Heinrich Welter

ist Vice President Sales und General Manager für die DACH-Region bei Genesys Telecommunications Laboratories.

Nur ein funktionierender Bot ist ein guter Bot

Bots erobern unsere Welt – sie sind bereits für mehr Traffic im Internet verantwortlich als menschliche Nutzer. So werden fast zwei Drittel der getwitterten Links zu beliebten Websites über automatisierte Konten gepostet.

Tatsächlich besitzen die plaudernden, computergestützten Inkarnationen menschlicher Helfer sehr reale Vorzüge. Sie automatisieren wiederkehrende Aufgaben und beschleunigen die Vorgänge sehr effektiv. So prognostiziert Juniper Research, dass Chatbots bis zum Jahr 2022 für Kosteneinsparungen von über acht Milliarden US-Dollar pro Jahr verantwortlich sein werden.

Chatbot (Bild: Comtrade Digital Services)

Und die Entwicklung der Bots schreitet immer mehr voran. Google hat auf der „Cloud Next“- Konferenz in San Francisco kürzlich einen unglaublich menschlich klingenden Voicebot vorgestellt, der einen Friseurtermin über das Telefon bucht. Das hat sowohl beim Publikum als auch bei der Presse großen Jubel ausgelöst.

Doch nicht nur Unternehmen nutzen Bots. So zeigt ein kürzlich veröffentlichter Report, dass 45 Prozent der Endnutzer Chatbots als primären Kommunikationsmodus für Fragen an den Kundendienst bevorzugen. Weitere Statistiken beweisen, dass die Verbraucher, die mit Bots interagiert hatten, mit der Lösung mehrheitlich zufrieden waren.

Demographisch gesehen ist die Bot-Interaktion vor allem für die jüngere Generation eine Selbstverständlichkeit. So verwenden Millennials Bots doppelt so oft wie Konsumenten im Alter von 35 bis 54 Jahren und sechsmal häufiger als Konsumenten ab 55 Jahren. Auch Facebook nennt erstaunliche Zahlen: Etwa 300.000 aktive Bots setzen sich mit Facebook-Kunden über den Messenger-Dienst der Plattform in Verbindung und über acht Milliarden Nachrichten zwischen Usern und Facebook werden monatlich über diese App ausgetauscht. Damit haben sich die Werte gegenüber den Zahlen des letzten Jahres vervierfacht.

Wenn man Technologietrends folgt, sind „Omnibots“ ein heiß diskutiertes Thema. Omnibots sind digitale Darstellungen von Markenidentitäten, die mit KI betrieben werden. Diese computerisierten Personas gehen über den reinen Kundenservice oder Social-Media-Chatbots hinaus, sind aber domänenspezifischer als die in den letzten Jahren so populär gewordenen sprachgesteuerten digitalen Assistenten. Stellen Sie sich einen Omnibot als ein Konversationssystem mit natürlicher Sprachverarbeitung (NLP) vor, ähnlich wie Apple Siri oder Amazon Alexa, aber auch mit Text, Video oder virtueller Realität ergänzt. Diese Omnibot-Markenbotschafter werden als universelle öffentliche Schnittstelle konzipiert, die in Werbung, Apps, Websites, Social Media, Call Center und Shops integriert werden kann.

Bots sind gekommen, um zu bleiben

Wenn Bots wie geplant funktionieren, sind sie das Wunder der Moderne. Und da Bots zunehmend als Kontaktpunkt zwischen Unternehmen und Kunden dienen, können sie mehr als nur Kosten sparen und den Komfort verbessern. Sie werden zum öffentlichen Gesicht eines Unternehmens.

Doch darin liegt auch eine Gefahr. Wenn Bots nicht so funktionieren wie geplant, leidet der Ruf der Marke. Das Internet ist übersät mit Geschichten von Bots, die schlecht implementiert, frustrierend, aufdringlich, kontextbeeinträchtigt und gruselig sind. „Sorry, ich habe es nicht verstanden“ ist keine Phrase, die Unternehmen mit ihrem Business in Verbindung bringen wollen. Und wie wir alle wissen, ist die Customer Experience (CX) ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal für Marken.

Als Alexa-Produkte vor Kurzem ohne ersichtlichen Grund zu lachen begannen, sorgte dies zwar für einige Verwirrung bei den Anwendern, hat aber Amazon nicht geschadet. Aber was, wenn Alexa angefangen hätte, falsche Informationen bereitzustellen oder sensible Informationen wie Kreditkartennummern oder Passwörter zu übertragen? Soweit es bekannt ist, ist das noch nie passiert. Was würde passieren, wenn eine automatisierte Finanzanwendung „betrügerisch“ wird und unautorisierte Transaktionen ausführt (was auch schon geschehen ist)?

Um diese Reputationsrisiken zu minimieren, sollten Unternehmen verschiedene Maßnahmen treffen. So ist es zwingend notwendig, dass Unternehmen die Anforderungen und Erwartungen ihrer Kunden verstehen und die Bots speziell daraufhin konzipieren. Echter Nutzen ist das Markenzeichen eines jeden großartigen Bots. Ebenso hilft eine Übersicht, in der alle Interaktionen zwischen Bot und Kunden aufgezeigt werden, beginnend bei der Kundenakquise. Damit hat das Unternehmen die Möglichkeit aus Kundensicht zu verstehen, wie Bots vom Kunden wahrgenommen werden. Und letztendlich ist es auch wichtig, dass Unternehmen die richtige Technologie verwenden, damit diese die für eine erfolgreiche Bot-Bereitstellung erforderlichen Umsetzungen liefert. So sollten die Kontakt-Kanäle als ein geschlossenes System funktionieren, in das die Bot-Technologie integriert wird. Der Bot kann dann nahtlos zu einem Service-Agenten für komplexere Anfragen übergeben. Ebenso sind Vorkehrungen notwendig, um Kundenfeedback, Reklamationen und Bot-Einsatzdaten zu überprüfen. Außerdem ist ein System zum Erfassen und zur Bearbeitung von Fehlern notwendig.

Natürlich sollten Kunden darüber informiert werden, wenn sie mit einem Bot interagieren. Damit erspart das Unternehmen den Kunden Ärger und Frustration, wenn diese davon ausgehen, sie könnten sich frei unterhalten, der Bot jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Befehlen ausführen kann.

Auf dem Weg in eine zunehmend automatisierte Zukunft bieten neue technologische Möglichkeiten ein hohes Maß an Produktivität, Komfort und Kundenbindung. Aber nicht alles kann oder sollte „bot-isiert“ werden. Markenverantwortung und Reputation lassen sich nicht automatisieren. Wenn Bots versagen, tun Unternehmen es auch.



Heinrich Welter ist seit 1. Juni 2016 bei Genesys Telecommunications Laboratories für die Leitung der Geschäfte in der DACH-Region verantwortlich. Welter war bereits von 2009 bis 2013 als Senior Director Strategic Sales bei Genesys. 2013 wechselte Welter als Leiter Vertrieb und Operations zu HFN Medien GmbH, wo er nach kurzer Zeit die Position des Sales Director DACH Nuance Enterprise Division & General Manager HFN übernahm. Vor 2009 hatte Welter die Position als Account Manager bei der im Mai 2006 von Genesys akquirierten VoiceGenie Technologies Inc. (Toronto, Kanada) inne, für die er seit 2002 das Europageschäft aufgebaut hatte. Davor war Heinrich Welter u.a. im Global Account Management bei Oracle und Vignette tätig. Neben langjähriger Vertriebserfahrung verfügt der Autor mehrerer Bücher auch über ein fundiertes technisches Hintergrundwissen.