Das “Mantra”, dass weder Gesellschaft, noch Wirtschaft, noch Politik auf die digitale Transformation vorbereitet seien, will Heinz Paul Bonn so nicht stehen lassen.
Viele Unternehmensberater sehen nämlich in dem Mantra eher ein Menetekel, ein “Gewogen-und-zu-leicht-befunden”. Zu leicht nimmt es demnach die Geschäftsleitung mit der digitalen Herausforderung, die zwar alle kommen sehen, aber eher so hinnehmen wie die nächste Unwetterfront: keine Versicherung gegen mögliche Schäden, keine Vorkehrungen, um sie zu vermeiden; keine Veranlassung etwas zu tun, bevor es zu spät ist.
Die Übereinstimmung darüber, welche Ziele mit der Digitalen Transformation zu erreichen sind, ist zwar unter den Firmenlenkern groß, ergeht sich aber eher im pauschalen Managementsprech, wie jetzt die Beratungsfirma DoubleYUU (die sich rühmt, auch die Bundeskanzlerin zu ihren Kunden zu zählen) ermittelt hat. Demnach sehen neun von zehn Befragten in der Sicherung der Zukunftsfähigkeit das dominierende Ziel in der Digitalen Transformation. Und immerhin zwei von drei der gut 1000 Teilnehmer an diesem Online-Fragebogen suchen in der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse eine Steigerung der Kundenzufriedenheit.
Diese hehren Ziele sind so richtig wie trivial. Jede Innovation, jede Reorganisation in der Wirtschaft hat diese beiden Perspektiven. Profitabilität, Schnelligkeit, Marktführerschaft sind dabei die Zielsetzungen, die diesem Streben attestieren, sie herbeiführen, ja garantieren. Aber bei den Fragen, was genau jetzt im konkreten Transformationsprozess zu tun ist, welche Schritte die richtigen und die naheliegenden sind, da herrscht Schulterzucken. Es wird ein wenig am Status quo gebosselt oder an der ganz großen Vision gefeilt. Dazwischen, an den Meilensteinen vom Heute zum Morgen, finden sich keine wegweisenden Markierungen.
Nach Einschätzung der von DoubleYUU Befragten fehlen in der Hälfte der Unternehmen belastbare Roadmaps zur Digitalen Transformation. Das kann nicht verwundern, denn bei 58 Prozent der Unternehmen sind noch keine Gesamtverantwortlichen benannt. Die oberste Managementriege sieht sich selbst als Vorreiter, aber nur einer von fünf Mitarbeitern traut ihr die digitale Kompetenz auch wirklich zu. Da verwundert es nicht, dass nach dieser Selbsteinschätzung vier von fünf Unternehmen heute noch kaum Fortschritte bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse gemacht haben.
Es wird höchste Zeit, dass wir die Transformers rufen! Aber sucht sie nicht in der IT-Abteilung. Zwar wird den IT-Experten die höchste digitale Kompetenz zugeschrieben. Aber was hilft das schon, wenn sie in ihrer Ausbildung nicht die Kommunikationskompetenz, nicht den Blick für die Geschäftsprozesse, nicht die Hingabe an den Kunden, nicht die Innovationskraft für neue Produktangebote erworben haben. Der Transformer ist ein Allrounder, kein Eierkopf. Er ist ein Netzwerker, kein Linearbeschleuniger.
Und da krankt es in deutschen Unternehmen gewaltig. Die Kommunikationsstränge sind entlang des Organigramms ausgerichtet. Sie dienen der Durchsetzung des Managementwillens von oben nach unten und dem Reporting von Vollzugsmeldungen von unten nach oben. Doch die Abteilungen sind nach wie vor abgeteilt – deshalb heißen sie auch so. Die Ohren der Zuständigen sind ständig zu, wenn es darum geht, die Belange der anderen wahrzunehmen.
Tatsächlich geht es in der Digitalen Transformation weniger um Technik im Sinne von Maschinen und Steuerungen. Darum geht es auch. Aber in Wirklichkeit müssen die Transformer neue Kommunikationstechniken einführen: horizontal, barrierefrei und vernetzt. Das müssen übrigens auch die Unternehmensberater erst noch verstehen, die sich ans Topmanagement wenden und hier ihre Evangelien verlesen. Top-Down ist 20. Jahrhundert. Wir müssen einfach querfeldein. Ruft die Transformers!