Disruptive digitale Plattformen sieht Hans Göttliner von Tata als Business-Modell der Zukunft. Doch wie sehen die eigentlich aus?
CIOs müssen nun umdenken
In den vergangenen Jahren hat der Wind des Wandels seine Richtung gewechselt. Anstelle der verstärkten Globalisierung ist nun die digitale Disruption das Hauptgesprächsthema. Laut IDC wird es bis 2018 in der Hälfte aller Branchen disruptive Unternehmen geben, die den Wettbewerb aufmischen.
Disruption ist jedoch nichts, worüber wir nur reden und dann zur Seite schieben sollten, um irgendwann in der wieder darauf zurück zu kommen. Für CIOs ist es auf jeden Fall eine klare und präsente Gefahr. Aktuell geht Accenture beispielsweise davon aus, dass 32 Prozent aller Umsätze von Banken durch Disruption gefährdet sind. Die “Payment Servive Directive 2” (PSD2) hat das Spielfeld geebnet und nun sind Disruptionen in diesem Bereich weit verbreitet und Bedrohungen kommen von FinTechs, Tech-Unternehmen und Wettbewerber-Banken.
Was macht Disruption aus?
Ein aktueller Report von Harvard Business Review identifiziert drei verschiedene Typen der Disruption: High-end Disruption, Low-end Disruption und New-Market Disruption.
High-end Disruption bedeutet, dass Unternehmen mit einem herausragenden Angebot auf einen fremden Markt drängen, das keiner der bisherigen Marktführer bieten kann – ähnlich wie die Stories von Instagram (und dem Wettbewerber Snapchat).
Typisch für Low-end Disruption sind günstigere und vereinfachte Dienstleistungsunternehmen (wie beispielsweise Jive und seine sozialen Netzwerke), kann aber auch Angebote wie etwa die von Matratzenhersteller und –anbieter Purple umfassen, der den Markt durch den Online-Verkauf aufmischte. Ein solches Model macht das Angebot erschwinglicher und einfacher.
Zu guter Letzt gibt es noch New-Market Disruptions wie Netflix. So entstehen komplett neue Märkte und Kategorien, von denen viele neue Unternehmen profitieren können.
In der Praxis sind diese Unterteilungen jedoch etwas schwammig. Ähnlich, wie das Fleisch eines Mannes des anderen Mannes Gift ist, ist die High-end Disruption einer Person vielleicht die New-Market Disruption einer anderen. Ist zum Beispiel Spotify ein Service (Low-end)? Oder gar eine bessere Version des Radios (High-end)? Und/ oder eine ganz neue Kategorie (New-Market)?
Sehen Sie sich um und Sie werden zahllose Beispiele von Unternehmen finden, die in eine dieser Kategorien fallen: YouTube, Amazon, NextLabel, der Apple Store und Philips HealthSuite zum Beispiel. Manche, so wie Amazon, mit einem gemeldeten Umsatz von 107 Milliarden US-Dollar, sind in ihrem Sektor zu digitalen Platzhirschen geworden. Andere schnitzen sich eine hoch-profitable Nische. Aber was haben diese Disruptoren gemeinsam? Zwei Dinge: Alle sind erfolgreiche Unternehmen. Und darüber sind sie alle heute dort, wo sie sind, weil ihre Geschäftsmodelle auf der intelligenten Nutzung von Plattformen basiert.
Plattform-basierte Geschäftsmodelle – der Weg in die Zukunft?
Laut Jo Caudron und Dado Van Petehems Buch “Digital Transformation” gibt es mindestens zehn plattform-basierte Geschäftsmodelle im Herzen der digitalen Disruption und sieben Strategien, die helfen, mit deren Herausforderungen umzugehen. Aber was ist die Essenz eines plattform-basierten Geschäftsmodells – und wie funktioniert es?
Bei einem plattform-basierten Geschäftsmodell geht es nicht um Technologie. Es ist eine Möglichkeit, Verbraucher und Anbieter zusammen zu bringen – und dies ist keine völlig neue Idee. Plattform-basierte Geschäftsmodelle gibt es bereits seit Jahren und nutzen den Eigenbesitz als den Ort, wo der geschäftliche Austausch stattfindet. Auf dem MIT Platform Summit im Juli 2016 wurde dieses Modell wie folgt beschrieben: “eine Infrastruktur, auf der Anbieter Mehrwert kreieren können und auf der Verbraucher dieses Mehrwert konsumieren können”.
“Wenn Sie tun, was Sie schon immer getan haben, werden Sie immer das bekommen, was Sie schon immer bekommen haben.” Mit seiner Bemerkung hat Henry Fords nicht ganz Unrecht. Wenn Sie vorhaben, anders zu sein, ist es Zeit, über die Plattform und nicht über das Produkt nachzudenken. Und das bedeutet, dass es Zeit ist, sich mit der Art und Weise, wie das Internet die Geschäftsregeln verändert hat, abzufinden.
Das vorherrschende Geschäftsmodell war üblicherweise “create, push, sell”. In anderen Worten: produziere das Produkt, bring es auf den Markt und verkaufe es an die Verbraucher. Mithilfe des Internets können wir nun von der “Leitung” zur “Plattform” wechseln, wo Nutzer Mehrwerte hinzufügen und im Anschluss selbst konsumieren.
Das Fernsehen ist beispielsweise eine Leitung, die einfach nur Inhalte wiedergibt. YouTube, auf der anderen Seite, ist ein Plattformmodell. Plattform-Geschäftsmodelle sind das Geschäft der Zukunft: wie Marshall Alstyne vom MIT in “Platform Strategie & Open Business Models” sagt, “Plattformen schlagen Produkte jeder Zeit”.