Die Webpräsenz des Unternehmens war – ist oft noch – das schön dekorierte Schaufenster, mit dem man sich der Öffentlichkeit in Hochglanz, animiert und bunt präsentiert. Doch wir befinden uns angesichts des Siegeszugs der sozialen Medien mitten im Wandel.
Manch ein sogenannter Social-Media- und Marketingexperte stellt die Unternehmenswebseite unterdessen generell in Frage und plädiert dafür, nur noch mit der Fan Page oder Community aktiv zu sein und dort frei nach dem Herrn der Ringe sie alle zu finden und ewig zu binden, im Lande Facebook.
Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte: Die Zeiten des Nur-Schaufensters sind vorbei, aber auf die eigene Webpräsenz sollte ein Unternehmen in aller Regel nicht verzichten. Dort können die Angebote gezielt präsentiert werden. Dort können Funktionen des ‘Predictive Web’ und Marketing Automation eingebunden und genutzt werden. Dort kann ich das Klickverhalten meines Besuchers analysieren, ihm darauf basierend die Informationen einblenden, die sinnvoll erscheinen – und die mir bei meiner Vermarktung helfen.
Ich höre (und lese) die Kritiker, die vom vorgefilterten Web sprechen und lamentieren, wie stark unterdessen Algorithmen unser Bild von der Wirklichkeit und unser Konsumverhalten bestimmen. Ja, Algorithmen beeinflussen uns. Wer kennt nicht die Kaufempfehlungen auf Amazon. Ja, Amazon will mir weitere Artikel verkaufen, aber (zumindest) ich bin dankbar für den ein oder anderen Tipp. Ja, auf Webseiten können heute analytische Filter genutzt werden, um gezielt Informationen im Kontext einzublenden und Besucher der Seite zu führen. Ja, solche Mechanismen sollten oder müssen sogar genutzt werden, wenn ein Unternehmen informieren und erfolgreich vermarkten will. Jeder Marketingverantwortliche, der Web Analytics und Marketing Automation nicht nutzt, macht seinen Job nicht gut.
Eine einseitige, blauäugige Aussage, die die Risiken und Datenschutzfragen bagatellisiert? Eher eine ehrliche Aussage. Werbung beeinflusst schon immer, ob im Fernsehen durch mehr oder minder geschicktes Product Placement oder in Zeitschriften durch als Artikel getarnte Advertorials. Im Web und auf Webseiten wird dies nun weiter getrieben und natürlich müssen die dort angewandten Methoden und Mechanismen, die Speicherung von Daten unter Gesichtspunkten des Datenschutzes kritisch beäugt und geprüft werden. Jedoch sollte bei allem Misstrauen nicht die positive Seite, das Bereitstellen im jeweiligen Kontext interessanter Inhalte und das Eingehen auf persönliche Interessen, vernachlässigt werden.
Doch bei aller vermeintlichen Manipulationsgefahr: Es gibt heute mehr denn je Grund zur Hoffnung und daran sind die sozialen Medien, daran sind Twitter, Facebook, YouTube & Co “schuld”. Wie viel Macht und Einfluss soziale Medien haben, haben wir gerade in den vergangenen Monaten gesehen und sie haben auch beziehungsweise sollten auch Einfluss auf die Webseiten von Unternehmen haben.
Wie oben bereits erwähnt plädiere ich nicht dafür, die eigene Webpräsenz zugunsten einer Facebook-Fan-Page oder -Community aufzugeben. Stattdessen gilt es meiner Ansicht nach, soziale Medien und Webseiten intelligent miteinander zu verknüpfen. Dazu gehören die Like- und Tweet-Buttons ebenso wie die Integration der Fan Page und Community auf den Webseiten des Unternehmens und Social Media Monitoring.
Warum das? Dies gibt Kunden und Interessenten die Möglichkeiten zur Kommunikation mit dem Unternehmen – und nicht nur zur einseitigen Informationsberieselung. Der Kunde ist gerade durch soziale Medien endlich wieder in das Zentrum gerückt und hat dank Social Media mehr Macht denn je. Ein Unternehmen reagiert besser auf diesen Trend und öffnet seine Kommunikationskanäle und Webseite für Zwei-Wege-Kommunikation mit dem Kunden. Dazu gehören wie oben beschrieben die Integration von Social-Media-Elementen in die Webpräsenz ebenso wie der Aufbau von Communities und – last but not least – das Angebot an den Besucher der Webseite, direkt per Chat oder Softphone mit einem Unternehmensvertreter in Dialog zu treten.
Etwas losgelöst von der Unternehmenswebseite, aber ebenso relevant im Umfeld sozialer Medien ist das Monitoring dessen, was da draußen über mein Unternehmen, meine Produkte und Dienstleistungen gesagt wird. Immer horche, immer gucke, wie ich es frei nach Privatdetektiv Simon Schweizer postuliere. Und wenn es sinnvoll ist mitschwätze, in Dialog und Kommunikation treten. Hier kann dann auch wieder die Unternehmenswebseite eine Rolle spielen.
Schließlich gibt es bei der Ausgestaltung der Webpräsenz derzeit noch einen weiteren wichtigen Trend, der nicht übersehen werden sollte. Die Zeiten, dass Webseiten nur am PC oder Notebook auf einem vergleichsweise großen Monitor gelesen und bedient werden, sind vorbei. Webpräsenzen müssen heute mobile Endgeräte, vom normalen Telefon über das Smartphone bis hin zum Tablet, unterstützen. Die Webseiten müssen sowohl gut lesbar wie auch intuitiv und an das Gerät angepasst bedienbar sein. Entsprechende Software-Lösungen, die Webseiten an unzählige mobile Endgeräte anpassen, sind heute verfügbar. Im Bereich der Bedienung sehe ich noch Verbesserungsbedarf. Ein Touchscreen ist nun einmal anders zu bedienen.
Der durchschlagende Erfolg von Social Media und mobilen Endgeräten führt dazu, dass jedes Unternehmen, das mit seinen Kunden und Interessenten kommunizieren will, seine Internet-Präsenz grundlegend überarbeiten muss. Die Webseiten müssen vom bunten Unternehmensprospekt zu einer Dialogplattform werden. Kunden und Interessenten erwarten und wollen heute
- personalisierte Betreuung und Information,
- valide, interessante fachlich korrekte Information,
- nützliche weitere Informationen im jeweiligen Fragekontext,
- unabhängige Bewertungen und Meinungen von anderen Kunden, die das jeweilige Produkt oder die entsprechende Dienstleistung genutzt haben,
- den einfachen Austausch mit Anderen, die das Angebot genutzt haben.
- Selbst die Möglichkeit, Bewertungen und Kommentare abzugeben, einfache, schnelle, unkomplizierte Möglichkeiten, mit dem Lieferanten zu kommunizieren, und
- all diese Dienste und Services auch mobil nutzen, auf Smart Phones und Tablets.
Dies sind maßgebliche Merkmale und Funktionen, die die Webpräsenz eines Social Business kennzeichnen: dialogorientiert, kritikfähig und “social enabled”. Web und Social Analytics, Marketingautomation, Portale und Web Content Management, Instant Messaging und Telephonie und Social Software sind die dafür nötigen Technologien. Mindestens genauso wichtig ist aber auch der Wille, als Organisation mit seinen Mitarbeitern den Weg zum Social Business gehen zu wollen. Eine wirkliche Wahl haben Unternehmen und auch Verwaltungen aus meiner Sicht eigentlich nicht. Das zeigt der Siegszug der Social Media.