Gartner

Das Team der deutschen Gartner Analysten bloggt für Sie über alles was die IT-Welt bewegt. Mit dabei sind Christian Hestermann, Frank Ridder, Bettina Tratz-Ryan, Christian Titze, Annette Zimmermann, Jörg Fritsch, Hanns Köhler-Krüner, Meike Escherich und Helen Poitevin.

Sind die CIOs bereit für Industrie 4.0?

Inudstrie 4.0 stellt CIOs vor eine Reihe von Fragen: Was will ich erreichen, ist eine davon. Und wer zwei Mitarbeiter in einem Unternehmen fragt, “wo stehen Sie denn heute bereits?”, wird vermutlich zwei unterschiedliche Antworten bekommen. Gartner-Analyst Frank Ridder bringt heute Licht ins Dunkel.

Industrie 4.0 beschreibt die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten und fördert so die Agilität und die Marktorientierung von Unternehmen. Industrie 4.0* bleibt für Unternehmen in Deutschland einer der derzeit wichtigsten strategischen Ansätze. Unternehmen unterschiedlicher Branchen bringen dafür das Internet der Dinge, Big Data und Analytics mit dem Ziel zusammen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Nach Analysen von Gartner gewinnt diese Strategie auch in anderen europäischen Ländern wie Italien, Spanien und Großbritannien sowie im asiatisch-pazifischen Raum an Bedeutung. Der Fokus liegt dabei auf Smart Manufacturing und der Supply Chain.

CIOs in Unternehmen, die eine Industrie 4.0-Strategie aufsetzen wollen, stehen jedoch noch vor einer Reihe von Fragen:

1- Wie starten Unternehmen mit Industrie 4.0? Was ist der erste Schritt?

Industrie 4.0 ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein Weg. Der Begriff Industrie 4.0 umschreibt eine digitale Transformation, die umfassendes Change Management im Unternehmen und seinen Prozessen erfordert.

Im ersten Schritt müssen Unternehmen hierfür ihre Anforderungen entsprechend der strategischen Ziele definieren. Der Fokus liegt dabei auf den Kernkompetenzen des Unternehmens, die zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit digitalisiert werden sollen.

Eine solide Industrie 4.0-Strategie birgt die Chance, Abläufe zwischen Unternehmenseinheiten und über Bereiche wie Produktion, Logistik oder Kundenservice hinweg zu straffen. Zudem hilft die Strategie Unternehmen dabei, Beschaffungs- oder Innovationsprojekte zu optimieren, indem sie beispielsweise Kundeninformationen zur Verfügung stellt oder dynamische Vereinbarungen für Service oder Wartung schafft.

Führungskräfte müssen ihre Organisation auf einen länger dauernden Wandel vorbereiten, der Unternehmenskultur und –Management umfasst. Dazu gehört auch der Bruch mit klassischen Sichtweisen und die Akzeptanz von Innovation und Wissensaustausch zwischen den Mitarbeitern als Best Practice.

Unternehmen sollten auch die Möglichkeit betrachten, klein anzufangen: Ein Insel-Ansatz mit Einzelprojekten kann den Einstieg in Industrie 4.0 ermöglichen. Der Vorteil: Ein solcher Ansatz kann aufzeigen, welche konkreten Ergebnisse die Transformation bringt. Allerdings müssen die Initiatoren von Anfang an darauf achten, dass die Projekte skalierbar sind und sich innerhalb der Organisation reproduzieren lassen.

Wichtig ist, dass CIOs die Strategie gemeinsam mit der Unternehmensleitung entwickeln und die entstehenden Diskussionen aktiv unterstützen – beispielsweise wenn es um transparentere Prozesse, Qualitätsthemen oder einen Wissensaustausch über Technologieplattformen geht. Fragen zu Bereichen wie Datenaustausch, Informationsmanagement, Sicherheits-Frameworks für IT-Systeme und Operational Technology (OT) erfordern jedoch zentral gesteuerte Unternehmensrichtlinien und
-programme.

2- Mitarbeiterkompetenzen hinken der technischen Entwicklung oft hinterher. Wie können IT-Führungskräfte ihre Mitarbeiter besser auf die digitale Welt vorbereiten?

Der Übergang in die Industrie 4.0 erfordert einen umfassenden Wandel und neue Kompetenzen. Das gilt nicht nur für einzelne, direkt betroffene Funktionen wie die Produktion, sondern für die gesamte Organisation mit fast jeder Abteilung und Funktion.

Als größte Hindernisse für die schnelle Einführung digitaler Geschäftsmodelle nennen von Gartner befragte Unternehmen die fehlende Umsetzung von Big Data und Analytics, passende Kompetenzen und Erfahrung sowie Prozessmanagement. An die IT wird die Erwartung gestellt, dies zu lösen und so den digitalen Wandel zu beschleunigen. Ohne erhebliche Investitionen von Arbeitszeit und Geld können die IT-Abteilungen dies allerdings nicht im Alleingang.

Vielmehr sollten CIOs sich darauf einstellen, dass die Investitionen in digitale Geschäftstechnologien neue Sourcing-Modelle erfordern und verstärkt externe Services genutzt werden müssen.

Mitarbeiterkompetenzen für das digitale Business bereit zu machen, bedeutet weit mehr als nur technische Fähigkeiten zu identifizieren. Um erfolgreich zu sein, müssen Führungskräfte ihre Teams so aufstellen, dass sie dem “Dream Team” für Digital Business so nah wie möglich kommen. Die folgende Abbildung zeigt, welche Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten dafür notwendig sind. Diese müssen von Talenten und qualifizierten Experten von innerhalb und außerhalb der Organisation abgedeckt werden – und zwar in unterschiedlicher Gewichtung je nach Prioritäten, Zeitplänen und der Risikobereitschaft des Unternehmens.

Abbildung: "Digital Business Dream Team" anhand von Beispielen. (Bild: Gartner, Februar 2016)
Abbildung: “Digital Business Dream Team” anhand von Beispielen.
(Bild: Gartner, Februar 2016)

Gartner führt aktuell eine Reihe von regionalen Veranstaltungen zu Industrie 4.0 in der DACH-Region durch, der nächste Termin ist am 2. März 2016 in Hamburg. Auch beim Gartner CIO & IT Executive Summit 2016 am 6. und 7. Juni in München, diskutieren Gartner-Analysten über Industrie 4.0.

* Anmerkung: Industrie 4.0 ist eine strategische Vision, die von der deutschen Bundesregierung initiiert wurde. Ziel ist es, die digitalen Fähigkeiten der Industrie in Deutschland auszubauen. Zu Industrie 4.0 gehört eine zukünftige virtuelle oder physische digitale Plattform, die zahlreiche Betriebs- und Geschäftsprozesse verwaltet, indem sie die Prozesse mit Daten und Informationen aus dem industriellen Internet der Dinge anreichert.