“Geht nicht, muss gehen, geht!” silicon.de-Blogger Jörg Mecke, BU Manager Business Productivity bei dem Ulmer Systemhaus Fritz und Macziol, fühlt in seinem Beitrag, den Problemen, die sich durch das “Funktionieren” der IT-Abteilung über die Jahre hinweg für diese ergibt.
Dass es IT-Leiter nicht leicht haben, ist überall und hinlänglich diskutiert worden. Jetzt spürt man den nächsten Schlag neben dem Verschieben von Budgetverantwortungen und immer neuen Anforderungen. Gerade bei Konzern-IT-Bereichen, der IT von Genossenschaften oder Einkaufsverbänden: Wenn die Einheiten der Benutzer rechtlich autark sind, multiplizieren sich die Buzz-Words der Vergangenheit.
Denn die Benutzer nutzen immer mehr Public Cloud-Services. Egal ob SaaS, PaaS oder IaaS, ob kostenfreie Dienste oder Bezahlung mit Kreditkarte immer zählt das Ziel, den eigenen Geschäftszweck zu unterstützen statt Features oder Leistung. Wenn eine Funktion benötigt wird, kann man sie mit Cloud Services beschaffen.
Dann erfolgt die Abrechnung über das Spesenformular, wird genehmigt vom Zeichnungsberechtigten und dann angewiesen von der Buchhaltung. Dieser Prozess ist so gänzlich befreit von einer Einspruchsmöglichkeit der IT, dass sie in den meisten Häusern funktioniert – das heißt, ohne weitere Prüfung zur Zahlung angewiesen wird.
Die Motivation dahinter ist in den seltensten Fällen Arglist, sondern vielmehr ein Hilfeschrei der Anwender: Unsere IT ist zu teuer, zu langsam und/oder zu unflexibel. Das mag keine Schuld des oder der IT-Verantwortlichen sein, sondern ist tendenziell dem Optimierungsdruck der vergangenen Jahre geschuldet. Dieser brachte entweder immer mehr Arbeit mit dem gleichen Personal oder die gleiche Arbeit mit weniger Personal mit sich.
“Geht nicht, muss gehen, geht!” hatte damals mein erster Chef gesagt. Und so ist es auch heute: Die Betroffenen in den Fachbereichen finden ihren Ausweg. Das Problem in die Suchmaschine und – klick – ist die Lösung da. So ist man das doch auch von zu Hause gewohnt und die oft beschworene “Consumerization” wird schneller Realität, als es von der IT gewünscht und vermutet ist.
Die Schatten-IT ist da, die Kontrolle und damit auch die Verantwortung sind weg. Das Versagen des etablierten Systems liegt an einem Instrument: Der Servicekatalog entspricht nicht den Bedürfnissen des Geschäftszwecks, ist zu alt, hat die falschen SLAs oder lässt zu wenig Mitsprache zu.
Das mag für eine “normale IT-Abteilung” schon schwierig sein, aber das oben genannte IT-Betreuungspersonal die rechtlich wirklich selbständigen Benutzergruppen (Systemmandanten) stellt es vor eine enorme Aufgabe. Sie müssen sich mit ihrer Rolle auseinandersetzen, ihrem Zweck zum Beitrag zur Wertschöpfung. Sie müssen ihr Angebot überdenken und die eigenen Stärken und Schwächen identifizieren. Und müssen in Alternativen denken, die außerhalb des eigenen Wirkungskreises sind.
Wir haben mit vielen Kunden dieses Rollenspiel vollzogen und ich muss sagen, dass der Prozess schon etwas weh tut und ein Umdenken erfordert:
- Ein IT-Verantwortlicher hatte Angst, dass ein Self-Service-Portal für die Benutzer ihm die Kontrolle über die Anforderungen entzieht. Er musste erst einmal begreifen, dass die IT jetzt nur noch Service-Qualitäten bereitstellt und die manuelle Umsetzung für sie kein Lebenszweck an sich mehr ist.
- Ein Kunde wolle mit der Vielzahl seiner Mandanten das Geschäft mehren und somit wachsen. Dennoch machten diese sich immer selbständiger und dieser Kunde verliert an Einfluss auf das Geschäft.
- “Wir haben doch bisher auch immer alle Aufträge von den Kunden bekommen”, hieß es. Dieser Automatismus ist gewohnt, aber preisliche Benchmarks werden durch die Cloud immer einfacher – und somit vermeintlich auch der Preisvergleich zwischen In-House-IT und Fremdbeschaffung.
Wohin geht die neue Rolle der IT? Ich bin mir sicher, dass das Ausblenden der Marktrealitäten wenig Aussicht auf Erfolg hat. Anbieter von Private- oder Community-Clouds sollten immer auch mit anbieten, dass sie zu ihrem aktuellen Angebot Alternativangebote unterbreiten können. Wenn man selber hochpreisig und hochverfügbar einen Dienst anbietet, könnte im kompletten Service-Angebot auch ein Low-End-Preis stehen – zum Beispiel in einer Public Cloud. Mit einem eindeutigen Vergleich von Preis und Leistung kann die Fachabteilung und/oder jeder Mandant seine Entscheidung selbst treffen. In diesem Fall wird der Cloud-Anbieter zum Broker und holt nicht zwingend alle Anforderungen auf die eigene Infrastruktur.
Er schafft aber etwas viel Wichtigeres: Eine Daseinsberechtigung und einen Mehrwert seiner Leistung für seine Kunden. Nicht jeder muss selbst verschiedene Cloud-Angebote vergleichen; der Vergleich ist fertig, transparent und entspricht den Governance-Regeln des Unternehmens. Qualität trifft dank der IT-Verantwortlichen dann Flexibilität. Das ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern die reelle Anforderungen in vielen Unternehmen, Konzernen und IT-Verbänden heute. Diese sollte man sich mit offenen Armen stellen, statt sie zu ignorieren.