.de-Blogger Heinz Paul Bonn macht sich Gedanken jüngst neu aufgeflammte Diskussion, ob sich mit Cloud-Angeboten Geld verdienen lässt. Er erinnert an einfache kaufmännische Überlegungen, wonach jede Neuerung ein Tal der Tränen durchwandern muss.
Nicht alle Tropfen, die aus einer Wolke kommen, sind zwangsläufig Regentropfen. Auch Tränen sind dabei – wie SAP jetzt noch einmal bestätigte. Während die Geschäftszahlen des Walldorfer Softwareriesen insgesamt optimistisch klingen und der Konzern im Wettlauf mit den globalen Wettbewerbern derzeit durchaus punktet, steht die Cloud-Strategie nicht erst seit Hasso Plattners viel beachtetem Video in ständiger Kritik.
Kein Wunder. Schon seit sich SAP 2007 mit der vorschnellen und vorlauten Ankündigung, in kürzester Zeit mit der neuen Cloud-Software Business by Design bis zu 100.000 Kunden anlocken zu wollen, lächerlich gemacht hatte, steht das Walldorfer SaaS-Angebot kontinuierlich am Pranger. Die Mutmaßungen über den Entwicklungsaufwand, der zur Entwicklung dieser Anwendungssuite betrieben werden musste und muss, streben in die Sterne. Nach anfänglichen Schätzungen von mehreren hundert Millionen Euro, die das neueste Softwareangebot verschlungen haben soll, gehen die Zahlenwetten jetzt bereits in die Milliarden.
Wie viel auch immer – ob und wann SAP das Geld zurücksehen wird, scheint selbst unter den optimistischsten Marketiers keine große Wettleidenschaften mehr zu entfachen. Jetzt gab SAP öffentlich zu, dass der Gewinn aus dem Unterfangen ungewiss sei. Ja, ob man mit Cloud-Angeboten überhaupt Geld verdienen könne, wird plötzlich in Frage gestellt.
Dabei beruht die Erkenntnis, dass Cloud-Betreiber und solche, die in Cloud-Anwendungen investieren, durch ein mindestens dreijähriges Tal der Tränen gehen, auf einfachen betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Überlegungen. Denn mit dem alternativen Infrastrukturangebot durch die Cloud geht ja in der Regel die Aufgabe des alten Softwarelizenz-Paradigmas einher. Das auf Softwarekauf basierende Geschäftsmodell wird durch die Nutzungsgebühr oder Miete ersetzt. Damit prolongiert sich die Amortisation. In der überwiegenden Zahl der Kalkulationen werden die entgangenen Lizenzeinnahmen auf drei Jahre Nutzungseinnahmen umgerubelt. Jede Excel-Grafik zeichnet bei diesem Modell ein Tal der Tränen, das erst den Bergrücken des Erfolgs aufzeigt, wenn die kumulierte Miete das projizierte Lizenzvolumen übersteigt.
Im Übrigen hat schon immer gegolten: Wer Gewinn machen will, muss jemanden finden, der (zumindest kurzfristig) bereit ist, Verlust zu machen. Die Cloud wäre die erste Neuerung, bei der von Anfang an alle Gewinn machen könnten.
Entscheidend aber ist, so zeigte sich letzte Woche auf dem Cloud-Kongress des Berliner Tagesspiegel, dass die Cloud tatsächlich zu einer Infrastruktur heranwächst, auf der jeder Gewinn machen kann, der mit der richtigen Idee und dem richtigen Vermarktungsmodell an den Start geht. Es müssen ja nicht immer Milliardenbeträge sein. Gerade der Mittelstand hat es schon immer verstanden, eine ubiquitäre Infrastruktur zu nutzen, um seine eigene Prosperität zu fördern. Es ist damit zu rechnen, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmer in den kommenden Jahren noch so manche Freudentränen vergießen.
Vielleicht ruft ja schon morgen Mark Zuckerberg an…